-siebenundsechzig-

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Schloss, Iléa
Raven's Point of View:

Ich saß jetzt schon fast eine halbe Stunde lang in meinem Zimmer und starrte an die Decke. Ich hatte die ganze Nacht nicht schlafen können und selbst nun, wo ich eigentlich übermüdet sein müsste, war ich hellwach. Es tat einfach zu sehr weh. Zu wissen, dass man nicht gewollt war.

Nicht auf meine Eltern bezogen, aber auf die Männerwelt. Warum mussten alle gutaussehende Männer immer Arschlöcher sein? Und ich meine nicht die Sorte Arschloch, die in jedem Jugendroman beschrieben wird, sondern die, die wirklich ein Arschloch ist und nicht seine Meinung ändert und sich am Ende in die Hauptperson verliebt. Denn ich war mir ziemlich sicher, dass Jonathan sich nicht in mich verlieben würde, obwohl ich die Hauptperson in meiner Geschichte war.

Insgesamt war meine Geschichte irgendwie nicht so rosig. Wie konnte man nur so viel Pech im Leben haben? Manchmal wünschte ich mir, dass ich ein ganz normales Leben führen würde. Meinetwegen sogar mit einem niederen Status und wenig Geld, sodass ich hatte dafür arbeiten müsste. Aber es war immernoch besser, als von jedem, der meine Identität kannte, verurteilt zu werden. Soziale Kontakte waren anscheinend doch wichtiger als Wohlhaben.

Ich rieb mir meine Augen und stand schließlich auf. Es sollte immerhin niemand mitbekommen, wie sehr mich die Sache mitnahm. Also zog ich mich an und verließ dann mein Zimmer. Das gemeinsame Frühstück mit den anderen Rebellen schwänzte ich heute, denn ich wollte noch einmal bei Pricilla vorbeischauen.

Als ich dort ankam, stand die Tür offen und keine einzige Wache stand davor. Misstrauisch näherte ich mich dem Raum und hörte zwei Stimmen. Die eine gehörte auf jeden Fall Pricilla und die andere einem Mann. Vorsichtig spähte ich in den Raum. Der Mann stand mit dem Rücken zu mir vor Pricillas Bett und redete mit ihr. Gehörte er zu den Rebellen? Und warum waren die Wachen nicht mehr da?

Aber als er sich durch die Haare fuhr, konnte ich ein kleines Tattoo hinter seinem Ohr erkennen. Er warf einen Blick zu mir und ich nickte. Er gehörte zu den Rebellen, aber was tat er da? Ich räusperte mich, aber nicht um auf mich aufmerksam zu machen, da er mich sowieso schon entdeckt hatte, sondern um anzudeuten, dass ich nun mit Pricilla reden wollte.

Der Mann stand langsam auf und trat ein paar Schritte zurück. Als ich zielstrebig an ihm vorbeilaufen wollte, packte er mich am Arm und zog mich zur Tür des Raumes. Überrascht und verärgert sah ich ihn an.

"Ich habe die Prinzessin unter Kontrolle. Sie vertraut mir. Also zerstören Sie dieses Vertrauen nicht", sagte er scharf, drehte sich dann um und verschwand.

Verwirrt und genervt davon, dass er mich so behandelte, obwohl ich die Tochter des Anführers war, schüttelte ich meinen Arm. Er hatte doch sehr fest zugepackt. Ich seufzte einmal kurz und trat dann wieder ins Zimmer.

"Ich habe die Wachen weggeschickt, weil ich mit dir alleine reden wollte, Pricilla", log ich, damit nicht der Verdacht aufkam, dass ich nicht wusste, wo die Wachen waren.

Die Prinzessin sah schon deutlich besser als am Vortag aus, aber trotzdem musste sie sich noch abstützen, wenn sie sich aufsetzen wollte. Aufstehen schien unmöglich.

"Was willst du?", spuckte sie mir verächtlich vor die Füße.

Ich lächelte arrogant. "Gestern hast du mir besser gefallen. Ich werde dir dein vorlautes Mundwerk verbieten müssen."

"Du kannst mir gar nichts verbieten", erwiderte sie scharf.

Ich lachte. "Ich kann dich aber etwas fragen. Was wäre der erste Ort wohin du fliehen würdest, wenn du es könntest?"

Sie zog die Augenbrauen hoch und lächelte herablassend. "Und du denkst wirklich, dass ich dir das sage? Machst du das zur Vorsorge, falls ich abhaue oder ist etwa jemand anderes verschwunden?"

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