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Ich höre Ryan neben mir husten, während ich immernoch auf die dunkle Feuerstelle starre.

Dann geht er vor mir zu Boden.
Ich drehe meinen Kopf zu ihm.

Er zittert ununterbrochen und fängt an, seine Schuhe auszuziehen.

"Z-Zieh die nassen Sa-Sachen a-aus.", bringt er hervor und wirft die tropfenden Socken zu den Schuhen.

Als er dann anfängt, sich mühevoll den Sweatshirt vom Leib zu ziehen, setze ich mich langsam hin.

Da, wo ich gelegen habe, ist eine kleine Pfütze von dem Schnee, der geschmolzen ist.
Vermischt mit meinem Blut.
Ich ignoriere es, da ich immernoch keinerlei Schmerzen an meiner Hand spüre und ziehe auch zuerst die Schuhe aus. Als ich aber dann nach einiger Zeit zum Strickpullover kommen will, fällt mir auf, dass er fast festgefroren ist.
Die Falten folgen nichtmehr dem Gesetz der Schwerkraft und ich muss ihn beim Ausziehen zurechtbiegen, um mich befreien zu können.

Sofort spüre ich eine Erleichterung als ich ihn zu den anderen Sachen schmeiße, lege aber meine Arme um meinen Körper, da ich noch nicht weiß, ob es so kälter oder wärmer als voher ist.

"Schaffst dus hoch?", frage ich mit schwacher Stimme.
Das Zittern hat schon lange aufgehört bei mir.

Er schüttet den Kopf.

Ich schlucke.

Er rutscht zur Couch rüber, wo er seine Schlafdecke packt und damit dann wieder zu mir kommt.

Dann ziehen wir auch die Hosen aus, was definitiv am längsten von allem dauert.

Er wickelt die Decke sogut es geht um uns und legt dann einen Arm um mich.
Seine Haut ist eiskalt.
Ich schaue zu ihm hoch.
Seine Augen sind rot und man sieht die dünnen Adern um sie herum.
Seine Lippen sind blau und trocken.
Und viele, dünne Kratzer zieren seine blasse Haut.

Er zögert noch einen Moment, bis er die Decke von sich nimmt und nach vorne zum Kamin kriecht.

Ich sehe von hier, wie er Probleme damit hat, ein Streichholz an zu zünden und gehe daraufhin zu ihm.

"Leg schonmal das Feuerholz rein.", ich nehme ihm die Streichhölzer ab, während er das Feuerholz in den Kamin legt und mir dann einen Anzünder von denen gibt, die die Familie hinterlassen hat.
Die wir nur für Notfälle benutzen wollten.
Ich zünde ihn an und lege ihn zwischen das Holz.

Dann rücken wir ein Stück zurück und er deckt uns wieder zu.

Nach kurzer Zeit wird das Knistern lauter und die Wärme breitet sich aus.
Die Ecke ist in goldgelbes Licht getaucht und ich atme erleichtert aus, als ich langsam meine Fingerspitzen und Zehen wieder zu spüren bekomme.

"Danke Ash.", er schaut mich von der Seite an.

Ich schaue ihn nicht an.

"Dass du mi-mich gerettet hast. Aber das hättest d-du nicht tun dürfen."

Er versteht es nicht.
Er merkt nicht, dass ich lieber garnicht, als ohne ihn leben würde.

"Hey", er fässt mir ans Kinn und dreht meinen Kopf zu sich, sodass ich ihm in die Augen schauen muss, "Tu das nie wieder, okay. Das ist es nicht wert.", sagt er dann mit fester Stimme.

Ich fasse ihn am Handgelenk, "Halt die Klappe."

Er öffnet seinen Mund, um etwas zu sagen, als er den Blickkontakt abbricht und auf sein Handgelenk starrt.

Er lässt von meinem Kinn ab und senkt langsam den Arm.

Als ich dann verwirrt hinschaue, fällt es mir wieder ein.

Just stay aliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt