Der letzte Tropfen

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Jeder Tag schien es mir einwenig schwerer zu machen weiter zu kämpfen. Es war einwenig so, als würde sich ganz langsam und bedächtig eine Schlinge immer fester um meinen Hals schlingen. Die Luft um mich herum wurde immer dünner und langsam aber sicher würde mir endgültig der letzte Atem geraubt werden. 

Jede einzelne Stunde dieser Woche verging schleppend. Das Wochenende war nicht wirklich besser. Ich zwang mich aus dem Zimmer und erneut mit meiner Mutter zum einkaufen, diesmal zum Babymöbel besorgen. Wie ein Schatten lief ich meiner Mutter hinterher, wenn sie sich von etwas begeistert zeigte nickte ich und versuchte, so gut ich es noch konnte zu lächeln, doch ich bemerkte langsam wie leid ich das alles war. Ich will nicht mehr.


Die nächste Woche brach an und alles wurde noch um einen Ticken schlimmer. Ihr Bruder war immer noch nicht aufgewacht, weshalb Briseis wieder etwas mehr Zeit im Krankenhaus verbrachte. Sie rief mich aber jeden Tag an. Nina wurde in der Zeit sehr kreativ. Ihre Posts immer etwas poetischer, die Kommentare allerdings nicht. Den eventuellen Höhepunkt erreichten die Qualen in der nächsten Turnstunde.

Ich hatte etwas verschlafen und wurde deshalb von meiner Mutter zur Schule gebracht, wieder lächelte ich. Bedächtig lief ich die Treppen zum Turnsaal hinunter. Die Tür zur Garderobe war angelehnt. Langsam schob ich sie mit zitternden Händen auf. Mit einem mal verstummten darin die Stimmen und alle Blicke richteten sich auf mich. Meine Lunge drückte sich schmerzhaft zusammen. Langsam setzte ich einen Schritt vor den anderen und lief durch einen Tunnel, deren Blicke mich drohten in die Knie zu zwingen. Ich lief zu dem Ende einer Reihe und begann meine Sachen langsam auf einer der Harken, die mit einer Eisenstange an der Bank befestigt war, zu hängen. 
Plötzlich spürte ich, wie sich eine kalte Hand von hinten auf meine Schultern legte. Ich zuckte zusammen und drehte mich in einer schnellen Bewegung herum, hinter mir Nina. 

„Hallo Miriam." Ihr Lächeln war finster. Hinter ihr begannen sich langsam die anderen Mädchen aus meiner und auch der Parallelklasse zu sammeln. Ninas Hand ruhte immer noch auf meiner Schulter und ihre Finger begannen sich langsam in meine Haut zu bohren. Ihre Hand zog mich mit einem Ruck näher an sich heran und ich konnte ihr abscheuliches Lächeln von nahem betrachten, dann stieß sich mich wieder von sich weg. Ich stolperte nur einwenig und stieß aber so mit den Beinen gegen die Bank. Meine Knie knickten ein und ich fiel mit dem Kopf gegen einen der Hacken. Es ertönte ein dumpfer schlage und ich schrie. Es tat höllisch weh. Hinter dem dumpfen Klopfen in meinem Kopf hörte ich nun die anderen lachen, dann krallten sich erneut Hände in meine Sachen, diesmal war es allerdings nicht Nina, sondern Sarah. In ihren Augen konnte ich sehen, wie die Wut brannte, dennoch konnte ich auch spüren wie ihre Hände zitterten. Jetzt zweifelst du?

„Sarah, mach es! Sie hat dich verraten...uns beide!" Sarah zog mich mit Gewallt von der Bank und schmiss mich wie alte Sachen auf den Boden. Ächzend holte ich Luft. Bei dem Sturz war ich auf den Rücken geflogen, da ich versucht hatte meinen Bauch zu schützen. Mein Kopf begann noch etwas stärker zu brummen. Die Mädchen hatten sich in einem Kreis um Sarah, Nina und mich aufgestellt und begann tatsächlich zu jubeln und die Hitze in der Luft noch mehr anzufachen. 
Ich spürte wie sich Arme unter meine krallten und mich gegen meinen Willen hochzogen. Mein Körper zitterte, als ich zusah wie Nina auf mich zukam. Sarah stand immer noch am selben Fleck, rührte sich allerdings nicht mehr. Nina schien enttäuscht und gleichzeitig auch wirklich wütend. In ihrer Hand sah ich etwas aufblitzen. Aus Panik begann ich wie wild zu zappeln und konnte auch nicht mehr länger schweigen.


„Lasst mich los! Ihr spinnt doch alle!" Immer wilder begann ich zu zappeln, doch auch immer mehr Menschen sammelten sich um mich herum und hielten mich mit aller kraft weiterhin an Ort und stelle, dann plötzlich hörte ich wie es laut klatschte. Kurz darauf begann eine hälfte meines Gesichtes zu brennen. Sie hat mich geschlagen!

„Sei ruhig du Schlampe!" Schrie mir Nina direkt ins Gesicht.

„Ihr seit doch nicht ganz dicht." Aus meinem Mund klang es beinahe so, als wäre ich erst jetzt zu dieser Erkenntnis gelangt. Nina schienen meinen Worte nicht zu gefallen. Ich konnte beobachten, wie sich die Wut begann mehr und mehr in ihre zu sammeln. 
Plötzlich fuhr ihre Hand wieder hervor und sie zog mein T-Shirt nach oben. 

„Lass das!" Nina ließ sich von ihrer Idee allerdings nicht abbringen.

„Du hast so viele Fans, da wollen wir den doch auch mal was zeigen. Jeden interessiert es blenden was du so zu bieten hast." Mit einer schnellen Bewegung schaffte es Nina, trotz meiner erwachten Gegenwehr, mir mein T-Shirt über den Kopf zu ziehen. Um mich herum wurde es dunkel. So gut es ging zappelte ich weiter, doch nun schien das niemanden zu stören. Ich hörte einfach nur wie sie weiter lachten.
 
„Zier dich nicht so! Sonst stört es dich ja auch nicht mit anderen Männern zu flirten, so wie du es auch bei Sarahs Freund gemacht hast!" Lügner! Lügner!

„Ihr seit wahnsinnig, komplett gestört!" Plötzlich ließen die Arme locker und ich sackte lose zu Boden. Schnell zog ich mir das T-Shirt wieder vom Gesicht. Alle hatten sich wieder zu ihren Sachen gestellt, als plötzlich die Tür wieder aufging.

Zitternd und sicherlich noch blass saß ich am Boden, als meine Lehrerin reinkam. Sie fragte nicht was los war, wie sie es hätte sollen. Für einen Moment sah sie mich einfach nur an und schien zu überlegen. Ich wartete gar nicht auf eine Reaktion, sondern stand langsam auf und lief mit zitternden Beinen zu meinen Sachen. Ich packte alles zusammen und ging zu der Lehrerin.

„Ich fühl mich nicht so gut...ich fahr heim. Die Entschuldigung bring ich nach." Ich drängte mich mit meinen Sachen auf dem Arm an ihr vorbei. 

„Willst du nicht zum Schularzt gehen?" Ich schüttelte den Kopf und lief einfach weiter. Mit jeden Schritt wurde ich schneller, bis ich förmlich aus dem Gebäude herausstürmte. Schüler schauten nicht schlecht. Mit zitternden Gliedern schlüpfte ich in meine Jacke, da ein beinahe eiskalter Wind um meinen Körper blies. Langsam lief ich weiter und rang mit mir selbst. Soll ich jetzt heimfahren? Ich könnte auch weiter durch die Stadt laufen. Keine Ahnung was die bessere alternative ist.

Schließlich lief ich wieder zu Bus. Vor der Station befand sich eine Bank, auf die ich meinen zitternden Körper sinken ließ und versuchte nicht zu weinen.

Anita war wie erwartet zuhause und schaute nicht schlecht, als ich in das Haus ging. Wie auch meiner naiven Turnlehrerin erzählte ich ihr, dass ich mich nicht gut fühlte und deshalb wieder nach Hause gefahren war. Anita fühlte sich natürlich sofort alarmiert und verbannte mich schon beinahe auf mein Zimmer.
An dem Tag hätte ich von der Menge her vielleicht sogar in Tee baden können. Irgendwann gegen Abend betrat meine Mutter mein Zimmer. In ihrer Hand hielt sie eine Tasse Tee. Ihr Blick schien besorgt. Es tut mir leid...

Hallo mein Schatz...wie geht es dir." So gut es ging versuchte ich wie immer zu lächeln.

„Ganz gut" Sie nickte und kam näher auf mich zu. 

„Am besten du bleibst morgen zuhause. Nicht dass du noch etwas schlimmes ausbrütest." Ich nickte. Langsam ließ sich meine Mutter neben mir auf das Bett nieder und hielt mir die Tasse mit dem Tee entgegen.

„Hier mein Schatz. Ich hab noch etwas Tee gefunden und mir gedacht, dass er dir ja nicht schaden kann." Langsam nahm ich den Tee entgegen und genoss die Wärme, die langsam durch meine Haut sickerte. 

„Danke Mama." Sie lehnte sich noch näher zu mir und hauchte mir einen zarten Kuss auf die Stirn.

„Gerne mein Schatz. Ruh dich etwas aus, dann geht es dir auch bald wieder besser." Ich nickte wieder. Mit einem seufzten erhob sich meine Mutter wieder von meinem Bett, bevor sie allerdings mein Zimmer verließ drehte sie sich noch einmal um. Ihr schien wieder etwas in den Sinn gekommen zu sein.

„Übrigens sind die Möbel heute angekommen und ich hab mir gedacht, dass wir die ja morgen zusammenbauen könnten." Beinahe schon hoffnungsvoll sah sie mich an.

„Ja gerne." 


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