-zehn-

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Schloss, Iléa
Jonathan's Point of View:

Gegenwart:

"Und was willst du damit jetzt erreichen? Was willst du sie fragen, Jonathan?", meine Mutter lief unruhig in meinem Arbeitszimmer auf und ab, "Das verschafft doch nur einen falschen Eindruck."

Ich seufzte. Ehrlich gesagt war ich auch nervös und war mir nicht bewusst, warum ich das getan hatte, aber ich versuchte so selbstsicher, wie möglich auszusehen, um meine Mutter zu beruhigen. "Mum, das ist keine große Sache. Ich will nur sehen, ob sie mich überhaupt erkennt. Das beeinflusst aber auf keinen Fall mein Verhalten den anderen Ladys gegenüber, versprochen."

Sie wollte gerade zur Antwort ansetzen, als es schon klopfte. Nervös schnellten ihre Augen zur Tür, während sie sich eilig die Haare richtete und Haltung annahm. Wenn man sie nur aus der Öffentlichkeit kannte, würde man niemals vermuten, dass sie einem so enormen Druck unterlag. Sie wirkte immer lebensfroh, alle liebten sie, aber genau deswegen durfte sie sich keinen einzigen Fehltritt erlauben.

"Ja?", sagte ich mit fester Stimme und strich mir ebenfalls mein Hemd glatt.
Die Tür öffnete sich und Sir Egstan trat ein, dicht gefolgt von ihr.

Ihre braunen Locken umrahmten ihr wunderschönes Gesicht, aus dem besonders die grünen Augen hervorstachen, die sich neugierig umsahen. Sie sah genau so aus wie in jener Nacht. Schlank, sportlich und eher klein. Und trotzdem irgendwie perfekt.

"Miss Dena Caplan, Sir", Egstan verneigte sich einmal und verließ dann, als ich es ihm mit einem Nicken erlaubte, den Raum. Doch ich beachtete ihn gar nicht weiter. Ich hatte nur Augen für sie. Ihre kleine Stupsnase, die sie so viel weniger perfekt und trotzdem wunderschön machten. Ihre perfekte Haltung, die sie ohne weiteres einnahm, als würde sie aus dem Königshaus stammen. Einfach alles an ihr faszinierte mich.

Meine Mutter holte mich mit einem Räuspern aus meinen Gedanken und lächelte Dena milde an. "Lady Dena, dies ist lediglich ein Routinegespräch, sie müssen sich also keine sorgen machen. Ich werde sie nun mit meinem Sohn alleine lassen, denn der hatte ja noch nicht das Vergnügen."

Ich lächelte die ganze Zeit, genau so wie meine Mutter, genau so wie sie, genau so wie alle in diesem Raum. Niemand meinte es ehrlich. Nicht die Wachen, nicht ich, nicht einmal der Smiley, den ich gedankenverloren auf ein Stück Papier gekritzelt hatte.

Pashee, Iléa
Dena's Point of View:

Gegenwart:

Er war es. Auch, wenn ich es nicht gleich bemerkt hatte, es gab keinen Zweifel, dass er es war. Aber ich durfte es mir auf keinen Fall anmerken lassen. Vielleicht hatte er mein Gesicht ja vergessen, nein, sicherlich hatte er unsere Begegnung schon vergessen.

Ich musste einfach versuchen dieses Gespräch so schnell wie möglich zu beenden um einen klaren Gedanken zu fassen.

"Lady Dena", seine Stimme klang immer noch so wie vor ein paar Wochen. Rau, männlich und harmonisch. "Sie sind ja nun schon seit fast zwei Tagen hier im Schloss. Wie gefällt es ihnen bis jetzt?"

Im Ernst?! Tolle Frage. Als ob jetzt    jemand 'scheiße' sagen würde..

Trotzdem lächelte ich. "Es ist unbeschreiblich schön hier. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich bin hier zu sein.", schnell schob ich noch ein kleines "Hoheit" hinterher.

Er lächelte nun ebenfalls, aber es wirkte echt. Als würde er sich über meinen kleinen Fehler amüsieren. "Das freut mich sehr zu hören. Ich nehme an Ihnen gefällt besonders der Garten?"

Verwirrt sah ich ihn an. "Das stimmt tatsächlich. Obwohl ich noch nicht wirklich viel Zeit hatte um spazieren zu gehen. Sie müssen wissen, dass wir Ladys einen sehr strikten Zeitplan haben", ich sah ihn bedeutend an.

Er grinst nur noch mehr. "Oh ja, das weiß ich. Ich kann gerne eine Mittagspause für einen Spaziergang anmelden lassen. Dabei können Sie sich auch die Blätter aus ihren Haaren machen."

Unwillkürlich fasste ich mir ins Haar. "Unmöglich. Ich war heute gar nicht draußen..", murmelte ich und konnte auch kein einziges Blatt spüren, bis ich erkannte, dass sich der Prinz vor lachen kugelte.

"Oh Miss, es ist wirklich immer wieder amüsant, wie Ladys sich sorgen um ihre Haare machen", entschuldigte er sich mit einem leichten Gluckser.

Ich verschränkte demonstrativ die Arme. Jetzt steckte er mich auch noch mit diesen anderen Schnepfen in eine Schublade. Nett. Warum waren ihm nur alle so verfallen?

„Ich rate Ihnen, das nicht zu anderen Ladys zu sagen. Die sind vielleicht nicht so tolerant wie ich", erwiderte ich etwas kühler.

„Tolerant?", er zog die Augenbraue hoch.

Gerade wollte ich es ihm erklären, da entschied ich mich anders und strich mein Kleid glatt. „Wir sehen uns, Hoheit. Ich denke, ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen", ich deutete einen spöttischen Knicks an und drehte mich wortlos um, um den Raum zu verlassen.

Zu meiner Verwunderung sagte er nichts, sondern ließ mich einfach gehen. Vielleicht war er zu überrascht..

"Dena!", Ray stieß sich von der Wand ab, als sie mich sah und kam auf mich zu, "Und, wie war's?"

Ich zuckte bloß mit den Schultern und lief wortlos an ihr vorbei. Seufzend folgte sie mir. "Jetzt sag schon! Was wollte er?"

Ich seufzte ebenfalls und bog links ab, um wieder in Richtung unserer Schlafsääle zu gehen. "Nur ein Routinegespräch", murmelte ich, als wir unseren Schlafsaal betraten.

"Ein Routinegespräch?", fragte Ray ungläubig, "Und warum bist du dann so von der Rolle?" Ihr kritischer Blick lag auf mir.

Ich lächelte falsch. "Ray. Ich habe gerade mit dem Prinzen gesprochen, da ist das doch normal, dass ich es nicht ganz fassen kann, oder?"

"Ja, klar. Du bist die letzte, die den Prinzen so unfassbar toll findet. Jeder weiß, dass du nicht seinetwegen mitmachst, Dena", Ray verdrehte die Augen.

Überrascht sah ich sie an. "Wie kommst du denn darauf?"

Ray lachte ungläubig und warf mir eine Zeitschrift zu. Die PromiNews prangte mir entgegen. Auf dem Titelblatt waren 5 Mädchen zu sehen. Vorne voran, ich..
Entgeistert las ich die Überschrift.

Die Ladys der Selection
Auch in dieser Selection gibt es wieder viele verschiedene Ladys - mit verschiedenen Absichten.  Krone, Liebe oder Geld? Was sind wirklich die Ziele der diesjährigen Ladys? Lesen Sie weiter auf Seite 35.

Entgeistert legte ich die Zeitschrift bei Seite.  "Und sowas glaubst du?", fragte ich Ray etwas sauer.

Sie schüttelte sofort beschwichtigend den Kopf. "Nein, natürlich nicht. Aber alle anderen. Das ganze Land denkt jetzt, dass du mitmachst um zu zeigen, dass auch Mädchen aus Ärmeren Verhältnissen berühmt werden können und du mitmachst um Hoffnung zu geben. Du hast total viele Fans, Dena."

Du hast total viele Fans, Dena...

"Aber wieso ich? Ich meine, ich mache wirklich nicht mit, weil ich den Prinzen ja so toll finde, aber da bin ich ja wohl nicht die einzige. Du siehst auch nicht so aus, als würdest du um den Prinzen kämpfen."

"Ach Dena, so läuft das nun mal. Wir sind Schachfiguren, Puppen, die sie hin und her schieben. Sie brauchen Heldinnen, wie dich und Diebinnen, wie mich. Sie stellen uns als etwas da, was wir nicht sind. Und damit will ich nicht sagen, dass ich es dir nicht gönne, dena. Ich gönne es dir, sehr sogar. Aber am Ende gewinnen weder die helden, noch, die bösen. Es gewinnen die perfekten, die, die keine Fragen stellen, die einfach nur gut aussehen. Und das sind wir nicht, Dena."

Nein, das stimmte.

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