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Ich öffne meine Augen und starre gegen die graue Betondecke.

Durch das kleine Fenster dringt die Morgensonne und erhellt den Raum.

Ich setze mich auf und schaue zu Ryan.

Er schläft ruhig auf dem Bauch, sein Körper hebt und senkt sich in Rhytmus seiner Atmung.

Mein Blick wandert zur Tür, leise stehe ich auf, schnappe mir meine Jacke und gehe raus.

Im ersten Moment blendet mich der weiße Schnee, ich kneife meine Augen zusammen und atme die kühle Winterluft ein.

Sie haben uns nicht bekommen. Wir wurden Nachts nicht aus dem Schlaf gerissen und weggeschleppt. Zumindest noch nicht.

Ich gehe ein paar Schritte.

Der frische Schnee ist unberührt, keine Beißer haben sich hier verirrt.

Ich gehe um den Block, unter den Turm hindurch zum Hang.

Die Morgensonne tränkt den Wald unter mir in eine angenehme Wärme, weiter hinten kann man Gebäude und Straßen erkennen.

Ich höre die Tür hinter mir, dann Schritte.

"Morgen.", er stellt sich neben mich und genießt für einen Moment die Aussicht, "Unten in der Stadt war mir eh zu viel los.", er schaut zu mir, "Sone Aussicht hab ich vermisst."

"Jah, die ganzen Nachbaren und die lauten Straßen, definitiv zu stressig.", schmunzle ich.

"Städte hatten noch nie was gutes für uns übrig."

Vielleicht haben wir es nicht gut genug gewollt.

"Lass uns schauen was wir hier noch so finden. Und dann was zu Essen besorgen, sonst sterben wir doch noch."

"Jetzt wo dus sagst-", er greift sich an den Bauch, "es kommt mir wie Jahre vor!"

Wir laufen zurück zum Block und legen unser Schlafzeug beiseite.

"Hm... sieht aus wie ein Kontrollzentrum...oder so-", ich schaue mir die Schreibtisch Ecke näher an.

Viele Knöpfe und Schalter, LED Leuchten, ein PC mit zwei Bildschirmen und Telefon, viele Kabel, ein Headseat mit Mikrofon und vollgeklatschte Wände mit Satellitenkarten, Messdaten und Graphen.

"Jah, muss ein ziemlich einsamer Job gewesen sein. Alleine aufn Berg.", antwortet Ryan von der anderen Seite des Raumes, den Schrank durchstöbernd.

"Manche Leute mögen das.", meine Augen überfliegen die Fläche und bleiben an einer silbernen Antenne hängen. Ein Radio. Ich ziehe es zwischen Post-Its und der Tastatur heraus und schaue es mir an.

Klein, rund und schwarz.

"Was gefunden?", ich drehe mich zu ihm.
Er hockt vor dem Schrank und durchstöbert das unterste Fach.

"Ähh Ja- Erste-Hilfe Koffer-", er klopft auf einen roten Kasten neben ihm, "Und nen leeren Werkzeugkoffer-", er deutet auf den rostigen Kasten im Schrank, "Naja fast leer.", und zieht einen großen Schraubenschlüssel heraus.

"Ist schonmal ne bessere Waffe als die halbe Schere.", zucke ich mit den Schultern und wende mich den Schubladen zu, die zu dem Tisch gehören.

Die oberste ist abgeschlossen, müssen wir später mal aufbrechen und die anderen sind gefüllt mit Papieren, Ordnern und Schreibzeugs.

Als ich die unterste aufmache, muss ich anfangen zu grinsen.

"Hey-", winke ich Ryan zu mir.

Er schaut rein und lacht auf, "Oh Mann, verhungern werden wir heut doch nicht.", und zieht eine Instant-Suppe heraus, "Hot Chilli Ramen- meine Liebingssorte"

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt