Mamas Babys

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„Du darfst niemanden davon erzählen." Ich sah ihren erstaunten Blick und sah sofort ich ein, dass mein Ton vielleicht etwas zu forsch war. 

„Es muss wirklich nicht jeder Wissen, dass ich in den Busch gekotzt habe. Ich habe schon genug Probleme." Die letzte Worte flüsterte ich nur und bekam dafür einen leicht verwirrten Blick, doch dann nickte sie.

„Ist okay. Ich versteh das." Ich gab ihr ein dankbares Lächeln, zumindest hoffte ich, dass es so ankam. Sie erwiderte mein Lächeln und sah dann kurz hinter sich. Ich drehte mich währenddessen um und begann mich von dem Ereignisort weg zu bewegen. Kurz drehte ich mich noch einmal nach hinten, um mich kurz noch bei ihr zu bedanken. Allerdings war sie verschwunden. Wie konnte sie so schnell...?

Am nächsten Tag war ich total fertig. Ich hatte nur wenig geschlafen, da ich die meiste Zeit mit meinem Gewissen kämpfte. Im Bus saß ich halbschlafend in der letzten Reihe und lehnte meinen Kopf gegen die kühle Fensterscheibe. Meine Lieder flatterten immer wieder und die Welt um mich begann sich in einen leichten Nebelschleier zu hüllen. Nur ein paar Minuten.
Du musst wieder aufwachen.

Und was ich, wenn ich nicht will.

Dann kommst du vielleicht nicht mehr in die Realität zurück.

Mein Kopf rutschte von meiner Hand, die ihn stützte, runter und sackte ruckartig nach unten. Ich riss die Augen auf und sah mich im um. Der Bus hielt gerade an meiner Station. Schnell packte ich meine Sachen zusammen und stürmte aus dem Bus. Eine halbe Stunde später betrat ich dann schließlich das Schulgebäude. Es waren noch kaum Schüler im Gebäude und erstrecht nicht in meiner Klasse. Langsam setzte ich mich an meinen Platz und sah aus dem Fenster. Die Aussicht war immer gleich, egal welche Jahreszeit, egal welche Tageszeit. Tag um Tag sah ich immer wieder auf die alten Gebäude. Die Farbe an den Fassaden bröckelte teilweise bereits ab und ließ die Gebäude noch älter aussehen. Nicht oft, aber doch immer wieder fuhr ein Auto vorbei und hin und wieder sogar ein Mensch.

Zunächst war es mir nicht aufgefallen, doch auf der anderen Straßenseite, genau gegenüber meiner Schule, stand jemand. Ich konnte die Person nicht genau erkennen, also lehnte ich mich etwas vor und versuchte die Person an zu fokussieren. Plötzlich legte sich allerdings eine Hand auf meine Schulter. Ich zuckte zusammen und drehte mich sofort um.

„ Hey! Geht es dir heute wieder besser. Briseis.

Sie stand nun direkt vor mir und lächelte mich freundlich an. Ihre Hand nahm sie langsam wieder von meiner Schulter.

„Hey..., ja es geht mir schon wieder gut. Mir lag nur etwas schief im Magen." Ich erwiderte ihr Lächeln und sah wieder durch das Fenster, doch die Person war wieder verschwunden. Das kommt mir bekannt vor.
Langsam glitt ich wieder auf meinen Stuhl und sah wieder zu Briseis. Sie sah mich forschend an, begann aber dann sofort wieder zu lächeln.

„Dann ist's ja gut." Sie drehte sich um und wieder zu ihrem Platz. Wie eigentlich immer begann sich die Klasse ein paar Minuten vor dem Läuten zu füllen und der Unterricht begann. Der Rest des Tage lief einfach an mir vorbei. Ich beteiligte mich nicht wirklich am Unterricht und beteiligt mich auch an sonst nichts, was auch nur irgendwie mit der Schule zu tuen hatte. Okay das war nicht wirklich außerhalb der Norm.

Briseis wurde währenddessen weiterhin von der ganzen Klasse umzingelt und schien sich mehr und mehr mit Nina und Sarah anzufreunden. Und dann waren es schon drei.

Ich träumte vor mich hin und versuchte so mein Gewissen etwas zu unterdrücken. Irgendwann in der letzten Stunde beschloss ich dann wieder zu dem neuen Schularzt zu gehen und zumindest ihn davon zu erzählen. Immer unterlag er der ärztlichen Schweigepflicht, oder?

Nach dem Unterricht, ging ich also nicht direkt zum Spind, da die Gefahr zu groß war auf Nina zu treffen und ich nicht total zusammen gesunken zu dem jungen Arzt gehen wollte. Der Flur zum Ärztezimmer schien mir unendlich lang. Eine gefühlte Ewigkeit ging ich dieses Flur entlang und mit jedem Schritt begann mein Herz schneller und lauter in meiner Brust zu schlagen. So sehr hatte ich während der letzten Tage versucht es keinem zu erzählen und es auch niemanden bemerken zu lassen. Es war mir schon klar, dass das nicht ewig gut gegangen wäre, spätestens wenn man mir das Kind angesehen hätte, hätte ich die Wahrheit erzählen müssen. Ich war mir auch gar nicht so sicher, was ich mir eigentlich davon erhoffte. Was würde schon passieren, wenn ich es ihm erzählte? Er würde wahrscheinlich wieder so gedankenverloren schauen und mir dann wahrscheinlich nahelegen es meinen Eltern zu beichten, oder es vielleicht sogar abzutreiben.
 
Wobei ich mir immer noch nicht sicher war, ob ich bereit war so weit zu gehen. Ich konnte zwar andere wirklich gut verstehen und auch nachvollziehen, wieso manche sich für diesen Schritt entschieden. Allerdings empfand ich diesen Gedanke, ein Leben mehr oder weniger auszulöschen, bevor es eigentlich begonnen hatte, nur weil man selbst so unvorsichtig war und einfach die Verantwortung für ein Kind nicht übernehmen wollte, als äußerst, man könnte beinahe schon sagen brutal, zumindest auf mich bezogen. Bereits mit etwa elf Jahren hatte ich beschlossen nie ein Kind abzutreiben. Damals war ich mir nicht sicher, ob ich es mir aus eigener Überzeugung geschworen hatte oder einfach nur weil ich mich noch sehr gut dran erinnerte wie meine Mutter ihr zweites Kind verloren hatte. Dazu muss man wissen, dass ich nicht unbedingt der erste Versuch meiner Eltern war ein Kind zu bekommen. Ein Jahr bevor meine Mutter erfuhr, dass sie mit mir Schwanger war, hatten sie und mein Vater alles daran gesetzt ein Kind zu bekommen. Es hatte allerdings nicht funktioniert und meine Eltern begannen es aufzugeben. Stattdessen begann mein Vater sich auf seine Arbeit zu konzentrieren und begann schon bald erfolge zu verbuchen und meine Mutter begann von einer eigenen Boutiq zu träumen und erste eigene Entwürfe zu machen. Soweit ich weiß hatte meine Mutter damals gerade ihren Laden zusammen mit einer Bekannten eröffnet, als sie dann bei einem regulären Frauenarzt besuch erfuhr, dass sie vermutlich schwanger sei. Kurze Zeit drauf erfolgte dann die Bestätigung. Meine Mutter konnte es zu der Zeit nicht fassen und bekam als erstes Mal eine kleine Panikattacke, dass hatte mir mein Vater vor einem Jahr in etwa ganz im Vertrauen erzählt. Meine Mutter konnte es zu der Zeit einfach nicht wirklich realisieren. Jetzt weiß ich woher ich das habe.
 
Auf jedenfall kam dann nicht mal ganze neun Monate später ich auf die Welt. Meine Mutter hatte mir oft erzählt wie glücklich sie damals gewesen war und wie sehr sie während der Schwangerschaft den Moment herbei gesehnt hat, in dem sie mich endlich im Arm halten konnte. Man konnte auch nicht sagen, ich hatte eine wirklich tolle Kindheit. Meine Eltern waren zwar oft arbeiten, doch ich hatte ja Anita und wenn meine Eltern mal da waren, dann nahmen sie sich so viel Zeit, wie es nur ging für mich.

Aber ich schweife etwas vom Thema ab. Als ich dann etwa sechs oder sieben Jahre alt war erfuhr meine Mutter, dass sie erneut mit einem Kind schwanger war und nach der erneuten anfänglichen Panikattacke begann sie sich wirklich auf das Kind zu freuen. Zunächst lief alles ganz normal. Meine Mutter begann irgendwann an Morgenübelkeit zu leiden. Sie aß auch mehr und wirklich eigenartige Kombinationen von Lebensmittel. Einmal etwa schüttete meine Mutter in einer Heißhungerattacke Schokoladensoße über eine Sardellenpizza, die sie ebenfalls im laufe eine Heißhungerattacke bestellt hatte. 
Wie gesagt zunächst lief alles gut, doch im sechten oder siebten Monat, glaub ich traten bei Mutter plötzlich Komplikationen auf, diese äußerten sich zunächst mit einfach Bauchschmerzen. Meine Mutter rannte natürlich sofort zum Arzt, die gab allerdings Entwarnung. Eine Woche etwa später, meine Mutter klagte immer noch über Bauchschmerzen, waren meine Mutter und ich allein Zuhause und wir waren im Badezimmer. Es war damals bereits Sommer und wirklich, wirklich warm. Als hatten wir die Badewanne mit kaltem Wasser gefüllt und spritzen uns etwas an und ich planschte in der Wanne.

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