-dreiundsiebzig-

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Schloss, Iléa
Dena's Point of View:

"-mir leid dich enttäuschen zu müssen, aber das wird heute wohl nicht der klassische Tag, den man sich in einem Schloss vorstellt", von einer mir bekannten Stimme, die in diesem Moment das schlimmste auf der Welt war, wurde ich unsanft geweckt.

Murrend schlug ich die Augen auf. "Was soll das-", ich sah zu der Person und erkannte Raven. Mit einem Seufzer schwang ich mich aus dem Bett. "-Raven. Wer auch sonst? Der Mensch, der mir das Leben am meisten zur Hölle machen will, weckt mich jetzt auch noch."

Sie ignorierte meine Bemerkung und stand nur mit hochgezogener Augenbraue da, während ich im Badezimmer verschwand und mich umzog. "Einen bestimmten Wunsch bezüglich meines Outfits? Du wirst ja bald Königin, da kann man solche Forderungen doch schon mal äußern oder?", fragte ich spöttisch.

Ich war mir nicht sicher, woher ich auf einmal die spitze Zunge hatte, aber irgendwie war es überaus befriedigend mal richtig meinen Frust rauszulassen.

"Was du auch anziehst, es wird dein abstoßendes Äußeres leider nicht kaschieren können, deswegen ist es mir gleich", erwiderte Raven kalt. Sie ließ sich kein bisschen von mit beeindrucken, "Aber ein Mund weniger, würde dir gut stehen."

Ich kam aus dem Bad und zog meine Schuhe an. "Das wäre doch überaus bedauerlich, dann könnte niemand mehr deine schönen Dates zerstören. Oder würde eine stumme Teilnehmerin noch mehr Einschaltquoten bringen?"

Sie stößt sich von der Wand ab und bedeutet mir ihr aus dem Zimmer zu folgen.
"Apropos Einschaltquoten, heute ist wieder ein straffer Drehplan. Interviews, Szenen mit anderen Ladys und auch ein Teil für den nächsten Bericht wird gedreht. Ich habe außerdem noch ein Date mit Jonathan. Immerhin muss auch viel von uns beiden gezeigt werden, sonst wird unsere Verlobung ja nicht überzeugend."

Ich folgte ihr stirnrunzelnd. "Das freut mich für dich. Ich meine, es ist doch auch eine Kunst, sich nicht selber dafür zu hassen, dass man solche Dinge tut. Gratuliere, Raven."

Sie antwortete nicht, sondern lief einfach nur weiter. Oder sogar schneller, jedenfalls kam es mir so vor.

"Mal so unter uns: Hast du mich extra persönlich abgeholt, damit du mir das unter die Nase reiben kannst? Falls es dich interessiert, eifersüchtig bin ich in hundert Jahren nicht. Jonathan ist ein netter Kerl, aber heiraten werde ich durch eine solche Castingshow niemanden freiwillig", stellte ich klar, während wir den Speisesaal betraten.

Sofort erschrak ich, als Jonathan mir entgegenblickte. Er war ebenso erstarrt und sah mich mit einem undefinierbaren Blick an. Langsam nickte er und lächelte gezwungen. "Natürlich nicht. Für soetwas bist du dir zu schade, nicht wahr?", fragte er mit einem Lächeln und verließ dann mit schnellen Schritten den Saal.

Raven war ein paar Schritte hinter ihm zum Stillstand gekommen. Sie lächelte zufrieden. "Ich will ja nichts sagen, aber das hast du dir selber verbockt. Ich gehe ihm mal nach und tröste ihn. Guten Appetit, Dena."

Am liebsten hätte ich ihr selbstgefälliges Lächeln aus ihrem Gesicht gewischt, aber da war sie schon an mir vorbeigerauscht. Ich hasste mich selber so sehr. Wer hätte auch ahnen können, dass Jonathan meine Worte hören würde?

Trotzdem hatte ich sie so gemeint, wie ich sie gesagt hatte. Oder etwa nicht? Wollte ich damit nur erreichen, dass Raven mich in Ruhe ließ? Ich hatte es gesagt, weil ich mein ganzes Leben so gedacht hatte. Wie konnte man sich schon in einer Castingshow verlieben? Ja wie?

Nach dem Essen begann schon der Dreh. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber ich fühlte mich eigentlich ganz wohl. Obwohl wir sozusagen Gefangene waren, wurden wir relativ gut behandelt, bekamen gutes Essen und lebten einfach. Abgesehen von dem Dreh, bei dem wir wirklich alles auswendig lernten und nichts echt war.

Ab und zu sah ich Ann und Sarah am Set rumschwirren. Beide sahen nicht wirklich so aus, als hätten sie gut geschlafen. Ich fragte mich, ob und wo sie überhaupt geschlafen hatten und nahm mir vor sie bei Gelegenheit zu sprechen. Es würde sowieso gut tun, mit jemandem zu reden, der von dem Plan wusste und auf seiner Seite war.

Trotzdem ließ mich die Sache mit Jonathan den ganzen Tag nicht mehr los. Ich würde es klären müssen, bekam aber keine Gelegenheit dazu. Und noch dazu kam, dass Raven und er sich immer wieder ein Lächeln zuwarten. Ich hatte gedacht, dass er sie hasste, aber anscheinend hatte sie ihn wirklich getröstet. Und es macht mich wütender, denn je.

In den Drehpausen verbrachte ich die meiste Zeit mit Dilan. Ich würde nicht sagen, dass man uns als Freunde bezeichnen konnte, aber er konnte gut zuhören und war auch mal ganz witzig. Jedenfalls war er der Einzige, der überhaupt nett zu mir war. Ich hoffte Pricilla irgendwann zu sehen, aber anscheinend war sie nicht am selben Set wie ich. Auch Jonathan ließ sich nicht oft blicken und wenn, sah ich ihn mit Raven.

Mein einziger Lichtblick waren Dilan, der Regisseur Luke und gelegentlich war Kathleen ganz nett zu mir. Aber nur, weil Luke dann in der Nähe war. Es war mir egal warum, hauptsache ich würde diesen Tag überstehen.

"Sag mal Dilan, wie bist du zu diesem Job gekommen?", fragte ich ihn aus reiner Neugier.

Er runzelte die Stirn. "Bevor du mich verurteilst, meine Familie braucht das Geld und die Rebellen bezahlen gute Kohle. Vor allem das Schweigegeld lässt sich sehen", antwortete er schulterzuckend, "Ich hab bei einem Bekannten von mir nach einem Job gefragt. Er kennt dich mit soetwas aus und ist auf dem Schwarzmarkt tätig, dann hat er hat mir das angeboten und ich konnte nicht nein sagen."

"Obwohl du weißt, dass es die Rebellen sind und sie ganz Iléa vernichten werden?", fragte ich.

"Hör zu, Dena, nicht jeder denkt so wie du", sagte er, " Ich stelle nun mal mein eigenes und das Wohl meiner Familie vor das aller anderen. Ich würde es in Kauf nehmen, wenn viele Menschen sterben, meine Familie dafür gesund und munter ist. Ich erwarte nicht von dir, dass du das verstehst."

"Du denkst wirklich, ich bin die Heldin aus dem Buch oder?", fragte ich kopfschüttelnd.

Er zuckte mit den Schultern und sah zu Luke, der sich aber noch mit Kathleen unterhielt. "So kommst du rüber, ja. Übrigens für alle hier. Auch wenn es niemand zugeben will, weil sie zu viel Angst vor Raven, Kathleen oder anderen haben. Alle bewundern dich und deine Einstellung, Dena. Und zerstör ihr Bild lieber nicht."

"Warum? So bin ich nicht. Ich bin ich und nicht mehr als irgendjemand anders. Ich habe meine eigenen Ideale, bin aber keineswegs ein Vorbild, Dilan. Ich sollte es ihnen sagen", murmelte ich.

"Das meine ich. Du bist super ehrlich und kämpfst für Gerechtigkeit und lässt dich nicht unterkriegen. Auch wenn du vielleicht noch ein bisschen an deiner Selbsteinstellung arbeiten musst", lächelte er.

Ich schwieg und stand auf, als er dies ebenfalls tat. "Bleib stark, Dena", sagte er und fügte hinzu: "Es geht weiter, am besten auch da stark bleiben."

Ich lachte und ging zu Luke um meinen neuen Text zu bekommen.

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