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Ich lache erschöpft aus und richte mich langsam auf.

"Immerhin haben wir sie jetzt abgehängt.", höre ich Ryan mit schwacher Stimme hinter mir murmeln, während ich mich auf Knien umschaue.

Wir sind in einem unberührtem Stück Wald gelandet, die dicke Schneeschicht hat unseren Sturz etwas abgefangen und der Hügel vor mir zeigt unsere Schürfspuren durch die weiße Umgebung.

"Gehts dir gut?", hinter mir fängt der Schnee an zu knirschen und ich höre, wie Ryan sich abklopft.

"Ich-", ich starre auf meine blassen, dreckigen Hände, die mich oben halten.
Ich weiß es nicht.
Meine einzelnen Gliedmaßen sind immernoch taub, das Stechen verteilt sich aber trotzdem über den ganzen Körper und konzentriert sich besonders stark an ein paar Stellen.
Als ein Tropfen Blut den Schnee neben meiner Hand sofort rötlich verfärbt und sich wie Gift darin verbreitet, schnellt meine Hand zur meiner Stirn und ich verliere fast das Gleichgewicht.

"Hier-", Ryan kniet sich zu mir runter und hält mir ein Stück Stoff hin.

Während ich es gegen die Wunde auf meiner Stirn drücke, hilft er mir auf die Beine.

Jetzt machen sich letztendlich die Schmerzen von dem Sturz in meinem ganzen Körper bemerkbar und es fühlt sich an, als würden alle Muskeln in meinem Körper auseinandergerissen.

Als ich langsam festen Stand finde klopfe ich mich auch etwas ab und schaue dann zu Ryan hoch.

Er hat eine aufgeplatzte Lippe und viele kleine Kratzer im Gesicht.

"Eine gute Sache hat der Winter dann doch...der Schnee hat den Aufprall ganz gut abgefangen", er lächelt mich schräg an, wodurch ein Bluttropfen langsam von seiner Lippe sein Kinn hinunterläuft.
Sofort wischt er ihn mit seinem Handrücken weg, und verschmiert sein Gesicht damit.

Ich fange mich wieder.

"Wir müssen zurück zum Wagen.", ich schaue mich nocheinmal um.

"Wir- zum... Wagen?", er schüttet leicht den Kopf, "Denkst du nicht, wir sollten noch warten, bis-"

"-bis wir von Wölfen gefressen werden?", ich schaue ihm wieder in die Augen.

Wölfe wären warscheinlich das kleinere Übel, wenn wir nicht voher erfroren sind.

"Es wird bald dunkel. Wir haben nichts dabei, ohne die Sachen im Wagen sind wir aufgeschmissen!"

Er schluckt und nickt daraufhin.

"Dann...lass uns einfach wieder versuchen, da irgendwie hoch zu kommen."

Der Hügel vor uns erscheint mir steiler und rutschiger, als zuvor und als ein Windstoß um meine Ohren schlägt, bekomme ich Gänsehaut.

Ich sammel mich einen Moment, bevor ich mich von Ryan abwende und wir uns auf den Weg machen.

Und dann überkommt es mich aus dem nichts.
Bevor ich noch einen Schritt gehen kann, wird mir schwarz vor Augen, ich spüre hunderte kleine Boxschläge gegen jeder meiner Körperteile, mein linker Arm wird immer und immer wieder mit einer heißen Klinge durchbohrt, meine Handflächen umklammern glühende Kohle und brennen zugleich von dem eiskalten Schnee und ein Hammer schlägt immer und immer wieder auf diese Stelle an meiner Stirn ein, meine inneren Organe stehen Kopf und-

Ich stürze auf alle Viere und übergebe mich.

Hustend und nach Luft ringend versuche ich mich wieder zu fangen, wieder volle Kontrolle über meinen Körper zu bekommen.

Mein Herz rast und ich schnaufe wie nach einem Marathon, während dünne Spuckefäden aus meinem halb offenen Mund tropfen.

Ich beruhige mich langsam, als ich merke, dass es vorbei ist und spucke nocheinmal auf den Boden, woraufhin ich mich linksrum in den Schnee fallen lasse.

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt