-neunzehn-

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Schloss, Iléa
Dena's Point of View:

Die Uhr schlug halb elf und ich saß schon ungefähr 40 Minuten in der Bibliothek, ohne dass Kathleen aufgetaucht war. Hatte sie mich nur hierhergelockt und hatte nie vor zu kommen? Oder verspätete sie sich nur? Alles sprach für das erste, wahrscheinlich war unser Gespräch gestern auch nur vorgeheuchelt gewesen. Trotzdem beschloss ich noch bis viertel vor elf zu bleiben. Zum einen, weil ich die Hoffnung hatte, dass sie sich vielleicht wirklich nur verspätete, zum anderen, weil ich gerade tatsächlich ein spannendes Buch las und es unbedingt beenden wollte.

Daraus wurde nichts mehr, denn genau in diesem Moment kam eine völlig verschwitzte Kathleen herein. Ihre Haare waren offen und standen wirr von ihrem Kopf ab, ihr schlichtes Kleid hatte einen Riss und war mehr braun als taubenblau und sie sah völlig atemlos aus. Als sie mich erblickte, kam sie eilig zu mir und ließ sich erschöpft auf einen freien Sessel fallen.

"Entschuldige, dass es so spät geworden ist", keuchte sie völlig außer Atem, "Ich hatte noch einen wichtigen Termin."

Ich sah sie skeptisch an. "Einen wichtigen Termin? Und danach siehst du immer so aus?"

Sie verzog ihr Gesicht zu einem gequälten Grinsen. "Ehrlich gesagt nicht. Mich hat eine Horde Zombies verfolgt und dabei bin ich in einen Sumpf gefallen. Zum Glück gibt es auch liebe Zombies, die mich rausgeholt haben."

Ich zog eine Augenbraue hoch. In anderen Situationen hätte ich vielleicht darüber gelacht, aber irgendwie sagte mir mein Magen, dass hier etwas nicht stimmte. Warum wich sie meiner Frage aus?

"Spaß bei Seite, ich hatte eine Verabredung mit dem Prinzen. Er ist übrigens persönlich noch viel besser, als wenn man ihn im Fernsehen oder so sieht", schwärmte sie, "Naja, auf jeden Fall sind wir ausgeritten. Es war vielleicht doch keine so gute Idee in der Anmeldung mit meinen Reitkünsten anzugeben, denn ohne Sattel und mit Kleid.. wird schwieriger. Auf jeden Fall ist mein Kleid gleich beim aufsteigen gerissen und dann nahm alles so seinen Lauf."

Ich lächelte automatisch. Ob es aus Höflichkeit war, wusste ich nicht, denn irgendwie kaufte ich ihr die Geschichte nicht so ganz ab. Aber andererseits klang sie so logisch und plausibel und Kathleen erzählte so überzeugend und voller Leideschaft, dass man eigentlich gar nicht anders konnte, als es ihr zu glauben.

"Hoffentlich hat er jetzt keinen zuu schlechten Eindruck von mir", lachte sie. Ich verdrehte leicht die Augen. Das konnte man eigentlich gar nicht.

Kathleen sah wunderschön aus, egal ob schmutzig oder topgestylt und hatte außerdem einen wirklich lustigen Charakter. Ich wusste nicht, warum ich ihr gegenüber trotzdem misstrauisch war. Vielleicht wegen ihres ersten Auftritts mit Martha oder ich nahm ws ihr übel, dass Ray nun mit ihr befreundet war.. Es gab so einige Gründe, warum ich ihr nicht vollends vertraute.

"Worüber wolltest du denn mit mir reden?", fragte ich schließlich und sah sie aufmerksam an.

Sie strich sich einmal durchs Haar, welches fast wieder perfekt saß, und sagte: "Ich wollte dir doch die Geschichte von Martha und mir erzählen. Wie gesagt, wir kennen uns schon sehr lange, durch unsere Eltern. Um genau zu sein sind wir sogar irgendwie verwandt. Ihre Mutter war soetwas wie die Großcousine von meinem Dad. Die beiden haben dich auch schon sehr lange gekannt und dadurch war es sozusagen vorprogrammiert, dass ich und Martha beste Freundinnen werden würden. Wir waren unzertrennlich, selbst wenn ich eine Prinzessin und sie ein ganz normales Mädchen war. Doch dann stritten sich unsere Eltern und wir bekamen verboten uns zu treffen. Ich war natürlich am Boden zerstört, aber als meine Eltern mir erzählt haben, was sie gemacht hat.. das hat mich echt geschockt."

Ich hörte ihr aufmerksam zu. Ihrem harten Gesichtsausdruck zufolge schien sie es wirklich ernst zu meinen. "Was hat sie getan?"

Kathleen lachte verbittert: "Sie hat ihre Eltern umgebracht."

Ich verdrehte die Augen. "Das haben deine Eltern dir erzählt? Das glaubst du jetzt aber nicht wirklich oder? Denkst du irgendein Kind könnte seine Eltern töten?"

Kathleen warf mir einen durchdringenden Blick zu. "Das habe ich auch gesagt, als Mum es mir erzählt hat. Aber das Video der Überwachungskamera war ziemlich eindeutig. Sie hat ihre Eltern umgebracht, meinetwegen. Und ich weiß einfach nicht, was ich darüber denken soll."

Ich starrte sie an und konnte nicht glauben, dass Martha zu soetwas wirklich fähig war. Niemand wäre in der Lage wirklich seine eigenen Eltern zu töten, nicht einmal wenn er seine beste Freundin verloren hatte. "Kathleen.. bist du dir sicher, dass das Video nicht gefaket wurde?"

"Das hätten mir meine Eltern niemals angetan. Sie waren zwar sauer auf Marthas Eltern, wussten aber, dass sie mir wirklich wichtig war", widersprach Kathleen heftig, "Wir haben nicht das beste Verhältnis, das stimmt schon.. aber sie würden mir das nicht antun. Außerdem wurden die Leichen von Marthas Eltern gefunden. Es spricht alles dafür."

"Aber selbst wenn, warum hast du dich dann von Martha abgewandt? Das war sozusagen ein mega-freundschaftsbeweis", gab ich zu bedenken.

"Ja, das habe ich auch schon überlegt. Im ersten Moment habe ich sie einfach nur für eine Mörderin gehalten, wer will schon mit einer Mörderin befreundet sein? Aber dann habe ich genau das gedacht. Sie hat das nur für mich gemacht, warum also sollte sie mir etwas tun? Deswegen bin ich auf sie zugegangen und wollte sie trösten. Aber dann haben wir uns total gestritten. Sie hat mich beschuldigt, dass es meine Schuld wäre, dass ihre Eltern nicht mehr leben würden, ich natürlich das Gegenteil. Seitdem haben wir uns nicht wieder vertragen", erzählte sie. Sie wirkte nicht so, als würde sie ihre Worte bereuen. Aber das verstand ich, immerhin war sie nicht schuld an dem Tod Marthas Eltern.

"Mh", machte ich, da ich nicht wusste, was ich sagen sollte.

"Wechseln wir das Thema, ich wollte mit dir auch noch über den Ball sprechen", sagte sie mit einem leichten lächeln auf den Lippen, "Candis, Ray und Georgia sind nicht in meinem Zimmer und machen sich zusammen fertig, deswegen wollte ich fragen, ob ich zu dir kommen kann..?"

Ich sah sie überrascht an. Warum tat Kathleen jetzt einen auf 'bestfriends', nur weil wir einmal miteinander geredet hatten? Sonst war Ray immer die gewesen mit der ich mich fertig machte, aber jetzt.. waren nur noch Rosie und ich übrig. Also zuckte ich mir den Schultern und nickte. "Warum nicht?"

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