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"Ash"

Ich nicke gestresst und nehme die Glatzköpfige ins Visier.

Sie schaut mich mit erhobenen Händen bettelnd an.

"Ashley, mach schon!", höre ich Ryans drängende Stimme unmittelbar hinter mir.

Meine Hände krallen sich noch fester um die Waffe, immernoch zitternd, während mir eine Schweißperle die Schläfe hinunterläuft.

Sie fängt an zu wimmern, während Sie einen Satz nach vorne macht und auf die Knie fällt.

"ASH!"

Ich drücke mit zugekniffenen Augen ab und zucke bei dem Knall zusammen, der in meinem Kopf wie ein vorbeifahrender Zug hallt.

Ich warte darauf, dass ihr Körper auf den Boden sackt, doch sie starrt mich aus den toten Augen heraus an, die Einschussstelle genau dazwischen, wie ein drittes Auge, ein Bluttropfen droht hinauszulaufen.

Ich schlucke, doch der Druck auf meinem Hals lockert sich nicht. Die Waffe in meinen Händen lassen meine Arme beben und ich senke sie langsam, als der erste Tropfen wie schwarzes Öl aus ihrer Wunde quillt.

Und mit einem mal schießt dunkles, klebriges Blut in alle Richtungen, ihre Augen entfernen sich durch den Druck immer weiter voneinander, die Wunde wird breiter und das Blut quillt mittlerweile hinaus wie aus einem überschwemmten Gulli-

Ich versuche, wegzurennen, doch als ich meinen Blick von ihr abwende, starre ich auf meine Füße, die bis zu den Knöcheln in der dunklen Flüssigkeit verschwunden sind.
Ich taumle ein paar Schritte nach hinten und als ich wieder aufschaue, baut sich rauschend eine Welle voller Blut auf, droht, mich zu verschlingen-

Ich springe auf, knalle mit voller Wucht gegen etwas hartes und halte mir sofort stöhnend den Kopf.

"Arghh...guten Morgen-", brummt Ryan und hält sich ebenfalls die Stirn, "Hast wohl nicht so gut geschlafen?", er reibt sich die Stelle und schaut mich von der Seite her an.

"Ich? N-Nein... mir-mir gehts gut.", ich senke meine Hand, nachdem ich mich vergewissert habe, dass sie nicht mit dickflüssigem, schwarzem Blut verklebt sind, und schaue mich mit verträumten Augen um.

Die Decke flattert gegen den Wagen.

Der kalte Luftzug, der durch die Heckscheibe kommt, die wir nicht abdecken konnten, lässt mich schaudern.

Ich fühle mich wie ein Fußabtreter, meine Glieder schmerzen und die Schusswunden an meinem Arm machen sich langsam auch wieder mit einem leichten Pochen bemerkbar.

Ich reibe mir die Arme und lege mir meine Schlafdecke über die Schultern.

"Wie lange bist du wach?", schaue ich nach kurzer Zeit zu ihm und gähne.

Die Stelle an seiner Lippe hat eine Kruste gebildet.

Er zuckt die Achseln, "Nicht lange. Ich dachte ich wecke dich, damit wir so schnell wir möglich von hier verschwinden können."

Es ist ein Wunder, dass wir noch leben.
Die gestrigen Ereignisse schießen mir wieder durch den Kopf und ein beklemmendes Gefühl macht sich in mir breit.
Dass sie uns nichts angetan haben, wo wir beide geschlafen haben, verwundbar wie ein Rehkitz im Wald.

"Wir müssen schleunigst hier abhauen.", ich fühle mich mittlerweile hellwach und auf der Hut, "Lass uns den Wagen starten, wie damals auf den Weg nach Centreville, mach das mit den Kabeln!", ich zeige mit der einen Hand Richtung Lenkrad, während ich mit der anderen das Handschuhfach durchsuche.

Ich höre ihn neben mir rascheln, während ich ganz hinten, unter den gersprungenen CD Hüllen und zerknickten Autopapieren Geriths Schere finde.

Jede Waffe kann jetzt über unser Leben entscheiden.

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt