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Ich gehe so schnell es geht den Flur entlang bis zur Eingangstür.
Ich lehne mich gegen sie, sodass sie sich öffnet und gehe, ohne die Wache zu beachten, weiter in Richtung Fluss, wo Brandon wie erwartet am Ufer sitzt.

Ich setze mich neben ihn und lege die Krücken zur Seite.
Für eine Weile sagen wir nichts, dann unterbricht er die Stille und sieht mich an, "Wie gehts.", fragt er nur.

"Es war schonmal schlimmer.", antworte ich.

Er nickt, "Ich- äh i-ich war da, bei deinem QT.", er wendet seinen Blick ab.

"W-was?", frage ich verwirrt nach.

"Versteh mich nicht falsch, ich wusste nicht was deine Aufgabe war, ich sollte nur mit paar anderen die Zombies vom Zaun fernhalten. Als wir dann nachhause wollten, weil Sonnenaufgang war, haben wir dich gefunden. Zum Glück. Deswegen war ich auch eben mit dabei."

Ich antworte nicht, woraufhin er weiter redet, "Das Team, dass dich am Ziel erwartet hat, ist schon losgefahren, weil sie genauso wie wir nur bis Sonnenaufgang dort sein sollten. Wir haben dich mitgenommen und sofort zur Krankenstation gebracht. Seit eben hab ich dich dann nicht mehr gesehen."

"Wie spät ist es?"

"Nachmittags, drei, vielleicht vier."

"Dann hast du nicht geschlafen, oder?"

Er fängt an zu lachen, dann schaut er mich strahlend an und schüttet den Kopf, "Ich hol uns was zu trinken.", er steht auf und verschwindet aus meinem Blickfeld.

Ich schaue auf die andere Seite des Flusses und versuche einen Beißer zu finden, der vielleicht gerade durch den Wald humpelt oder ans Ufer kommt, jedoch ist alles ruhig.
Mein Blick wendet sich von meiner Umgebung ab und richtet sich auf meine Arme.
Ich schaue mir die Kratzer an, die ich heute Nacht bekommen habe.
Es sind einige verstreute kurze Striche vom Stacheldraht, jedoch nichts schlimmeres.

"Hier.", setzt sich Brandon wieder neben mich und hält mir eine Flasche hin, "Hat Arthur für uns reserviert."

"Die neue Zutat.", meine ich eher zu mir selbst, als ich das Bier entgegennehme, "Ich sollte gestern noch in die Bar kommen."

"Jeder hier weiß, was passiert ist. Arthur und Marta wünschen dir auf jeden Fall gute Besserung."

Ich lächle und trinke einen Schluck.

Minze.

"Wenn du willst, kannst du mich mal zur Arbeit begleiten, dann kannst du schonmal die anderen kennenlernen.", meint er und wischt sich über den Mund.

"Wann musst du denn morgens immer los?", antworte ich.

"Okay, vielleicht holst du mich lieber ab.", lacht er.

"Gut.", nicke ich lachend.

Wir trinken einen Schluck.

"Lass uns gehen, es ist kalt geworden.", meint er während er mich von der Seite her anguckt.

Ich schaue ihn an.
Ihm ist nicht kalt.
Er sieht nur, wie ich zittere.
Aber er will es nicht so aussehen lassen, als würden wir nur wegen mir reingehen.
Er bietet mir auch nicht an, eine Jacke holen zu gehen, wie Ryan es getan hätte. Er versucht mich normal zu behandeln und schlägt einfach nur vor, zu gehen.

Ich muss unwillkürlich grinsen.

"In die Bar?", frage ich, während er mir seine Hand hinhält, um mir beim aufstehen zu helfen.

"Marta und Arthur werden sich freuen, dich zu sehen.", er reicht mir die Krücken, "Und vielleicht bekommen wir ja noch ein Bier umsonst.", flüstert er woraufhin ich lache.

Wir laufen langsam zur Kneipe und als wir ankommen hält mir Brandon die Tür auf, damit ich reingehen kann. Sofort wird es mir wieder wärmer.
Es ist noch nicht viel los, ein paar ältere Männer sitzen am hintersten Tisch und spielen Karten und zwei Frauen sitzen am Ende der Theke und trinken etwas.

Wir setzen uns ein paar Plätze weiter an die Theke und stellen die leeren Flaschen ab.
Kurz darauf kommt Arthur die Leiter herunter.
Als er mich sieht, blitzen seine Augen auf.

"ASHLEY-", er kommt so schnell auf mich zu, dass ihm seine Schiebermütze fast vom Kopf fällt, "Wie gehts dir?", er greift über die Theke nach meinen Händen und drückt sie, "Du weißt ja garnicht, was wir uns für Sorgen gemacht ha-"

"O Gott sei dank!", eine kleine, pummelige Frau mir bekleckter Schürze kommt die Leiter herunter und ebenfalls zu mir, "Gott sei Dank geht es dir gut Kind.", sie läuft um die Theke und umarmt mich dann, "Als ich gehört habe was passiert ist-", beginnt sie aufgeregt.

"-Sie hat ihre Hühnersuppe liegen lassen und ist direkt zu Gretchen gegangen und glaub mir, es gibt nicht vieles, wofür sie ihre Suppe geben würde.", beendet sie Arthur.

Ich merke, wie sich alle Blicke auf mich richten und löse mich von Marta, "Es ist alles gut, bald bin ich bei den Versorgern dabei.", lächle ich.

"Also ich weiß nicht-", Marta schaut mich prüfend an, "Was ist, wenn sowas wieder-"

"Das wird es nicht, keine Sorge.", ich wechsle den Blick zu Brandon, "Da wird man auf sie aufpassen.", er lächelt mich leicht an.

"Du hast doch sicher Hunger-", Arthur nimmt die leeren Flaschen in die Hand, "-und Durst."

"Meine Suppe ist gerade fertig geworden.", meint Marta und läuft wieder hinter die Theke zu ihrem Mann.

"Eine Schüssel tät jetzt echt gut."

Und schon klettert die kleine Frau wieder die Leiter hoch.

Arthur stellt uns beiden zwei Bierflaschen auf die Theke und öffnet sie, "Was alles in einer Nacht passieren kann.", er schaut mich bemitleidend an und reibt sich den roten Bart, "So schlimm ist noch keiner zurückgekommen."

"Und trotz allem sieht sie immernoch gut aus, das muss man erstmal schaffen.", Brandon schaut mich grinsend an und trinkt einen Schluck.

Ich weiche schmunzelnd seinem Blick aus und drehe die Flasche in meinen Händen.

Plötzlich steht eine Schüssel dampfende Hühnersuppe vor mir auf der Theke.
Ich drehe mich nach hinten und sehe wie Marta auch eine vor Brandon hinstellt.

"Sie ist schon gewürzt, aber wenn ihr noch was braucht, dann sagt Bescheid."

Wir bedanken uns und Marta geht mit ein paar Gläsern von anderen wieder die Hintertreppe hoch.

"Hier habt ihr noch Brot.", Arthur holt kurz zwei Scheiben aus einem Regal hinter der Leiter und gibt sie uns.

Hungrig tunke ich das Brot in die Suppe und beiße dann ab.

"AYE!", schreit Brandon auf, als er sich verbrannt hat und trinkt schnell einen Schluck zur Abkühlung.

"Du siehst doch, dass sie heiß ist.", bemerkt Arthur grinsend und trocknet ein paar Gläser ab.

"Jaa schon, abe-", das Quietschen der Tür unterbricht ihn und wir drehen uns zum Eingang.

Als ich sehe, wer dort steht und mir direkt in die Augen schaut, stehe ich leise auf und gehe geradewegs zur Toilette.

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt