-zweiundsiebzig-

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Schloss, Iléa
Dena's Point of View:

Ich warf einen Blick zu Luke. Die Freundlichkeit von eben war verschwunden. Er hatte seinen Blick auf Jonathan gerichtet und sah ungewohnt ernst aus. Irgendwie hatte ich wirklich gedacht er wäre einer von den Guten, aber das war wohl auch nur vorgespielt gewesen.

Das Spielen mit Jonathan brachte mehr Spaß als ich gedacht hatte, selbst wenn wir dazu gezwungen wurden. Ich vergaß währenddessen warum ich wirklich hier war und fragte mich, ob ich ihn einweihen durfte oder nicht. Als ein paar andere Szenen aufgenommen wurden, trank ich etwas und entdeckte auf einmal Sarah.

Innerlich stöhnte ich, freute mich aber auch jemanden zu sehen, dem ich vertrauen konnte. Aber was tat sie hier? Sie und Ann hatten sich eigentlich nur als Zofen, was sie ja auch eigentlich waren, ausgeben müssen und so zu tun, als wären sie auf der richtigen Seite. Also was tat Sarah hier beim Dreh? Und wo war Ann?

Bis jetzt hatte ich noch kein anderes bekanntes Gesicht erkannt, doch dann sah ich zu Luke. Neben Kathleen und ihm stand Raven. Natürlich. Sie steckte ja in der ganzen Sache mitten drin. Beziehungsweise war sie soetwas wie die Prinzessin der Rebellen, wenn man es so nahm.

Unsere Blicke kreuzten sich und sofort verschwand das Lächeln von ihrem Gesicht. Sie setzte den Becher, aus dem sie gerade hatte trinken wollen, wieder ab und drückte ihn jemandem in die Hand. Dann kam sie mit zielstrebigen Schritten auf mich zu.

"Du warst genau der Mensch, den ich hier nicht antreffen wollte", sagte sie, noch während sie auf mich zukam und musterte mich herablassend.

"Danke, die Freude liegt ganz meinerseits", erwiderte ich schulternzuckend, "Wenn ich dich daran erinnern darf, bist du der Grund, warum ich überhaupt hier sein muss."

Sie schürzt die Lippen. "Du solltest dich glücklich schätzen, so freundlich behandelt zu werden, Dena. Wir können auch ganz anders."

"Ach stimmt ja, eigentlich war ich ja gar nicht eingeplant. Jonathan hatte wohl etwas dagegen dich sofort heiraten zu müssen..", antwortete ich mit zuckersüßen Lächeln, "Aber es ist sehr großzügig, dass in diesem kleinen Anwesen hier doch noch ein Zimmerchen für mich frei ist."

Sie hat ihr Lächeln schnell wiedergefunden und nickte kalt. "Für Ungeziefer ist immer Platz, auch wenn es niemand haben will."

"Da kannst du dich ja glücklich schätzen, dass für dich noch Platz ist. Ich freue mich mit dir, wenn du dich dann besser fühlst", bot ich großzügigerweise an.

Sie öffnete gerade den Mund um etwas zu erwidern, da unterbrach sie jemand. "Wir müssen weiterdrehen. Die unterbrochene Kussszene kommt dran, da brauchen wir euch beiden."

Verärgert drehte sich Raven zu unserem Störenfried um und sah in das unschuldige Gesicht von Dilan. Ich musste grinsen, als sie ihn wütend ansah. "Erstens unterbrichst du mich gefälligst nicht und zweitens war es gar nicht mit ihr geplant! Ich dachte wir drehen die Szene mit jemand-", sagte sie sauer, wurde aber wieder von Dilan unterbrochen.

"Luke meinte, dass es, weil ihr ja in dem Bericht davor schon als Freundinnen aufgetreten seid, spannender wäre, wenn wir dann daraus noch einen riesigen Streit inszenieren. Ob daraus ein Happy End wird, überlegt er sich noch", sagte Dilan ruhig.

Ich liebte ihn in diesem Moment so sehr dafür, dass er Ray in einer Weise die Stirn bot, wie es sich sonst niemand traute und grinste über das ganze Gesicht.

Ray sah aus, als wäre sie kurz vor dem Plätzen und rauschte ohne ein weiteres Wort ab. Ich grinste Dilan an und folgte ihr dann vor die Kamera. Das würde lustig werden. Ich konnte mir richtig vorstellen, wie Ray wirklich ausrastete, wenn ich die beiden beim Kuss unterbrach.

Nach einem anstrengenden Drehtag fiel ich erschöpft in mein Bett, welches erstaunlich gemütlich war. Ehrlich gesagt, hatte ich mir wirklich ein schlechteres Leben vorstellen können. Ich konnte einen relativ lustigen Tag mit Jonathan verbringen und wurde nicht schlecht behandelt, was wollte ich mehr? Die Antwort war ganz klar, Freiheit für das ganze Land. Denn wenn Raven erst einmal Königin sein würde, wäre ganz Iléa den Untergang nahe.

Es klopfte an der Tür. Misstrauisch setzte ich mich auf und griff zu meinem Nachttisch, wo ich ein Messer, was ich vom Essen hatte mitgehen lassen, hingelegt hatte.

"Herein", sagte ich.

Die Tür öffnete sich und Jonathan kam herein. "Hey"

"Jonathan?", fragte ich verwirrt und lockerte meinen Griff um das Messer etwas.

"Nicht ganz", ertönte die Stimme von der Prinzessin, die neben ihrem Bruder im Türrahmen, "Mich gibt's auch noch."

"Was..? Wie..?", fragte ich verwirrt.

"Unsere Türen sind nachts zwar bewacht, aber die Wachen haben immer Schichtwechsel, den man nach ein paar Wochen drauf hat. Und glaub mir, wenn die Schicht einer Wache beendet ist, geht sie auch. Die sind hier nicht so pflichtbewusst und warten auf ihren Nachfolger, deswegen ist es nicht schwer zu entkommen", erklärte Jonathan ruhig.

Ich sah ihn entgeistert an. "Aber wieso seid ihr dann nicht schon längst geflohen?"

"Denkst du, nur weil sie an der Zimmertür nicht so streng bewachen, tun sie das nicht überall im restlichen Schloss?", erwiderte Pricilla ungeduldig, "Es steht an fast jeder Ecke jemand, vor allem an den Ausgängen und die Fenster sind bombenfest versichert, wir sind alle Fluchtmöglichkeiten schon mal durchgegangen."

"Und was macht ihr dann jetzt hier? Ich kann da ganz sicher nicht weiterhelfen", meinte ich zweifelnd.

"Wir wurden nicht eingeweiht, weil es ein zu hohes Risiko ist, wenn zu viele von den Plan wissen, aber du musst uns nicht für dumm verkaufen", erwiderte Pricilla genervt, "Wir sind schließlich auf einer Seite."

"Was meine Schwester sagen will, ist, dass wir wissen, dass die Königin und ein paar weitere wieder im Schloss sind und einen Plan haben um das Königreich zurückzuerobern und das am Besten vor der Hochzeit, also bleibt nicht besonders viel Zeit", erklärte Jonathan.

"Und da wir nicht dumm sind, haben wir schnell kombiniert, dass du hoffentlich nicht zu dumm warst und dich hast schnappen lassen, sondern im Plan beinhaltet bist", erklärte Pricilla.

Ich nickte langsam. "Das bin ich, aber ich verstehe immer noch nicht, was ihr dann hier zu dieser Uhrzeit macht."

Jonathan zuckte mit den Schultern. "Langeweile und Neugier, ehrlich gesagt. Ein bißchen Adrenalin hat es schon sich aus einer Gefängniszelle zu schleichen und zu hoffen, dass man nicht erwischt wird."

"Apropos erwischen", seine Schwester sah auf eine Uhr, "Wir müssen wieder zurück. War schön mal mit dir zu sprechen, Dena."

Mit diesen Worten zog sie ihren Bruder in Richtung der Tür. Dieser schüttelte sie ab. "Gib mir noch eine Minute mir ihr."

Sie zog die Augenbrauen zusammen, nickte aber und wartete vor der Tür. Verwirrt sah ich ihn an. "Gibt es etwas, was du mit mir besprechen möchtest?", fragte ich um die Stille zu überbrücken.

Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. "Ach nichts. Ich freue mich nur, dass du da bist, auch wenn es eigentlich nicht schön ist", sagte er schließlich. Ich lächelte, obwohl ich das Gefühl hatte, dass er eigentlich hatte etwas anderes sagen wollen.

"Ich finde es auch schön mit dir Zeit zu verbringen, egal wie seltsam die Situation ist", erwiderte ich.

Er lächelte ebenfalls und nickte dann. "Dann sehen wir uns morgen. Gute Nacht."

"Nacht", sagte ich, während er mein Zimmer verließ.

Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief ich ein.

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