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Ich wende meinen Blick von dem hellen Riss in der Holzdeke ab und drehe mich auf meinem Bett zur Seite.
Eigentlich wollte ich schon schlafen gehen, obwohl es nichteinmal spät ist, aber ohne Brandon neben mich ist es ungewohnt. Das Bett fühlt sich hart wie Stein an und die Decke wie ein dünnes Taschentuch.
Ich richte mich auf und zünde die Kerze neben meinem Bett an.
Das Licht bringt nicht wirklich viel, weswegen ich zu der kleinen Theke im hinteren Bereich gehe und dort ebenfalls die Kerzen anzünde.
Ich lasse mich auf den Stuhl fallen und stütze meinen Kopf auf meiner Faust ab.

Am liebsten würde ich jetzt zu ihm rüber gehen und mit ihm reden.
Aber das würde er wohl kaum wollen. Nicht nach so kurzer Zeit.
Ich könnte auch zu Marta gehen, aber alleine da zu sitzen und das auch noch Abends erspare ich mir lieber.

Mein Blick schwenkt wieder zum Bett rüber.

Und wenn schon, dann unterhalte ich mich halt mit Marta und Arthur, wenn sie nicht gerade zu tun haben.

Ich ziehe mir die Jacke über, die ich über den Stuhl gelegt habe und puste noch die Kerzen aus.
Dann verlasse ich die Hütte und trete raus in die Kälte.
Es ist schon stockdunkel und in den meisten Hütten leuchtet auch kein Licht mehr.
Die Menschen sind jetzt schon müde und kaputt, nur weil es dunkel ist. Es liegt am Winter. An der Zeit.

Ich laufe langsam.
Lasse mich von dem kalten Wind abkühlen.
Einen klaren Kopf bekommen.
Die warme, stickige Luft drinne hätte mich früher oder später sowieso zum rausgehen gezwungen.
Mir ist immernoch warm, aber die kalte Luft um mich herum beruhigt mich. Als wäre ich aus einem engen Raum voller durcheinander redener Menschen hinaus an einen verlassenen Ort gegangen. Nur ich alleine.

Ich schlucke.

Ich bin in so einem Raum.
Jeden Tag.
Hier im Dorf ist es nicht anders.
Und ich würde am liebsten wieder von hier verschwinden.
In den Wald.
Alleine.
Vielleicht mit einer bestimmten Person, aber dann nur wir beide, alleine. Wie es immer war.

Ich öffne die hölzerne Tür und sofort prallen die ganzen verschiedenen Laute auf mich.
Ich schaue mich nicht groß um, sondern gehe direkt zur Bar, wo Arthur die Theke wischt.
Es ist ekelhaft warm hier, weswegen ich die Jacke auch nicht ausziehe, da ich sowieso nicht lange bleibe.

"Hey.", ich setze mich auf einen Hocker.

"Na, wo hast du Brandon gelassen?", fragt er, als er aufschaut.

Ich zucke mit den Schultern, "Dachte er wäre schon hier."

"War er, aber nur kurz, dachte er wäre zu dir gegangen.", meint er beiläufig und richtet die Schiebermütze, "Warte, ich hol dir ein Bier.", er dreht sich um und läuft Richtung Leiter.

"Arthur?", er hält inne und dreht sich halb zu mir, "Hast du was stärkeres?"

Er schaut mich kurz mit einem besorgten Blick an und klettert dann die Leiter hoch.

Ich warte nicht lange, da kommt er mit einem kleinen, mit durchsichtiger Flüssigkeit gefülltem Glas zurück und stellt es vor mir ab.

"Ashley.", meint er, als ich das Glas anheben will, "Wenn was ist, dann kannst du immer mit uns reden, ja. Wenn du Zeit brauchst, dann bitte, aber wir sind für dich da.", er seuftzt und verschwindet wieder nach hinten.

Ich kippe den Inhalt mit einem Schluck runter.
Irgendetwas gemischtes.
Hochprozentiges.
Es schmeckt wiederlich.
Mein Hals brennt und ich fange leicht an, zu husten.

"Du bist die zweite Person heute, die was starkes wollte Ashley.", kommt Marta zu mir, "Was ist los mit euch beiden. Hattet ihr Streit?", fragt sie vorischtig.

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt