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"Also.", übertönt Ryans Stimme das Geräusch des Knackens der Nüsse, "Wie war das bei dir, wie hast dus mitbekommen?"

Ich überlege einen Moment.

"Ich war Zuhause...", mein Mundwinkel zuckt leicht nach oben, "-weinend... in meinem Zimmer, weil ich mich mal wieder mit meinem Vater gestritten habe, als ich die ganzen Sirenen draußen gehört habe.
Ich weiß noch, dass ich zum Fenster gegangen bin und dann die ganzen Militär Wagen gesehen habe, wie sie durch die Straßen gerast sind.", ich schlucke, "Meine Eltern waren bei meinen Nachbaren, die haben nen Spieleabend geschmissen oder so, ich wollte nicht mit, deswegen haben wir uns auch gezofft...", ich halte inne, "Naja und das ganze Militär, die Sirenen- ich wollte rüber, um nach ihnen zu sehen.", ich seufze, "Wir haben am Stadtrand gewohnt. Die Warnungen und Maßnahmen des Militärs kamen zu spät. Ich musste nichteinmal unser Grundstück verlassen, um zu merken, dass es zu spät war. Die Tür meiner Nachbaren war weit aufgerissen und-", ich greife nach einer weiteren Nuss, "Es war ein Massaker. Menschen wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten und die gesamte verfickte Nachbarschaft war dran. Ich hab mich direkt in meinem Zimmer eingebunkert. Tagelang, während draußen die Welt immer mehr verrottete."

Ich schaue zu Ryan, der mich anstarrt und kurz darauf schluckt.

"Das ähm, das tut mir echt Leid."

Ich nicke und schiebe die Messerklinge in die Rille der zwei Nusskammern.

"Bei mir war es-", Ryan stockt, schaut zu mir rüber und nimmt sich stumm eine neue Nuss.

"Erzähl schon.", lächle ich.

"Okay, ähm, ich hab dir ja schon erzählt, dass ich mit meinem Vater im Hotel war, weil es ja eröffnet wurde und da hab ichs dann auch durch die Nachrichten erfahren. Naja als es dann ernst wurde haben mein Vater und ich uns in die Suite eingeschlossen. Irgendwann wurden die Lebensmittel dann knapp, er ist gegangen und hat alles, was in der Suite war, nach und nach mitgebracht.", er schluckt, "Bei mir wars nichts so schlimm wie bei dir, er ist an einem Tag einfach nicht mehr nachhause gekommen."

Er ist tot.

"Ryan, vielleicht hat er doch-"

"Nein hat er nicht, du kanntest ihn nicht.", er entfernt betrübt die Schale von der Nuss.

Eine Weile lang herrscht Stille, was mir um einiges lieber ist, als persönliche Gespräche mit einem Typen zu führen, den ich nichteinmal richtig kenne.

"Gib mir noch paar von deinen, hab alle meine geknackt.", er hält seine große Hand offen vor mir und ich gebe ihm noch ein paar.

Es entsteht wieder Stille, bis ich nach ein paar Minuten zu Ryan gucke, da aus seiner Richtung ab und zu ein komisches Geräusch kommt.

"RYAN!"

Er schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und kaut weiter.

"Verdammte Scheiße man, wie viele hast du gegessen?", ich nehme ihm die Walnüsse aus der Hand, die er gerade in seinen Mund schieben wollte, und lege sie zu meinen.

"Weisch nischtt, acht?", zuckt er, mit vollem Mund, mit den Schultern.

Ich verdrehe die Augen und hole meine letzte Walnuss aus ihrer Schale, die ich zu den anderen lege.

Ich packe sie in einen Müllbeutel ein und lege ihn anschließend auf der Arbeitsplatte der Küche. Die Schalen sammle ich grob auf und schmeiße sie vor die Tür.

"Komm, wir gehen schlafen.", ich ziehe meine Schuhe aus und schmeiße mich auf die ausgefahrene Couch.

"Was ist mit essen?"

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt