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"Denkst du ich werde in so einer Welt jemals wieder satt werden?", Ryan trinkt das letzte Bisschen der Raviolisuppe und schmeißt die Dose dann weg.

"Morgen gehen wir jagen, die Hütte liegt ziemlich gelegen, also sollten wir das auch ausnutzen und noch ein bisschen hier bleiben.", ich mustere das Zimmer, " Obwohl ich lieber direkt aus diesem Drecksloch verschwinden würde.", füge ich noch hinzu.

"Ich kann doch nicht jagen!"

Ich schaue zu ihm, "Ich auch nicht."

Er lächelt leicht.

Ich steh auf und gehe zu den Fenstern, die ich mit den ranzigen Gardienen etwas bedecke.

"Es wird dunkel, lass uns schlafen gehen.", ich setze mich wieder zu ihm und ziehe mir die Schuhe aus.

"Hm...vielleicht haben die ja noch-", er steht auf und öffnet einen alten Wandschrank, "Na wenigstens ist das hier heilgeblieben.", er holt ein paar Decklaken, Decken und Kopfkissen heraus und schmeißt sie auf die Couch.

"Wow, dass diese Bude noch ansatzweise etwas gutes an sich hat, hätte ich echt nicht erwartet.", ich ziehe den vergilbten Bettbezug über die Couch, "Und wehe du überschreitest die Grenze.", ich deute auf die Mitte unseres Bettes, wo eine Naht eine kleine Einkerbung bildet, "Dann ist dein Kopf schon heute Nacht ab!"

"Kein Problem Darling, ich behalte meine Finger bei mir, zumindest vorerst.", er schüttelt sein Kopfkissen aus.

Ich gehe nicht weiter auf seine Aussage ein, sondern lege mich mit dem Rücken zur seiner Seite hin, decke mich zu, lege mein Messer vor mir auf dem Boden ab und schließe die Augen.

Das letzte was ich warnehme, bevor ich erschöpft einschlafe, ist das dumpfe Geräusch von Ryan, der sich neben mich fallen lässt.

[...]

Ich stehe relativ früh auf, was ich an der aufgehenden Sonne erkenne.

Ryan schläft noch wie ein Stein, halb auf meiner Seite, was eine gute Gelegenheit ist, mir die Umgebung etwas genauer anzuschauen.

Ich ziehe mir die Schuhe an und bewaffne mich angemessen, bevor ich leise aus der Hütte gehe.

In solchen Momenten kann man die verdorbene Welt einfach vergessen und die Sonne zwischen den Bäumen aufgehen sehen, den Vögeln beim zwitschern zuhören und den morgendlichen, unschuldigen Wald betrachten.

Solange natürlich kein Toter vorbeikommt und im nächsten Moment sein Blut an den Bäumen und auf dem trockenem Laub haftet.

Echt ein toller Start in den Tag.

Die Leiche zerstört den zuvor noch schönen Anblick und ich beschließe meine Aufmerksamkeit nicht mehr der Natur zu schenken sondern los zu gehen und am besten nach Pilzen oder Früchten Ausschau zu halten.

Ich laufe durch die nahe Umgebung, um nicht von Ryan gesucht zu werden, falls er aufwacht.

Von hier aus hat man einen guten Blick auf die Hütte.

Mein Blick schweift den Boden entlang, bis mir etwas kleines ins Auge sticht.
Ich laufe ungläubig darauf zu und nehme es in die Hand.
Das kann nicht wahr sein.
Ich schaue nach oben in eine Baumkrone voller Walnüsse.

Ich stecke die eine Walnuss ein und laufe zur Hütte zurück, um eine Tasche zu holen, womit ich ein paar sammeln kann.

Ich denke das Geräusch der knirschenden Tür hat Ryan geweckt, da er die Augen zukneift und sich hin und her wälzt.

Ich gehe rein und suche nach einer Tüte.

"Was machst du?", murmelt er mit rauer Stimme.

"Draußen ist ein Walnussbaum, wenn wir Glück haben, werden wir bald vielleicht doch satt."

Er setzt sich auf und schaut mich ungläubig an.

"Nicht dein ernst, vielleicht sind da ja mehrere Bäume, warte auf mich- ich zieh mich an!", sagt er aufgeregt und zieht sich sein gestriges Shirt über sein Unterhemd.

"Hier, gibt nichts besseres.", ich gebe ihm eine Mülltüte und reiße mir selber eine ab, die ich mir in die Jackentasche stecke.

"Wieso nehmen wir nicht ne Tasche?", fragt er und mustert die Mülltüte in seiner Hand.

"Die Taschen sind voll und es hat doch schon ewig gedauert sie zu zubekommen, also nehmen wir lieber die scheiß Mülltüten.

Wir gehen raus.

"Kannst du klettern?", fragt er, während wir auf den Baum zulaufen.

"Hab nur die Kindheitsskills, du?"

"Auch.", lacht er leicht.

Wir bleiben vor dem Baum stehen.

"Hier, d-das sind alles Walnussbäume!", strahlt er und zeigt auf zwei weitere, die um meinem Baum herum stehen.

"Dann haben wir ja heute genug zu tun?", ich beginne, den Baum hochzuklettern, was mir seine abstehenden Stümpfe und Äste um einiges erleichtern.

Ich sehe ihn den rechten Baum hochklettern.
Nach einigen Minuten haben wir beide die ersten walnusstragenden Zweige erreicht.

Ich stütze mich am Baumstamm ab und sammle die noch in der sicheren, grünen Schale geschützen Walnüsse ein.

"Wie gehts voran?", höre ich Ryan rufen.

"Du redest zu viel.", antworte ich, nicht sicher, ob er es überhaupt gehört hat.

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt