-zweiundsechzig-

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Schloss, Iléa
Raven's Point of View:

"Raven, was eine Ehre, dich hier anzutreffen", begrüßte mich der Prinz spöttisch. Im Gegensatz zu den anderen Adeligen schien es ihm egal zu sein, was er sagte.

"Prinz Jonathan", ich erwiderte sein Lächeln mit derselben Freundlichkeit, "Glauben Sie mir, Eure Hoheit, mir gefällt es eben so wenig, aber du musst es gar nicht erst versuchen. Ich lasse mich nicht von dir überzeugen, versuche es bitte bei jemand anderem, sonst verschwendet du noch deine kostbare Zeit."

"Meine Zeit ist tatsächlich kostbar", erwiderte ich kalt und nickte einem der beiden Muskelprotze, die hinter mir standen, zu. Er zog Pricilla zu sich und drückte seinen Arm an ihre Kehle. "Also entscheide dich lieber schnell und richtig."

Leider zeigte sich der Prinz völlig unbeeindruckt. "Bringt sie doch um, dann steht ihr eben vor dem Volk wie Mörder da. Warte mal... ihr seid welche!"

Ich biss die Zähne zusammen. Seine Schwester hatte nicht die erwünschte Wirkung gezeigt. Aber wahrscheinlich blöffte er nur, innerlich machte er sich gerade in die königliche Hose, darauf würde ich wetten. Also lächelte ich breit und zog ein Messer aus meinem Stiefel. Dieses reichte ich dem Typen, der die Prinzessin festhielt und nickte.

Dem kleinen verzogenen Gör schien das gar nicht zu gefallen, aber sie presste nur die Lippen aufeinander und beobachtete wie sich das Messer an ihre Kehle presste. Ich lächelte zufrieden. "Wollen Sie Ihre Meinung vielleicht noch einmal ändern?"

Nun schien Jonathan nicht mehr zu wissen, was er tun sollte, aber er warf Pricilla einen entschuligenden Blick zu und schüttelte langsam den Kopf. "Nein, danke. Eine Schwester weniger ist mehr Erbe für mich", er sagte das mit einer Kälte, die die kompletten Weltmeere hätte zufrieren können. Vielleicht hatte ich mir den entschuldigenden Blick auch nur eingebildet. 

Aber leider hatte er Recht, wir würden Pricilla nicht umbringen und das war das Problem. Trotzdem behielt ich mein Lächeln auf den Lippen. "Ein gebrochener Arm hat auch noch nie geschadet. Wissen Sie, Hoheit, Qualen sind viel schlimmer als ein schneller Tod. Und unser Prinzesschen hat das mal nötig", sagte ich und nickte dem Typen zu. Er griff nach ihrem Arm und wartete einen Moment, damit sich der Prinz umentscheiden konnte, aber das hatte er nicht vor, also brach er ihr mit bloßen Händen den Arm. Das laute Knacken war kaum zu hören, weil der Schrei der Prinzessin alles übertönte.

Tränen rollten ihr über die Wangen und zufrieden lächelte ich Jonathan an. "Wie klingt das? Umentscheidung?"

Er presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. Ich wusste, dass es für ihn viel schlimmer war, wenn seine Schwester leiden musste, als hätten wir es ihm selber angetan.

"Der zweite Arm bitte", sagte nicht gleichgültig und der laute Schrei von der Prinzessin war wenige Momente später zu hören.

"Hört auf!", rief Jonathan jetzt und sah mich mit geballten Fäusten an.

Lächelnd drehte ich mich zu ihm um. "Na bitte, wir kommen der Sache schon näher. Möchtest du vielleicht etwas dafür tun, dass wir aufhören?"

Er presste die Zähne zusammen und sah zu seiner Schwester. Die weinte hemmungslos, aber schüttelte heftig den Kopf. "Nein, tu es nicht, Jonathan! Du darfst sie nicht unterstützen, ich schaffe das schon", rief sie verzweifelt.

Er schloss verzweifelt die Augen und nickte ganz langsam. "Es tut mir leid, Pricilla", sagte er leise und wandte sich dann an mich, "Was muss ich tun?"

Yasminé's Point of View:

"Daemon, mein Lieber", ich umarmte ihn überschwänglich, als ich herein kam und setzte mich auf seinen Schoß. Zum Glück hatte man ihn an einen Stühle gefesselt, sonst hätte er schon längst zugeschlagen oder Schlimmeres. Das konnte ich an seinem Gesichtsausdruck erkennen.

"Geh runter von mir", presste er hervor. Die Höflichkeit war wohl vorbei.

Ich lachte und tätschelte ihm die Schulter. "Weißt du, mein Lieber, ich brauche bei einer klitzekleiner Sache deine Hilfe. Du möchtest ja sicher nicht, dass der kleinen Schlampe von Camillia etwas passiert, nicht wahr?"

Er sah mich immer noch angeekelt und wütend an. "Was habt ihr ihr angetan?", fragte er wütend.

"Noch nichts, mein Lieber, noch nichts. Aber das könnte sich bald ändern, wenn du nicht schön tust, was ich sage", erklärte ich mit einem zuckersüßen Lächeln.

"Ich tue gar nichts für dich", erklärte er mit einem Lachen.

"Bist du dir da sicher?", fragte ich und nickte Jase zu, der Camillia hereinbrachte. Sie wehrte sich wie verrückt, aber das brachte nichts gegen den Muskelprotz. Obwohl Jase erst 17 war, hatte er die Muskeln von zehn Elefanten.

Camillia funkelte mich wütend an. "Geh runter von ihm!", sagte sie sauer.

Ich lachte nur und bedeutete Jase wieder sie rauszubringen. Dann wandte ich mich an Daemon. "Wie du siehst, blöffe ich nicht. Wir haben sie und werden ihr etwas tun, wenn du nicht tust, was ich dir sage."

Er schwieg.

"Ich möchte nur, dass du mich küsst", sagte ich grinsend, "Es muss nur ein einfacher Kuss sein, dann verlange ich nichts mehr vor dir und Camillia wird nichts angetan werden."

Er schüttelte entsetzt den Kopf. "Niemals würde ich dich küssen, Yasminé. Das ist das wohl ekligste, was ich tun könnte."

Mein Lächeln verschwand und ich rief laut Jase Namen. Einen Moment später hörte man Camillias Schreie. "Ich warne dich, Daemon. Das könnte noch unschön ausgehen."

Er schüttelte immernoch den Kopf. "Du blöffst nur, Yasminé. Ich kenne dich, du könntest sie niemals verletzen."

Ich lachte lauthals und stand von seinem Schoß auf. "Du kennst mich nicht, Daemon. Ich bin nicht mehr die, die am Casting teilgenommen hat. Ich bin viel schlimmer. Schlimmer, als dein Schlimmster Albtraum. Und doch besser als das, was du dir jemals erträumen könntest. Ich verstehe nicht, warum du mich nicht willst."

"Das ist das Problem, Yasminé. Du bist viel zu selbstverliebt, dass ich dich jemals auch nur mögen könnte. Du bist einfach nur abstoßend", er spuckte mir diese Worte vor die Füße, als wäre ich Abschaum oder ähnliches.

"Und trotzdem wirst du mich gleich küssen, was für eine Ironie", lachte ich kalt.

"Ich werde dich nicht küssen", wiederholte er erneut.

"Soll ich Jase noch einmal rufen? Ein paar gebrochene Knochen können deiner Frau nicht schaden. Deine Tochter hat es auch schon hinter sich", sagte ich mit einem fiesen Lächeln.

"Was habt ihr mit Pricilla gemacht?", fragte er wutentbrannt.

Ich lächelte kalt. "Küss mich, Daemon."

"Nein."

"Ja-", wollte ich gerade rufen, da schüttelte er schnell den Kopf.

"Hör auf. Tu ihr nichts. Meiner ganzen Familie", befahl er.

"Ich glaube nicht, dass du in der Position für Befehle stehst", sagte ich herablassend.

"Willst du nun deinen bescheuerten Kuss, der dein Ego pushen soll oder nicht?", fragte er bissig.

Ich lächelte zufrieden. "Na los, Küss mich."

"Versprich es erst."

"Na schön, versprochen."

Er seufzte und beugte sich dann langsam zu mir herüber um mich zu küssen. Ich schlang meine Arme um seinen Kopf und erwiderte den Kuss. Nein, eigentlich ging der ganze Kuss nur noch von mir aus, denn Daemon ließ es nur über sich ergehen.

Egal, hauptsache Camillia sah es.

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