Zweifel

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Kapitel 81

Zweifel

Bedenken; schwankende Ungewissheit darüber, ob man etwas glauben soll oder ob etwas richtig ist


Sie gingen hoch und Hermione zeigte seiner Mutter, wo sie schlafen konnte. Doch Draco ließ Hermiones Hand nicht los. Er ließ sie nicht los und als sie endlich im Schlafzimmer waren, drückte er sie wieder an sich, als könnte sie versuchen vor ihm zu flüchten. Er wusste nicht, ob sie es würde. Ob er vor sich selbst nicht flüchten würde.

Draco hatte Angst. Es war eine Angst die Größer geworden war, umso mehr er darüber erfahren hatte, was eine magische Verbindung zur Seele alles bewirken konnte. Es war fast ein Segen gewesen, als das Wissen darum nicht mehr gewesen war als ein namenloser abstrakter Gedanke. Doch heute war die Angst plötzlich real geworden.

Normalerweise war eine Seele intakt, homogen und unantastbar. Es war nicht möglich eine magische Verbindung zu einer Seele aufzubauen. Aber der Mord und das Einhornblut hatten dafür gesorgt, dass sich Magie darin festsetzte. Das sie Teil seiner magischen Identität wurde und so konnte der Dunkle Lord ihn orten. Vorbei an allen Schutzzaubern. Vorbei an jedem Schutz, indem er direkten Zugang zu der Magie hatte, die seiner Seele innewohnte. Wahrscheinlich war das auch einer der Gründe, warum er so problemlos die dunklen Künste beherrschte.

Vielleicht hätte er mit all dem Leben können. Es war keine ganz neue Information. Aber allein der Gedanke, dass diese Magie seine Emotionen manipulieren könnte, jagte ihm Angst ein. Mehr Angst, als er sich eingestehen konnte. Bis jetzt hatte er alles, was er getan hatte, damit gerechtfertigt, dass es sich einfach gut anfühlte. Lust, Schmerz, Unterdrückung, Demütigung. Es hatte sich alles gut angefühlt. Aber was, wenn er nichtmehr rational Denken konnte, was das betraf. Was wenn seine Gefühle an sich bereits korrumpiert waren.

Draco vergrub sein Gesicht in Hermiones Haaren und das erste Mal in seinem Leben verstand er wirklich, was es bedeutete, an seinem Verstand zu zweifeln. Verrückt zu werden. Wie viel konnte er sich noch selbst trauen?

„Du denkst zu viel nach", sagte Hermione plötzlich und schreckte ihn aus seinen düsteren Gedanken auf.

„Was wenn ich meinem Urteilsvermögen nichtmehr trauen kann", sprach Draco seinen größten Horror aus.

Hermione rutschte etwas von ihm weg. Griff nach seinen Händen und sah ihn an. Sie wirkte so wahnsinnig gefasst. So ruhig im Gegensatz zu dem Sturm der in ihm tobte.

„Das wahrscheinlich dümmste, irrationalste und am wenigsten Sinnvolle, was du jemals getan hast, war, sich in mich zu verlieben. Die dunklen Künste können mit diesen Emotionen nichts anfangen. Der Dunkle Lord versteht die Liebe nicht. Das hat Harry gesagt und Harry meinte, dass das seine größte Schwäche ist. Deshalb Draco, egal was diese Magie mit dir tut. Sie hält dich nicht davon ab Gefühle zu haben. Liebe, Schuld, Reue und Vertrauen zu empfinden. Das allein ist wichtig. Verstehst du, was ich meine?"

„Ich empfinde Lust dabei dich vor Schmerz weinen zu sehen", erwiderte er und jetzt, wo er es aussprach. Hörte es sich einfach nur falsch an. Alles daran hörte sich falsch an.

Hermione schien einen Moment zu zögern, was sie sagen sollte. Dann reckte sie die Schultern und griff seine Hände fester.

„Ich empfinde Lust dabei, wenn du mich demütigst", sagte sie. Sie zögerte, blickte aus dem Fenster und Draco sah ihr Gesicht im halbprofiel. Nur das Mondlicht fiel herein und hüllte ihre feinen Gesichtszüge in eine fast schon surreale Schönheit.

„Der Schmerz macht mir nichts aus. Ich brauche ihn nicht. Aber er ist Teil davon mich dir zu unterwerfen. Deshalb genieße ich ihn. Ich glaube nicht, dass es wirklich möglich ist zu differenzieren, wo die Grenze ist. Zwischen Schmerz, Lust, Demütigung und Unterwerfung."

Surreale ZeitschleifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt