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[...]

Wir haben den ganzen Vormittag gebraucht, unsere Sachen zu packen und nun fahren wir mit volbepackter Lagefläche und vollem Tank durch die Route 126.
Wir haben so ziemlich alles brauchbare mitgenommen und unser Plan ist es jetzt so weit wie möglich mit unserem Benzinvorrat von zwei Kanistern zu kommen.

"-Und ähm, wir schlafen auf der Lagefläche, schieben unser Gepäck an den Rand, damit Menschen oder Zom...Beißer uns nicht direkt sehen.", ergänze ich meinen Plan für die Fahrt.

Ryan nickt, während er weiterhin geradeaus auf die Straße schaut.

"Was, wenn es mal regnet?", er steuert das Auto um einen Beißer herum und fährt dann wieder mitten auf der Straße.

"Wenn es regnet, oder einfach zu kalt ist, nehmen wir die Planen und spannen sie über unser Gepäck und schlafen im Auto."

"Okay, du hast echt an alles gedacht.", er lächelt mich schräg an.

Ich nicke leicht und schaue aus dem Fenster.

Er mustert mich einen Moment.

"Lenk mal kurz.", er lässt das Lenkrad desinteressiert los und hantiert am eingebautem Radio rum.

"WAS MACHST DU!", ich lehne mich sofort schräg durchs Auto und packe das Lenkrad mit beiden Händen.

Das Auto macht einen leichten Schlenker und ich lenke ein Stück nach rechts.

"Hmm, das sollte doch...", ich höre ein Klicken, die Anzeige des Radios leuchtet grau-grün auf und ein lautes, rauschendes Geräusch lässt mich das Auto gegen einen Beißer fahren.

"RYAN-", schreie ich, um das schreckliche Geräusch zu übertönen.

Er reagiert nicht und einen Moment später ist es ganz Still.

Ich atme erleichtert aus, bis plötzlich das Lied Carry On Wayward Son läuft.

Ryan richtet sich auf und ich lasse ungläubig das Lenkrad los, "Wie hast du das gemacht?", frage ich strahlend.

"Das würdest du eh nicht verstehen.", grinst er mich an und dreht das Radio lauter.

"Carry on my wayward sooon-", singt er laut und schaut mich auffordernd an.

"There'll be peace when you are done-" stimme ich mit ein.

"Lay your weary head to reeest-", singen wir zusammen

"DON'T YOU CRY NO MOREEE", er kneift die Augen zusammen, "WOOOHUUUU"

Er immitiert mit einer Hand ein Luftgitarrensolo und ich fange laut an zu lachen.

[...]

In den letzten zwei Stunden und nachdem sich Carry On Wayward Son zum dritten mal wiederholt hat habe ich leztendlich gecheckt, dass das Radio mit einem Walkman der im Handfach befestigt wurde, verbunden ist und die Hits 1996 CD sich ständig wiederholt.

"Seit zwei Monaten abgelaufen.", ich öffne die Chipspackung, die ich unter dem Sitz gefunden habe und reiche sie Ryan rüber.

Er stopft sich eine Handvoll in den Mund und antwortet dann, "Mhh...chmeckn trotzdem noch zimlisch goil."

"Liegt daran, dass du schon lange keine mehr gegessen hast und du nicht mehr weisst, wie richtig gute Chips schmecken.", meine ich und nehme mir selbst ein paar.

"Kann sein.", er rülpst laut, "dann sind heutzutage das hier richtig gute Chips.", er zeigt auf die Packung, die ich ihm hinhalte und ninmt sich gleich noch eine volle Hand.

Wir wechseln von der Autobahn zu einer Landstraße.

"Ich vermisse jetzt schon die Couch.", knurrt er und setzt sich bequemer hin.

"Wir waren viel zu kurz in der Stadt.", ich stütze mich an meiner Hand ab und schaue aus dem Fenster, "Für soviel Aufwand war das echt ne kurze Zeit."

"Dafür haben wir jetzt ein Auto", er schaut mich aufmunternd an, "Und äh...viele andere nützlichere Sachen als ein Auto.", ergänzt er unsicher.

"Gott.", ich seuftze, "Wäre ich nur nich so geizig gewesen, ich hätte mir mehr Zeit dafür nehmen sollen, die Hütte in der wie damals geschlafen haben, sicher abzuriegeln, dann wäre der Typ nicht so leicht reingekommen, du hättest kein Loch ins Bein bekommen, wir hätten uns nie gestritten, ich hätte die Karte mitgenommen und wir wären über den schnellsten Weg nach Centreville gekommen."

"Das nennt man Butterfly effect. Aber man kanns nicht mehr ändern. Und außerdem, wäre das alles nicht passiert, dann hätte ich vielleicht auch kein Training mit einem Beißer am Fluss gehabt.", er grinst mich leicht an.

"Vielleicht wäre er sogar nicht gestorben, ihr hättet euch auf besserem Wege kennengelernt."

"Hör auf so einen Scheiß zu reden, du weißt ganz genau, dass es nicht deine Schuld ist.", meint Ryan böse.

Wenn er nur wüsste.
Die Stimmen erinnern mich nur zu oft daran, wer an Delrons Tod schuld ist.

"Wollen wir anhalten und was essen, ich kann mit leerem Magen nicht weiterfahren.", er schaut mich bittend an.

"In hundert Kilometern machen wir ne Pause."

"Tz.", macht er und grinst selbstfällig.

Er fährt den Wagen an den Rand und zieht den Schlüssel heraus, den er in seiner Brusttasche verschwinden lässt.

"Worauf hast du Lust?", fragt er mich dann während er aussteigt.

"Das kannst du nicht machen, fahr wieder los.", ich bleibe stur sitzen.

"Also Hähnchenschenkel wären jetzt ganz gut.", ignoriert er mich während er durch Taschen auf der Lagefläche wühlt.

"Ryan ich meins ernst, komm wieder rein." Ich schaue ihn durch das Hinterfenster an.

"Wieso fährst du eigentlich nicht selbst?", fragt er und lacht auf.

Ich antworte ihm nicht und drehe mich wieder um.

"Du kannst nicht fahren!", höre ich ihn daraufhin ungläubig sagen, "Deswegen bin ich auch damals nach Centreville gefahren, wieso hast du mir das nich gleich ges-"

"Halt die Klappe.", unterbreche ich ihn.

Einen Moment ist es still.

"Das ist nicht Schlimm, jeder Mensch hat seine Schwächen."

Ich kneife meine Augen zusammen, "Hör auf damit!", sage ich lauter.

Ich höre ein Geräusch und kurz darauf guckt Ryan durch das Fenster zu mir, "Erzähl schon, was ist passiert.", er lehnt sich etwas rein und schaut mich aufmerksam an.

Ich blicke ihm unsicher in die Augen.

"Es ist okay, du kannst es mir sagen.", er lächelt leicht.

Ich nicke.

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt