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Ich tauche aufgeregt und hellwach auf.
Immer wieder ziehen mich das sich bewegende Wasser und die schwere Kleidung unter die Wasseroberfläche.
Meine Muskeln krampfen sich aufgrund der Kälte zusammen und mein ganzer Körper fängt an zu zittern.
Ich atme hektisch ein und aus und versuche mich zu orientieren. Sofort fällt mir auf, dass der Zaun ringsum den See beleuchtet worden ist. Alle paar Meter ist ein Licht an ihm befestigt worden, wodurch es mir leichter fallen wird, zu ihm zu schwimmen.
Plötzlich höre ich neben den Wassergeräuschen, dem Wind und das Röcheln der Zombies im Wasser einen Beißer direkt hinter mir.
Panisch drehe ich mich um und schaue in sein verfallendes Gesicht, welches nur einen knappen Meter vor mir nach mir zu schnappen versucht.
Da er aber nicht näher an mich herankommt, fällt mir auf, dass er eine Schnur am Hals hat, welche straff ins Wasser führt sodass er sich nicht frei bewegen kann, was bedeutet, dass alle Zombies hier bewusst an ihrem Platz sind. Als ich mich von ihm weg bewege, spüre ich meine Hände und Füße fast nicht mehr. Überlebensmaßnamen meines Körpers werden eingesetzt. Wenn ich nicht bald das Training abschließe, werden zuerst meine Finger und Zehen absterben. Schwarz anlaufen und dann abbrechen. Mir wird plötzlich wieder heiß, obwohl ich gerade am erfrieren bin. Und dann sterbe ich.

Ich schlucke und schaue mich wieder um, sehe ein paar entfernte Zombies und dann den Jeep auf der Insel. Dann zwinge ich meinen Körper, loszuschwimmen, Richtung Zaun, wo der Jeep hinzeigt.
Ich bin so aufgebracht, dass ich mich mehrmals am Wasser verschlucke und nur knapp den Beißern ausweiche.
Und dann, als ich ungefähr die Hälfte geschafft habe, schneide ich mich an etwas. Erschrocken höre ich auf zu schwimmen und schaue nach hinten, um nach dem Gegenstand zu suchen, weswegen ich jetzt am Bein blute, doch ich sehe nichts außer dem schwarzen Wasser.
Ich weiß nicht, wie tief die Verletzung ist, jedoch spüre ich, dass sie lang ist. An meinem eiskalten Bein brennt der Schnitt entlang meines Schienenbeins wie Feuer und als ich aufgebracht weiterschwimmen will, werden die Geräusche der Beißer plötzlich lauter und gieriger.

Ihre verwesenen Arme versuchen mich zu packen während ich versuche, noch schneller als voher zu schwimmen.
Durch Geruch von frischem Blut hinterlasse ich eine so intensive Spur, als würde ein Leuchtschild mit der Aufschrift "Hier bin ich!" auf mich zeigen. Sie müssen mich nicht einmal gesehen haben bevor sie ihre Arme nach mir ausstrecken, denn sie wissen ganz genau, wo ich mich befinde.

Ich schwimme unkonzentriert immer näher auf den Zaun zu, wobei ich knapp einem Beißer ausweiche.
Ich blicke kurz in seine weißen Augen worin sich das Mondlicht spiegelt und plötzlich höre ich das Klappern von Zähnen hinter mir. Erschrocken drehe ich mich im Wasser und kann gerade noch rechtzeitig die Handgelenke von dem Zombie packen, der mit seinen Zähnen nach mir schnappt.
Ich versuche ihn auf Abstand zu halten und im nächsten Moment ringe ich unter Wasser um mich, um zu entkommen. Ich habe vergessen, dass im Wasser andere Gesetze herrschen. Drückt mich jemand runter kann ich nicht in die Knie gehen, sondern lande wasserschluckend unter der Wasseroberfläche.
Ich tauche einige Meter weiter wieder auf und schwimme sofort wieder los während ich versuche, meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen.

Der Zaun ist nurnoch wenige Meter entfernt  und die Anzahl der Beißer im Wasser nimmt immer mehr ab.
Einen Moment später berühren meine Füße den Grund und sofort schleppe ich mich aus dem kalten Wasser. Sofort geben meine Beine nach und ich breche zusammen.
Beim Schwimmen hat sich mein Körper etwas aufgewärmt, doch durch den kalten Wind und meine durchnässte Kleidung, zittere ich noch stärker und mein warmer Atem wird in der Luft sichtbar.
Ich beobachte einen Moment, wie die Tropfen meiner Haare auf das Gras prallen.
Dann richte ich mich langsam auf.

Ich habe es fast geschafft, nurnoch kurz zusammenreißen, und dann ist es vorbei.

Während ich dem Zaun langsam näher komme, drücke ich meine durchnässten Ärmel aus.

Doch ich sehe keinen Zettel.
Panisch gehe ich einige Meter nach links und nach rechts, es könnte ja sein, dass ich vom Weg abgekommen bin, doch es ist kein einziger Brief am Zaun befestigt.

Verzweifelt falle ich auf die Knie.
Tränen schießen mir in die Augen wodurch mein Gesicht anfängt zu brennen.
Und gerade, als ich mir eine wegwischen will, fällt es mir wieder ein.

Dort, wo du aufgewacht bist, musst du an der anderen Seite den Zaun überqueren, wo der zweite Tipp auf dich wartet.

Mein Kopf schnellt hoch und sofort sticht er mir ins Auge.
Ein weißer Brief, an einem Baum befestigt, hinter dem Zaun.

Langsam schaue ich nach oben.
Ich muss über den Zaun klettern.
Ich richte mich schnell auf und nehme ein paar Schritte Abstand.
Sofort fällt mir der Stacheldraht auf, wodurch meine Hoffnung wieder verloren ist. Er ist zwar nicht hoch, um die drei einhalb Meter, was ich in meiner Verfassung vielleicht noch schaffen könnte, doch der Stacheldraht gibt mir keine Chance.

Ich schlucke.
Es gibt wohl nichtsmehr zu verlieren.
Meine Finger umschließen den Draht und als ich mich das erste Stück hochziehe, spüre ich, wie sich der Zaun in meine Füße gräbt. Mit jedem Stück, das ich höher komme, scheint mich meine Kleidung umso mehr herunterziehen zu wollen.
Ich kann mich bald nichtmehr halten, da ich wieder spüre, wie das Gefühl in meinen Fingern und Zehen nachlässt.
Und dann, endlich, bin ich oben angelangt.
Ich hänge am Rand des Zaunes und versuche angestrengt zu erkennen, an welche Stelle ich mich hochziehen kann, ohne, dass mir der Stacheldraht die Haut zerfetzt.
Als ich spüre, wie ich langsam abrutsche, ziehe ich mich hoch, sodass ich halb auf dem Zaun liege, meine Beine baumeln noch runter und meine Arme schützen meinen Oberkörper vor den Stacheln.

Ich beiße mir feste auf die Lippen und kneife meine Augen zusammen, als ich spüre, wie meine Haut bei dem Kontakt mit den Stacheln nachgibt.
Ich spüre das warme Blut meine Arme herunterlaufen und lasse einen kurzen Schrei heraus.

Dann reiße ich die Augen wieder auf und schaffe es irgendwie auf die rechteckige Stahlstange, die von dem Draht umgeben ist. Von dort aus schaue ich nach unten und entschließe mich kurzerhand zu springen.

Mit Adrenalin zugepumpt richte ich mich leicht auf, doch als ich abspringe, spüre ich einen Ruck an meinem Bein, ein Reißen und mir wird sofort klar, dass ich nicht landen werde, wie geplant.

Noch im selben Moment durchflutet mich der Schmerz an jeder Stelle meines Körpers, ich schmecke noch den metallischen Blutgeschmack in meinem Mund, bis meine Augenlieder letztendlich zufallen und alles schwarz wird.



Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt