braune Augen

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Schnell zog ich mich an. Meine Haare band ich hinauf zu einem Dutt, damit sie nicht auf die frischen Sachen tropften. Ich ging aus dem Zimmer und lief die Treppe hinunter. Kurz bevor ich am Fußende der Treppe ankam konnte ich schon die Stimmen meiner Eltern hören. Meine Vater lachte aus vollem Halse und meine Mutter hörte sich hingegen sichtlich verzweifelt an. Ach Mama.

„Also ich find das überhaupt nicht lustig. Jetzt sein doch einmal ernst." Doch anstatt, dass mein Vater tat was sie sagte, begann er noch lauter zu lachen. Er schien schon beinahe zu ersticken. 

„Martin! Reis dich zusammen." Man hörte in der Stimme meiner Mutter bereits die Andeutung eines Lachanfalles.

„Tut mir wirklich Leid...hahahaha...Aber du bist einfach zu süß, wenn du dich aufregst und deine Wangen dann immer tiefrot werden." Ich hatte mich hinter eine Wand gestellt und beobachtete meine Eltern unauffällig. So wurde ich Zeuge, wie meine Mutter durch die Erwiderung meines Vaters rot anlief, aber diesmal anders als zuvor, als sie noch etwas wütend auf meinen Vater war.
 
„Jetzt ist aber mal Schluss." Meine Mutter versuchte ernst zu bleiben, doch ihr war deutlich anzusehen, dass sie nicht unbedingt wenig angetan war, von dem was mein Vater zu ihr gesagt hatte. Ohh Gott, die Flirten doch nicht mit einander, oder?

Bevor die Situation in eine Richtung ging, die ich nicht mit ansehen wollte ging ich um die Ecke und gab mich zu Erkennen. Ich versuchte allerdings so zu tuen, als wäre ich gerade erst um die Ecke gekommen. Meine Mutter hatte es sich in der Zwischenzeit auf dem Schoß meines Vater bequem gemacht. Er hatte seine Arme leicht um sich gelegt. Als ich um die Ecke kam versteifte sich meine Mutter etwas und auch mein Vater wirkte etwas ertappt. 

„Hallo, mein Schatz. War die Wanne angenehm?" Mein Vater lächelte schief und gab meine Mutter schließlich frei. Wieso heute so gut gelaunt?

„Ja, warm und wohlig." Ich ging zum Tisch, gab aber zuvor meinem Vater einen kurzen Kuss auf die Wange. Er lächelte mir zu und erhob sich dann vom Tisch. Er schlenderte vergnügt zu meiner Mutter und half ihr bei den restlichen Vorbereitungen fürs Essen. Wo war eigentlich Anita?

Wie aufs Stichwort kam sie nun zur Tür hinein und ging zu meinen Eltern in die Küche.

„Kann ich ihnen helfen, Madam?" Anitas Stimme war wie immer äußerst warm und höflich. 

„Nein Anita. Passt schon. Setzt dich doch hin und iss mit uns." Anita lächelte und setzte sich zu mir an den Tisch. Sie blieb allerdings nicht lange sitzen, sonders sprang so gut wie sofort wieder auf und begann den Tisch fertig zu Decken, ein paar Blume legte sich auch dazu.

Das Essen duftete und sollte augenscheinlich auch wunderbar Schmecken, doch ich konnte mich nicht so recht auf das Essen konzentrieren. Es schwirrten mir einfach zu viele Gedanken im Kopf herum und das Bewusstsein, dass ich ihnen zumindest vorerst nichts davon sagen konnte, begann langsam aber sicher an meinem Gewissen zu knabbern. Ich stocherte in meinem Essen und hin und wieder wanderte etwas davon in meinem Mund, doch meine Geschmacksnerven waren taub.

„Wie lief eigentlich der Wettbewerb, mein Schatz?" Meine Mutter riss mich mit ihrer Stimme aus meinen Kampf mit meinem Gewissen heraus.

„Ähm...Es lief eigentlich ganz gut. Wir haben im Gesamtrating den 3. Platz belegt." Meine Mutter begann zu strahlen. Am besten ich erzähle ihr vorerst nichts von meinem kleinen Kollaps beim Sprung. Juhu noch ein Geheimnis mehr vor meinen Eltern. 

„Das ist ja fantastisch, mein Schatz. Vielleicht nimmt dich Mrs. Librer jetzt wieder fix ins Team." Die Stimme meiner Mutter wurde von Enthusiasmus überlagert. Ich wäre mir da ja mal nicht so sicher.
Ich wollte etwas erwidern, doch da klingelte dann plötzlich das Handy meines Vater. Er wischte sich den Mund mit einer Serviette ab und erhob sich dann vom Tisch. Während er zu seinem Handy ging schluckte er noch schnell den letzten Bissen runter.

„Barber." Die Stimme meines Vaters klang nun deutlich kühler, als wenn er sonst mit uns sprach. Ich sah ihm zu, wie er dem Gegenüber lauschte und sein Blick langsam zu gefrieren begann. Er erwiderte etwas und verließ dann den Raum. Meine Mutter sah ihm noch kurz nach und begann dann weiter zu essen. Irgendetwas liegt doch in der Luft.

Nach einer Weile hatte ich es satt Essen in mich rein zu Schaufeln, auf das ich nicht wirklich Lust hatte. 

„Mama, ich hab keinen Hunger mehr. Darf ich auf mein Zimmer?"

„...Gut, wenn du keinen Hunger mehr hast, aber Räum doch bitte dein Geschirr vorher weg." Ich nickte und stand dann auf. Den Teller und mein Besteck zusammen mit meinem Glas räumte ich in den Geschirrspüler. 
Müde schlich ich die Treppe dann wieder hoch. Das war ein anstrengendes Wochenende. 

Die Ereignisse waren mir wirklich an die Substanz gegangen. Das was ich jetzt am Meisten brauchte war etwas ruhigen Schlaf und eine Entscheidung im Zuge auf meine Momentane Situation. 
Meine Tür quietschte schwer, als ich sie müde aufstieß. Ich ging direkt zu meinem Schrank und nahm mir ein altes Shirt von meinem Vater, dass war so lange, dass ich mir die Hose dann meisten sparrte. Bin ja nur ich hier im Zimmer. 
Ich kroch langsam unter meine Decke. Ach endlich wieder im eigenen Bett.

Eigentlich hatte ich damit gerechnet sofort einzuschlafen, doch ich lag noch, ich weiß nicht wie lange wach und starrte an die Decke. Na ganz toll!
Ich drehte mich im Bett herum und mein Blick fiel auf meine Reisetasche. Ich sollte sie mal auspacken.

Die Jacke kam mir wieder in den Sinn und mit ihr Gabriel und mein bevorstehendes Schicksal als Mutter. Ich muss es jemanden erzählen. Irgendjemand. Ich muss irgendjemanden von all dem erzählen sonst dreh ich noch durch oder mein Gewissen frisst mich bei lebendigen Leibe auf.

„Wem soll ich das denn erzählen. Ich hab ja keine Freunde mehr." Seitdem Sarah weg ist.

Der nächste Schultag würde anstrengen werden, da war ich mir ganz sicher. Nina würde mir in den nächsten Tagen an allem die Schuld, nur auf der Tatsache begründet, dass ich beim Wettbewerb einen Zusammenbruch hatte. In der ersten Stunde hatten wir heute Geschichte, wie immer saß ich als erste und einzige in der Klasse. Ich hatte meine Kopfhörer in den Ohren und mal wieder Anna Blue ganz laut aufgedreht, weshalb ich nicht sofort mitbekam, wie sich jemand ins Klassenzimmer bewegte.

Hahahaha

Das hohe Lachen ließ mich zusammenzucken und ich schmiss aus versehen mein Federpinal auf den Boden. Die Stifte flogen Lauthals heraus und ließen mich erneut zusammenzucken. Ich riss die Hörer aus meinen Ohren und sprang beinahe auf den Boden. Meine Stifte waren bis zum Lehrerpult gerollt. Wie ein Hund kroch ich über den Boden und sammelte währenddessen meine Stifte ein. Eine Hand tauchte plötzlich in meinem Blickfeld auf. Zwischen ihren Fingern befanden sich ein paar meiner Stifte. Ich sah nach oben und blickte in zwei dunkel braune Augen. 


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