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"Ach hab dich nicht so, früher warst du auch nicht wählerisch.", er dreht sich genervt von mir weg, "Aber seit du diesen Volltrottel kennengelernt hast, bist du sowieso total anders.", murmelt er absichtlich hörbar.

"Warte was-", ich packe ihn an der Schulter und er dreht sich nachsichtlich wieder zu mir, "-Ich bin anders geworden? Was besseres fällt dir nicht ein?", ich lache spottend auf, "Tut mir echt Leid wenn ich wegen der Apokalypse nicht mehr so bin wie früher aber wie stellst du dir das vor? Soll ich die Toten und unzähligen Leichen um mich herum einfach ignorieren und weiter irgendwelche Pillen einwerfen, ist es die Ashley, die du vermisst, die zugedröhnte Bitch die jeder ficken kann solange sie high ist?"

"Scheiße, so hab ich das doch garnicht gemeint!", blockt er genervt ab und wendet sich erneut den Stufen zu.

Ich schaue ihm noch einen Moment nach, in dem ich überlege, ob ich auf seine ignorante Reaktion eingehen soll, bevor ich ihm hinterher gehe.

Ich seuftze, "Lass uns einfach versuchen, Ryan finden.", murmle ich als wir die letzten Stufen hochgehen.

Der erste Stock ist mit einer großen, schwarzen eins an der Wand gekennzeichnet, neben der wieder eine Glastür in einen kalten, weißen Korridor führt.

"Gehen wir nach links und von da aus in verschiedene Gänge.", Delron zeigt auf einen schwarzen Pfeil, der gegenüber unserer Glastür an der Wand angebracht ist und auf dem es "<-Rezeption/Ankunft/Info/Wartezimmer" heißt, "Von da aus suchen wir dann nach deinem Ryan.", fügt er noch augenverdrehend hinzu.

Ich schaue noch einmal durch das Glas in beide Richtungen.
"Rechts ist frei, beeil dich.", sage ich bestimmt und gehe durch die Tür in den Gang. Ohne auf Delron zu achten laufe ich mit schnellen Schritten den Gang entlang.
Ein Toter im Kittel und mit Mundschutz kommt mir entgegen, woraufhin ich mein Messer zücke und die Sache schnell hinter mich bringe.

"Hey, Ash! Warte doch-", Delron holt mich joggend ein, "Du musst das nicht mehr alleine machen, ich bin da!", er dreht sich zu mir und gestikuliert wild mit seinen Armen, während er ein erzwungenes Lächeln aufsetzt.

Ich mustere ihn kurz von oben bis unten und schaue dann wieder auf den immer größer werdenen Raum vor uns, "Ich bin kein schwerbehindertes Kleinkind, ich schaff das schon, auch alleine.", antworte ich monoton auf sein Angebot.

"Jaah, aber-"

"-Delron.", ich bleibe stehen und schaue ihm in die Augen, "Ich war seit Monaten alleine. Und ich lebe noch. Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen oder glaubst du, es war nur Glück, dass mich noch kein Zombie erwischt hat.", ich wende mich ab und gehe wieder weiter, "Denn das war es nicht."

Ich höre nach kurzer Zeit wieder seine Schritte hinter mir, wie sie immer schneller werden.

"HÖR AUF SO ZU MIR ZU SEIN-", ich zucke überrascht zusammen, als er mich fest an der Schulter packt und mich zu sich dreht, "-Mag ja sein, dass du das ganze alleine schaffst, aber-", zischt er und sein Atem wird schneller, "-DAS HEIßT NICHT, DASS DU DAS MUSST! ICH BIN WIEDER BEI DIR, DAS HEIßT-"

"D-Delron schrei nicht, sie kommen-" unterbreche ich ihn zitternd, während ich eine Gruppe Zombies hinter ihm auf uns zuhumpeln sehe,"-UNTERBRICH MICH NICHT!-", brüllt er mit kratziger Stimme. Seine Halsschlagader pulsiert und sein Griff wird noch fester, woraufhin ich seine Hand packe, um mich irgendwie zu befreien, doch er umschlingt mit seiner linken Hand schnell mein Handgelenk und drückt ebenso fest zu wie mit seiner Rechten, "-DAS HEIßT, ES WIRD SO WIE FRÜHER, WIR WERDEN ALLES ZUSAMMEN DURCHSTEHEN UND-DAS-OHNE-IHN!", er stößt mich weg, dreht sich um und tötet die ganze Gruppe Zombies, noch ehe ich mich aufrichten kann.

Er steht wie eingefroren da, das Blut läuft am Messer herunter und tropft auf den Boden. Und dann fängt er an zu schluchtzen.

Ich stehe unter Schmerzen auf und laufe, leicht verunsichert, zu ihm.
Ich fasse ihm leicht an den Oberarm, woraufhin er nicht reagiert.
Sein erschöpftes Gesicht, welches jedes Anzeichen von Wut verloren hat, starrt auf den Boden.

"Deswegen brauchst du so dringend Medikamente,- Beruhigungsmittel.", diesmal wische ich ihm ein paar Bluttroppfen vom Gesicht.

Er nickt unbemerkbar und seine Augen füllen sich mit Tränen, "Es tut mir so leid-", flüstert er mit zerbrechlicher Stimme, als er mir in die Augen schaut.

Ich zucke auf, als das Messer auf den Boden fällt und Delron seine Hand hebt. Er verrückt zitternd mein Oberteil etwas, sodass man einen Teil meiner Schulter sehen kann. Er fährt über die Stelle, an der er vor wenigen Minuten seine Aggressionen ausgelassen hat und seine Unterlippe beginnt stark zu zittern, während meine Schulter unangenehm schmerzt.

Mein Blick wandert von Delrons Gesicht hinunter zu seiner rötlich glänzenden Hand, welche immernoch zitternd und kalt meine Haut berührt.

"Hör auf, es blutet ja nichteinmal.", lächle ich unter Tränen und bedecke meine pochende, blau-rote Schulter wieder mit meinem Oberteil.

Delrons Blick bleibt nun ein meinem Handgelenk hängen, welches nicht gerade besser aussieht.

"Was hab ich nur getan-", bringt er unter Tränen heraus.

"Hey, e-es ist nicht deine Schuld, du kannst nichts dafür ich meine-ich war die, die provoziert hat, es ist meine eigene Schuld, ja!"

Er schüttet mit hängenden Schultern den Kopf, "I-ich will di-dich nicht wieder ver-verlieren.", schluchzt er.

"Das wirst du nicht-", ich umarme diesen Riesen so fest ich kann, "Ich lasse dich nicht mehr alleine, nie wieder."

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt