Dich!

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An jenem, man könnte schon fast sagen schicksalhaften letzten Schultag, stand ich, obwohl es nicht nötig gewesen wäre, schon um halb sechs auf. Ich konnte einfach nicht mehr schlafen und beschloss es deshalb aufzugeben. Stattdessen schlüpfte ich in meine schwarze Jogginghose und eine Weste. Leise schlich ich mich aus dem Haus. Anita kommt ja erst in einer Stunde.
Meinen Hausschlüssel ließ ich in meine Hosentasche sinken und lief bequem den Weg entlang. Wie lang hab ich eigentlich geschlafen. Drei Stunden oder vielleicht vier dürften es so ungefähr gewesen sein. Ich sollte auf jedenfall mehr schlafen in den Sommerferien. Schlafmangel ist sicher auch nicht sehr gesund für das Kind.
Ich lief wieder zu der Wiese, auf der ich mich so gerne aufhielt, wenn ich versuchte mir über etwas klar zu werden. Das Gras war vom Morgentau noch etwas feucht und klebte deshalb überall an meinem Körper. Ich setzte mich dennoch ins Gras und zog die Beine etwas näher an meinen Körper. Meine Arme schlang ich um meine Beine, zumindest so gut es ging. Das Kind schien gerade mit meinen Organen Tetris zu spielen, weshalb mein Magen sich bei mir lautstark zu beschweren begann.
Es ging ein sanfter Wind, der meine Haare etwas herum wirbelte. Ich versuchte meine Gedanken etwas schweifen zu lassen, doch so recht gelang mir das nicht. Zwei Monate lang hätte ich jetzt ruhe,...doch wenn die Schule dann wieder anfängt, dann bin ich bereits etwa im 6 Monaten schwanger und dann werde ich es nicht mehr lange verbergen können. Das wird hart. Hoffentlich breche ich nicht zusammen. Für mein Kind muss ich einfach stark sein, auch wenn es mir meine Klasse nicht einfach machen wird.
Langsam senkte ich meine Beine und legte meine Hand auf meinen Bauch. Erst jetzt viel mir dabei auf, dass etwas sich anders anfühlte, als zuvor. Ich konnte nicht genau beschreiben was es war, doch ich beschloss wieder nach Hause zu gehen und mir das mal genauer anzusehen. Es war zwar keiner in der nähe, dennoch fühlte ich mich unwohl dabei in der Öffentlichkeit mein T-Shirt hochzuziehen.
Ich sprintete nach Hause und öffnete langsam und vorsichtig die Tür. Im Flur war es noch still und dunkel. Gut! Es schlafen alle also noch.
Langsam schlich ich durch den Flur und die Treppe hinauf. In meinem Zimmer angekommen schloss ich erstmal die Tür und begann nach meinem Spiegel zu suchen. Als ich etwas jünger war, so etwa 12 stand in meinen Zimmer eigentlich immer ein großer alter Standspiegel, der meiner zweiten Oma gehört hatte. Als dann aber das Mobbing anfing und ich begann mich immer unwohler in meinem Körper zu fühlen, hatte ich ihn weggestellt und ein Tuch darüber gehängt. Ich konnte mich einfach nicht mehr andauernd in den Spiegel sehen, mit der Zeit hatte ich es zwar geschafft wieder in den Spiegel zu sehen, doch den Standspiegel hatte ich nicht mehr hervor geholt.
Ich brauchte ein Weile, doch dann fand ich das Versteck. Zwischen meinem Kasten und einer Seitenwand war ein Hohlraum und darin etwas großes in Stoff gehülltes. Ein paar Sachen musste ich zwar zur Seite räumen, doch dann schaffte ich es den Spiegel hervor zu räumen. Das war mehr Arbeit als erwartet.
Ich schob den Spiegel neben die Tür und zog das staubige Tuch herunter. Eine Staubwolke begann aufzusteigen und ich musste husten, als der Staub in meine Lungen drang. Unter dem Tuch kam schließlich ein komplett unversehrter Staubfreier Spiegel zum Vorschein. Eigentlich komisch, dass ich ihn nie auf den Dachboden oder so geräumt hatte. Stattdessen verstaubte der Spiegel nun schon Jahre lang in meinem Zimmer unter einem weißes Laken.
Mit einer Hand strich ich über den hölzernen Rand. Das Zeichen einer gebrochenen Seele. Ich versuchte das Gefühl der Melancholie zu unterdrücken und stellte mich vor den Spiegel. Einmal atmete ich noch tief durch und zog dann die Weste und das T-Shirt aus. In Jogginhose und BH stand ich nun vor dem Spiegel und betrachtete meinen Bauch. Ich drehte mich zur Seite und tatsächlich begann sich eine Art kleine Kugel nun von meinem Bauch abzuheben. Man sah es eigentlich kaum, doch die Stelle war etwas härte, als der Rest. Hier wächst du also heran.
Die Frauenärztin hat bei meinem letzten Besuch damals gemeint, dass es jetzt schon durchaus passieren kann, dass ich die Bewegungen des Babys spüre. Ich betrachtete weiter meinen Bauch und entdeckte nun auch schon ganz leichte und dünne Streifen entlang meines Bauches, es sah aber mehr so aus, als hätte ich etwas zugenommen. Auch meine Hüften und Oberschenkel begann etwas mehr Masse anzulegen, so das im ganzen meine Figur etwas weiblicher aussah, als zuvor.

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