[Drei Monate später]
Ich hebe den letzten Kürbis aus dem Feld und trage ihn rüber zu den anderen.
Dann lehne ich mich gegen die Erntehütte, ziehe mir die Handschuhe aus und wische mir über die Stirn."Hey, gerade fertig geworden, was?", ich drehe mich in die Richtung, aus der die Stimme kommt und sehe Brandon auf mich zukommen.
"Ja, du auch?"
Er bleibt vor mir stehen und zieht auch seine Handschuhe aus, "Jah, bleibt noch das Dach von der Erntehütte-", er zeigt nach oben, "-und die beiden Ställe.
Ich nicke, "Ihr habt nicht mehr viel Zeit."
Er lacht, "Nein, leider, wenn wirs nicht schaffen, dann bekommt jeder wohl ein neues Haustier."
"Oder ihr arbeitet auch im Winter."
"Wie auch immer, eigentlich sollte ich dir nur Bescheid sagen, dass Gretchen dich sehen will.", er fährt sich durch die dunkelblonden Haare.
"Worum geht es?", ich ziehe meine Augenbrauen zusammen.
"Weiß nicht, aber viel Glück."
"Ja...danke.", Ich drücke ihm meine Handschuhe in die Hand und laufe los.
In dem Ort hier gibt es nur einen Hauptweg aus Kies, von dem an Wege zu verschiedenen Hütten, Ställen und Beeten abzweigen. Alles steht eng zusammen und ist einerseitz von einem Fluss und anderseitz von einer Mauer umgrenzt.
Manche Menschen grüßen mich auf dem Weg, andere meiden immernoch Blickkontakt und als ich an dem einzigen Backsteinhaus angekommen bin, muss ich mich abtasten lassen.
Ich bin zum zweiten mal überhaubt hier drinne und werde von einem Mann in ein kleines Zimmer geführt, wo ich auf einem unbequemen Sessel platznehmen darf.
Einige Minuten später kommt die Leiterin dieser Gemeinde rein und setzt sich mir Gegenüber hinter einen Schreibtisch.
Sie verschränkt die Hände und schaut mich abwartend an."Sie wollten mi-"
"Meine Leute haben sie in den letzten zwei Monaten beobachtet-"
Mit ihren "Leuten" meint sie die zwei Wachen vor der Tür, "-Und da sie sich sehr kooperativ gezeigt haben, habe ich beschlossen, dass sie nach einem bestandenen Qualifikationstraining in eine Probephase als Versorger einsteigen dürfen.", sie bringt ein falsches Lächeln hervor und streicht sich eine graue Sträne hinters Ohr.Meine Freude hält sich in Grenzen. 'Qualifikationstraining'. Das heißt, ich bin noch nicht sicher drin.
"Danke."
"Bis zum Training werden sie noch weiter den Gruppen zur Verfügung stehen."
"Okay äh...da ich mich ja sehr... kooperariv gezeigt habe, wollte ich fragen wann ich meine Sachen zurück haben kann.", ich schaue ernst in ihre starren blaugrünen Augen.
"Wir sind noch nicht fertig. Sobald alles überprü-"
"-Können sie mir nicht wenigstens meine Anziehsachen geben, oder zumindest welche die passen?", ich greife nach meinem Oberteil, in das ich einen Knoten zum verengen gemacht habe.
"Ich fürchte sie müssen sich dann wohl an andere Bewohner wenden. Einige werden sich sicher dazu bereit stellen ihnen etwas passendes zu leihen."
Ich nicke, "Okay. Eine Frage noch. Wann genau ist dieses Qualifikationstraining?"
"Das-", sie steht auf, "Werden sie dann schon merken.", mit diesen Worten verlässt sie das Zimmer und einige Minuten später werde ich wieder hinausbegleitet.
Ich gehe ein paar Schritte, als Brandon von der Seite her angerannt kommt, "Und, wie wars?", fragt er aufgeregt.
"Qualifikationstraining."
"Warte WAS?", er stellt sich abrupt vor mich, sodass ich gegen seine breite Brust laufe.
"Was ist?", ich gehe einen Schritt zurück.
Er schaut sich um, viele Leute laufen um die Zeit durch das Dorf, was ihn zu stören scheint.
"Komm, wir gehen erstmal zum Fluss.", und er geht vor.
Ich schaue ihm einen Moment verwirrt nach, bevor ich ihm hinterhergehe.
Kurz darauf sind wir auch schon da und setzen uns ans grasige Ufer.
"Bist du dir sicher, dass du mit einsteigen willst?", fragt er und schaut auf einen Zombie auf der anderen Seite vom Fluss.
"Ja, bin ich. Ich werde nicht weiterhin diese scheiß Gartenarbeit machen, das weißt du ganz genau."
"Ja, schon, ich weiß, dass du da draußen gut zurecht kommst, aber keine Ahnung ob du das QT überstehst.", er schaut mich an, und da er gefühlte zwei Meter groß ist, schaue ich ihm nicht in die Augen.
"Wie wars bei dir damals?", frage ich hingegen.
"Schlimm. Wie bei jedem. Was glaubst du, wieso nur Männer wie ich dabei sind."
"Also erstmal bist du Milchbubi kein Mann.", lache ich, "Und zweitens krieg ich das schon irgendwie hin."
"Danach gibts vorerst kein Zurück.", er legt seinen Arm um meine Schultern.
"Ich weiß."
Seit sie mich vor zwei Monaten hier aufgenommen haben, habe ich mich so gut wie möglich benommen, um ihr Vertrauen zu gewinnen.
"Hast du Hunger?", fragt Brandon und schaut zu mir runter.
"Nein."
Er steht auf, "Ich komme gleich zurück.", er läuft wieder ins Dorf und ich schaue ihm nach.
Manchmal spreche ich ihn ausversehen mit Ryan an. Wenn es mir einfach so rausrutscht weil ich nicht nachgedacht habe. Und dann merke ich, dass er mein Ryan Ersatz hier ist. Er hat einmal gefragt wer Ryan sei, aber nachdem ich abgeblockt habe hat er das nichtmehr angesprochen. Eigentlich weiß er fast nichts über mich. Nach der ersten Woche hat ers dann auch aufgegeben irgendwas herauszubekommen und wartet warscheinlich seit dem bis ich ihm was von mir aus erzähle, was ich manchmal auch tue.
Und das zeigt wiederum, was Ryan mir mir gemacht hat. Anfangs habe ich nie irgendwas von mir preisgegeben und jetzt erzähle ich einem Typen, den ich seit zwei Monaten kenne, Dinge, nur damit er nicht denkt, er wäre mir völlig egal.
Was er aber eigentlich ist.
Trotzdem achte ich auf seine Gefühle.
Darauf, dass er mir wichtig erscheint.
Darauf, dass ich ihn nicht verletze."Ashley!", ich schaue auf und sehe ihn mit einem Beutel auf mich zukommen, "Du siehst aus als hättest du ne fliegende Kuh gesehen, was gibts?", er setzt sich wieder neben mich und lächelt mich an.
"Nichts, ich habe nur an einen Freund gedacht.", und genau diese Ehrlichkeit lässt seine Augen aufblitzen.
"Achja, wie hieß er?", fragt er unaufdringlich, holt in Alufolie eingepackte Dinge aus dem Beutel und legt sie vor uns aufs Gras.
Ich überlege einen Moment ob ich lügen soll. Welchen Namen ich nennen soll.
Ryan.
"Delron.", kommt jedoch aus mir heraus, "Sein Name war Delron.", ich merke wie es mir leichter fällt über ihn zu reden, da es jetzt schon eine ganze Weile her ist seit der Sache.
Außerdem ist er tot. Delron ist tot, was ich mehr oder weniger verarbeitet habe. Er wird mir nie unwichtig werden und es wird auch nie leichter sein zu aktzeptieren, dass er nicht mehr lebt, aber bei ihm kann ich äußerliche Emotionen besser konrollieren als bei Ryan.
Das mit Ryan ist frisch. Wenn ich nur darüber nachdenke, merke ich wie meine Mimik macht, was sie will.
Er bedeutet Ungewissheit.
Und Schmerz.
Und das kann ich mir nicht anmerken lassen."Wie war er so?", er versucht immernoch, seine Fragen sehr nebensächlich zu betonen und hält mir die in Alufolie eingepackten Paprikastückchen hin.
"Er war gut.", lächle ich und nehme eine, "Er war verrückt, aber gut."
"Also so wie ich.", grinst er und wirft ein Stück Gurke in die Luft, welches er mit dem Mund auffängt.
"Nein, nicht ganz."
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Just stay alive
БоевикSeit vor etwa einem Jahr die Zombieapokalypse ausgebrochen ist und somit nun der Großteil der Menschheit tot durch die Straßen läuft, versuche ich jeden Tag zu überleben. Es soll jedoch einen Ort im Osten Amerikas geben, der noch von Menschen bewohn...