-dreiundachtzig-

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Schloss, Iléa
Dena's Point of View:

Ich lag gerade auf meinem Bett und blätterte in einem Buch ohne wirklich darauf zu achten, was in ihm stand. Ich hatte aufgehört die Tage zu zählen, die ins Land gezogen waren, seit ich in das Schloss gekommen war. Ich war mir die meiste Zeit nicht einmal sicher welche Tageszeit wir hatten. Aber das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass es mir egal war. Es war mir völlig egal, wie es mir ging, wie es anderen ging oder was um mich herum passierte. Ich aß kam noch etwas, außer wenn jemand mir etwas aufs Zimmer brachte, aber ich verspürte keinerlei Hunger. Es kam mir lächerlich vor, nichts zu tun und zu nichts Lust zu haben, und trotzdem konnte ich mich nichts daran ändern. Mir fehlte die Motivation und Lust dazu.

Als ich gerade zum hundertsten Mal die Worte Gibst du jemandem Hoffnung und Geld, bleibt ihm nur das Geld las, wurde auf einmal meine Tür aufgerissen und eine Person stürmte herein.

"Warum hast du das getan, Dena?", rief Jonathan mit einem wutentzerrten Gesicht, "Wie kann man so egoistisch sein?"

Ich hob schwerfällig den Kopf und sah ihn an. "Schon mal was von Anklopfen gehört?"

"Ich verstehe, dass du sauer bist, aber wie kannst du uns nur soetwas antun? Selbst nach allem, was passiert ist, hätte ich dir niemals zugetraut so egoistisch zu sein", fauchte er ohne auf mich einzugehen.

"Wovon zum Teufel sprichst du?", murmelte ich leise, obwohl ich die Antwort bereits kannte.

"Du weißt genau wovon ich spreche", rief er wütend.

"Ja, das tue ich wohl", seufzte ich, "Ich bin niemandem etwas schuldig, das hast du wahrscheinlich gehört."

"Oh doch, das bist du, Dena. Du bist meiner Schwester etwas schuldig, deiner Familie, sogar mir. Du versteckst dich nur und bist feige", erwiderte er immer noch wütend.

"Ich mag dich nicht einmal, Jonathan", ich stieß ein Lachen aus, "Wir sind hier in einer bescheuerten Castingshow, ich dachte, das hätte ich deutlich gemacht. Überleg dir doch mal wie banal es ist, zu glauben, das sich tatsächlich jemand in dich verlieben würde, wenn ein Kamerateam von morgens bis abends dabei ist und wir aufpassen müssen, was wir sagen. Ich hatte wirklich nicht gedacht, dass du so leichtgläubig bist."

Sein Gesichtsausdruck blieb hart. "Darum geht es mir hier nicht. Mir war von Anfang an bewusst, dass aus diesem Casting heraus keine wirkliche Liebe enstehen würde. Hier geht es alleine um dich und mich und-"

Ich unterbrach in mitten im Satz. "Doch. Darum geht es doch in unserem Leben oder? Alles dreht sich nur um die Liebe. Aber was ist, wenn man einfach nicht geliebt wird? Was ist, wenn man die Liebe deines Lebens bis zum Tod nicht findet? Liebe ist nicht alles, weißt du. Aber ohne die Liebe wäre alles nichts."

"Das Leben dreht sich nicht nur um die Liebe, Dena. Es gibt auch soetwas wie eine Freundschaft oder was auch immer wir hatten. Ich hätte einfach mehr von dir erwartet", entgegnete er.

Ich zuckte belanglos mit den Schultern, ohne mir anmerken zu lassen, wie sehr mich seine Worte trafen. "Und das ist es ja. Es tut mir nicht einmal leid, dich enttäuschen zu müssen. Denn zum ersten Mal in meinem Leben denke ich mal nur an mich selber und das ist ein unglaublich gutes Gefühl."

"Ja, das merkt man ja. Wenn du an dich denken würdest, würdest du wenigstens etwas essen und mal unter Menschen gehen", mittlerweile wirkte er nicht mehr so wütend wie am Anfang, sondern mehr enttäuscht von mir und das war tausend mal schlimmer, "Es tut dir ganz sicher nicht gut dumme Dinge zu tun, nur im Zimmer rumzuhängen und dich selbst völlig schleifen zu lassen."

"Es liegt ganz sicher nicht an dir, darüber zu urteilen", fauchte ich ihn an, "Ich habe deutlich genug gemacht, dass dich mein Leben in keinster Weise angeht. Du solltest froh sein, dass ich das getan habe, sonst hättest du tatsächlich noch wählen müssen."

Er schüttelte den Kopf. "Dann ist dir also wirklich nicht mehr zu helfen. Wow. Viel Spaß noch dabei dein Leben zu ruinieren." Nach diesen Worten verließ er mein Zimmer und ließ mich völlig überfordert zurück.

Er wollte mir ein schlechtes Gewissen einreden und es hatte auch funktioniert. Irgendwie brauchte ich Ablenkung, also stand ich von meinem Bett auf und zog mir eine dünne Jacke über.

Es war schon ein paar Tage her, seit ich mit Xavier mein Interview aufgenommen hatte und heute war es ausgestrahlt worden. Ich konnte Jonathan verstehen, das änderte aber nichts an meiner Meinung.

Als ich an dem Studio vorbeikam, sah ich dort Stacie und Martha sitzen, die anderen beiden Ladys aus der Elite, die noch übrig geblieben waren. Sie führten ein Interview mit Xavier. Wollte die Königsfamilie es so aussehen lassen, als wäre mein Interview geplant gewesen und dann die anderen auch noch einmal aushorchen? Wenn, dann war das eine schlaue Taktik. Ich konnte nur hoffen, dass die beiden meine Worte nicht entkräftigen würden.

Am Speisesaal angekommen, begegnete ich Ann. Sie sah mich erst verwundert, dann erfreut an. "Dena! Du bist aus deinem Zimmer gekommen, herzlichen glückwunsch!", sagte Sie und ich war mir nicht sicher, ob sie ihre Worte ironisch oder ernst meinte.

Ich lächelte schwach. "Nach einem sehr anstrengenden Gespräch mit seiner königlichen Hoheit, hab ich tatsächlich die Motivation gefunden, ja."

"König Daemon war bei dir im Zimmer um dich rauszuholen?", fragte Ann verwundert.

Ich verdrehte die Augen. "Natürlich nicht. Jonathan kam richtig wütend reingestürmt und hat mir eine Standpauke wegen meines Interviews gehalten."

Ann fing an zu grinsen. "Mega Aktion übrigens. Warum hast du mir denn nichts erzählt?"

"Um dich nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Im Notfall hättest du nicht lügen müssen", erwiderte ich schulterzuckend.

Sie nickte verstehend. "Du bist so vorrausschauend", neckte sie mich, "Aber mal im Ernst, wie geht's dir?"

"Ganz ok, denke ich", murmelte ich, "Aber ich habe echt hunger bekommen. Keine Ahnung, wie ich es so lange ohne Essen ausgehalten habe. Die trockenen Brote zwischendurch haben mich höchstens am Leben erhalten.."

Ann lachte. "Das ist die Dena, die ich kenne. Ich würde sagen, der Märchenprinz hat seine Pflicht erfüllt", sagte sie mit wackelnden Augenbrauen.

Ich verdrehte die Augen und lief in Richtung Küche. Ann folgte mir. "Er hat mich angeschrien, nicht gerade märchenhaft, wenn du mich fragst."

"Aber es diente seinem Zweck und irgendwie ist das doch auch sexy oder?", meine Cousine war wirklich eine der versautesten Persone, die ich kannte.

"Sicher nicht. Wir mögen uns nicht einmal, Ann, okay?", murmelte ich genervt.

"Ach komm, lass den Quatsch. Ich hasse es, wenn man so etwas verleumdet. Es ist offensichtlich, dass du ihn magst und du bist dir einfach nur unsicher, weil du Angst hast, dass er dich hasst, aber keine Sorge, Prinzessin, er steht total auf dich und hat nur noch nichts gesagt, weil du gerade ein Arsch hoch zehn bist, okay?"

Wie recht sie doch hatte.

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