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"UUÄÄÄÄH! ASH, HAST DU DAS GESEHEN, DAS KANN DOCH NICHT WAHR SEIN!", höre ich Ryan zum hundertsten mal hinter mir meckern.

Seit wir den Wald betreten haben tut er nichts anderes mehr.

"Was ist denn jetzt schon wieder?", ich bleibe kurz stehen und sehe ihn, mit scharfem Blick auf dem Boden, zu mir kommen.

"D-Da war ein Käfer, direkt auf meinem Fuß, einen halben Meter lang, und soooo fett!", er spreitzt seinen Daumen und Zeigefinger so weit es geht auseinander, "Ich glaube er war giftig."

"Sicherlich, was auch sonst.", ich drehe mich lachend wieder um und laufe weiter.

"Können wir ne Pause machen, ich sterbe gleich vor Kohldampf."

"Ryan, so kommen wir nie an, wir machen erst in ner Stunde Pause."

Hätte ich nicht so viel zu schleppen, wäre ich ihn schon längst losgeworden. Aber ich kann die Sachen in den Taschen nicht zurücklassen. Nicht jetzt, wo ich sowieso arm dran bin.

"Ach komm schon, danach laufe ich doppelt so schnell, ich schwörs!"

"Danach gehen wir schlafen, in ner Stunde wird es hier Stockfinster sein, die Baumkronen lassen Abends kein Licht mehr durch.", ich bleibe stehen und drehe mich erneut zu ihm, "Soll ich dir die Tasche abnehmen?", ich strecke meine Hand nach ihm aus.

Er schüttelt kräftig den Kopf, "Es geht schon.", murmelt er und ich erkenne kleine Schweißperlen auf seiner Stirn.

Ich greife nach der Tasche und er lässt einen Träger los, "Die Ganze ist zu schwer für dich."

Ich schaue ihm kurz stumm in die Augen und nehme den anderen Träger in die Hand.
Männer und ihr verdammtes Ego.

"Jetzt musst du aber mit meinem Tempo mithalten.", ich laufe wieder in schnellen Schritten los und ziehe ihn die ersten Schritte mit, bis er sich fängt und wir gleichschnell laufen.

"Erzähl mir was von dir, wo bist du zur Schule gegangen?", fragt er erschöpft.

"Interessiert dich nicht."

"Wie alt bist du?"

"Kommt drauf an, welches Datum wir haben.", ich trete auf einen dünnen Ast, der daraufhin laut kanckst.

Er lacht leise.

"Welche Alter stehen denn zur Verfügung?"

"21 und 22."

"Ah, ich bin auch 22 und das sicher, hab nämlich erst im Winter Geburtstag."

Ich antworte ihm nicht, sondern achte weiterhin auf die Umgebung.

Bisher hatten wir Glück und uns sind nur vereinzelte Zombies über den Weg gelaufen, doch man sollte in der heutigen Welt immer achtsam sein.

"Weißt du, ich finde du hast etwa-"

"Pscht!", ich halte ihm am Arm fest und er bleibt auch stehen.

"Da vorne ist ne Hütte, wenn wir Glück haben, bekommst du dein Essen doch früher.", ich deute zwischen den ganzen Baumstämmen auf ein verstecktes Häusschen.

"Worauf warten wir?", fragt er und will schon gehen, doch ich ziehe ihm am Ärmel zurück.

"Wie hohl bist du eigentlich? Zuerst legen wir die Sachen ab und gehen dann, bewaffnet, rein, um die Lage zu checken, wenn wir Glück haben, holen wir unsre Sachen danach ins Haus."

Er nickt und wir gehen zu einem Baum rüber, der große, herauswachsene Wurzeln hat, um unsere Sachen zwischen den Wurzeln etwas zu verstecken.

Ich hole eine Pistole raus.

Er schaut mich abwartend an.

"Vergiss es. Hol dein Messer raus."

Seufzend holt er es raus und wir schleichen uns zur Hütte.

"Mach du die Tür auf, ich gehe zuerst rein.", flüstere ich ihm zu und er nickt stumm.

Er stellt sich vor die Tür und ich halte mich Schussbereit daneben auf.

Ich nicke ihm zu und er öffnet sie schwungvoll.

Ich richte meine Waffe ins nichts und warte auf einen Angriff.

Ich klopfe mit meiner freien Hand gegen die Tür.

Nachdem auch jetzt nichts reagiert hat, gehe ich ganz in die Holzhütte rein, gefolgt von Ryan.

Der Dielenboden scheint bei jedem Schritt nachzugeben und aufzustöhnen.
Wäre hier jemand hätte man uns schon längst bemerkt.

"Es ist leer, holen wir die Sachen.", höre ich ihn aus einem Nebenraum rufen.

Ich stecke die Pistole wieder ein und laufe zu ihm.

"Okay, keiner da."

Es gibt nur ein kleines Zimmer mit ein paar Küchenmöbeln und ein Bad.

Wir holen schnell die Sachen und legen sie drinne vor der Tür ab, in der Hoffnung, dass es uns irgendwie schützen könnte.

"Ich glaube, die Couch kann man ausfahren.", ich drehe mich zu Ryan, der an den Seiten einer ziemlich alten und abgenutzten Couch rumfummelt, die an der Wand des Zimmers steht.

Ich wende mich wieder zu unseren Sachen um und hole zwei kleine Dosen Raviolisuppe raus.

Ich laufe zu den paar Küchenmöbeln und suche nach Tellern.

"Verdammte Scheiße, wie konnte man hier bitte auch nur eine Nacht bleiben?", ich öffne eine Schublade und hole eine Gabel und einen Teelöffel raus, die bereits oben etwas angefangen haben zu rosten, "Ist doch alles Scheiße.", ich schmeiße sie wieder in die Schublade und schließe sie.

"Ne, nicht alles.", Ryan hebt die Couch etwas an und fährt sie dann aus, "Endlich.", strahlt er.

"Hier, musst mit dem Messer essen.", ich werfe ihm seine Dose zu und wir setzten uns aufs Bett.

Er versucht sie zu öffnen und einen Moment später ist der Verschlussring abgebrochen.

Ich fange an zu lachen, nachdem er ein Loch in den Deckel gestochen hat, woraus jetzt die ganze Suppe läuft.

"Gib das her.", ich nehme ihm die Dose aus der Hand und schneide den Deckel am Rand auf, "Hier.", ich reiße den Deckel endgültig ab und schmeiße ihn achtlos weg.

"Danke.", murmelt er mit erröteten Wangen und beginnt zu essen.

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt