Spiegel deiner Seele

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Wie bei unserer ersten Begegnung begann sich mein Spiegelbild etwas zu verändern. Die Augenbrauen begannen sich spöttisch zusammen zu ziehen und die Augen eigenartig aufzublitzen. Ihre Stimme klang der meinen sehr ähnlich, doch etwas an ihr war anders. Sie klang boshafter und viel durchdringender, als meine.
Du!

Wie schön, dass du mich inzwischen erkennst.

Sie begann im Spiegel zu lächeln und den Kopf etwas hin und her zu bewegen, als würde sie über etwas nachdenken und mich dabei mustern. Ich wusste nicht so recht was ich nun machen sollte, also begann ich mich ein paar Schritte nach hinten zu bewegen. Der Blick meines Spiegelbildes wurde zunächst fragend, doch dann begannen ihre Augen wissend zu leuchten und sie begann ihren rechten Mundwickel beinahe schon fies nach oben zu ziehen. 

Wieso rennst du weg?

Ich renne nicht weg!

Sie begann nun noch hinterlistiger zu lächeln und sich
etwas in meine Richtung zu lehnen.

Ach tust du nicht? Wieso kommst du dann nicht näher?

Ohhhhh nein! Darauf fall ich sicher nicht rein. Du spielst doch nur mit mir.

Das lächeln meines Spiegelbildes verschwand langsam und wurde durch einen missmutigen Blick ersetzt. 

Schon lustig, wie du dich selbst belügen kannst und alles um dich so prima verdrängst.
Was meinst du jetzt damit?
Nun begann sie wieder zu lächeln, da sie genau wusste, dass sie mich jetzt an der Angel hatte. Könnte sie wirklich eine Antwort auf alle meine Fragen haben?
Wirst du langsam neugierig?

Gib mir eine Antwort.

Nicht so eilig.


Ich hatte in dem Moment keine Ahnung, was sie damit meinte. 

Du spielst doch wieder nur mit mir.

Willst du das wirklich riskieren? Du kennst meine Absichten ja nicht.


Ich hasste es in diesem Moment einfach, dass sie recht haben musste. So viele Fragen hatten sich in mir angesammelt und ich hätte auch gerne eine Antwort auf all die Fragen gehabt, doch ich traute ihr einfach nicht über den Weg.

Ohhhhh, warum denn so ein böser Blick?

Bei dieser Frage hatte sie ein breites lächeln auf ihren Lippen. 

Ich vertraue dir nicht.

Nah und?


Mit dieser Antwort hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

Du müsstest doch inzwischen wissen, dass dich die Menschen, denen du vertraut hattest, dich immer wieder aufs neue betrogen haben.

Das ist nicht...!

Du weißt genau, dass es war ist!

Ihre Stimme hallte schrill durch meinen Kopf und ließ es wieder so komisch klirren.
Hör auf!

Wieso? Es ist doch war. Du hast das selbst gesagt, oder etwa nicht?


Ich wich noch ein paar Schritte zurück und die Augen hatte ich weit aufgerissen. Woher wusste sie das jetzt schon wieder?
Triumph leuchtete in ihren Augen auf. Sie begann sich weiter nach vorne zu beugen und ragte schon beinahe aus dem Spiegel.

Ich weiß viel.

Sie legte ihren Kopf etwas schief.
Ich weiß, dass du viele Fragen hast. Vielleicht will ich dir ja welche beantworten.

Woher weiß ich, dass du die Wahrheit sagst?

Du kannst es genau so wenig wissen, wie bei den anderen Menschen in deinem Leben.


Ich blieb still und begann zu überlegen, was ich nun als nächstes machen sollte. Sie konnte mich ganz leicht belügen, das war mir klar. Es konnte aber auch sein, dass sie wirklich antworten auf meine Fragen hatte und mir helfen konnte etwas klarer in diesem Nebel zu sehen.
Na? Nicht interessiert?

Ich schwieg weiterhin, sah sie aber dennoch an und ich meinte in ihrem Blick zu sehen, dass sie wusste, dass ich zustimmte.

Komm näher, dann will ich dir deine Fragen beantworten.

Ich sah nicht wirklich eine alternative, als begann ich mich langsam wieder in Bewegung zu setzten. Zwar traute ich ihr immer noch nicht, doch ich versuchte nun, so gut es ging, mir nichts mehr anmerken zu lassen. Sie würde nicht mehr über mich erfahren.

Warum so ernst?

Ich blieb still und sie sah mich daraufhin missmutig an. Ich wurde etwas nervöser, dennoch versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen. Knapp vor dem Spiegel blieb ich dann stehen.

Du versuchst immer noch stark zu sein, auch wenn ich genau weiß, was in dir Vorgeht.

Sie formulierte ihren Satz zwar als Frage, dennoch konnte ich aus ihrem Ton heraus hören, dass sie es nicht so meinte. Gabriel hatte das auch oft gemacht, wenn er keinen Widerstand forderte. 
Mein Spiegelbild schien mein schweigen schon zu lange zu dauern, weshalb sie nun begann zu agieren. Ihre Hände streckten sich das letzte Stück nach vorne. Ihre Finger umfassten den Rand des Spiegels und begannen den Rest ihres Körpers näher an mich heran zu ziehen. Es schien allerdings nicht so leicht zu sein. Sie musste fest kämpfen, bis sich dann ihr Körper begann etwas aus dem Spiegel zu bewegen. Scheiße!

Mein Herz begann schneller zu schlagen und alles in mir begann das Wort Flucht ganz laut zu schreien. Ich blieb aber stehen. Sie kann mich nicht einfach so einschüchtern. Ich muss hier bleiben, nur so bekomme ich vielleicht antworten.

Immer weiter drückte sie ihren Körper gegen dem Spiegel, bis ihr kompletter Oberkörper aus dem Spiegel ragte. Das war aber nicht der Hauptgrund, wieso ich in diesem Moment beinahe einen Herzinfarkt bekommen hätte. Mein eigentliches Spiegelbild begann sich wie eine Schlange um mich herum zu bewegen und hielt sich dabei immer wieder an mir fest. Ab ihrer Hüfte sah man allerdings keine Beine mehr. Es sah eher so aus als wäre sie mit dem Spiegel verwachsen und würde ihn wie ein Gummiband weiter dehnen, um sich bewegen zu könne.

Ich kann spüren, dass du Angst hast, dennoch bleibst du hier. Dein Mut ist manchmal schon erstaunlich.

Wolltest du mir nicht eigentlich antworten geben.

Na sieh mal einer an! Sie kann ja wieder sprechen.


Ich versuchte tief durch zu atmen und mich etwas zu beruhigen.
Eine Antwort kann ich dir aber nur auf eine Frage geben. Erst musst du sie mir stellen.
Es war wichtig einen kühlen Kopf zu bewahren, um auch die Richtigen Fragen zu stellen.
Nun gut was hast du den für Fragen?


Noch während ich begann zu überlegen, sprach mein Spiegelbild, wenn man sie jetzt noch so nennen konnte, weiter. 

Du willst wissen was mit dir los ist nicht wahr? Warum du plötzlich diese Stimme immer wieder hörst, von der du bis vor kurzen noch meintest, sie sei nicht real, dass sie nur ein Hirngespinst sei. Eine nervige Fantasy, die sich immer wieder selbst einschaltete. Nun zweifelst du allerdings daran. Die Wunden und Schwellungen zeigen eindeutig, dass es mehr seien könnte als ein Traum. Diese Stimme könnte zu jemanden gehören, der dich beobachtet. Sieht wie du leidest und dir dennoch nicht hilft. Er erscheint einfach in deinem Badezimmer und ist dann verschwunden. Mehr als ein Schatten hast du von ihm noch nie gesehen, auch nicht in der Nacht, als er die Krieger davon abhielt dich weiterhin anzugreifen.

Es begann mir angst zu machen. Sie begann mir angst zu machen. Mit jeder Sekunde mehr. Jedes einzelne ihrer Worte schien aus meinen tiefsten verborgenen Gedanken zu kommen. Auch wenn ich es mir selbst nicht eingestehen wollte, so hatte sie recht. Jedes Wort das sie sagte war wahr. Sie hatte mich vollkommen durchschaut.
Na nun wieder sprachlos?
Ihr eigenartiger Köper begann weiter hin und her zu wandeln, bis ihr Gesicht knapp neben meinen zu stehen kam. Es sah fast so aus, als würde sie etwas hinter mir stehen und über meiner Schulter schauen. 
So viele Merkwürdige Sachen sind passiert in letzter Zeit. Nicht nur ich und diese Stimme, sondern auch du hast an dir Veränderungen bemerkt, nicht wahr? Dein Körper scheint dir nicht mehr zu hunderprotzent zu gehören und hin und wieder verlierst du sogar komplett die Macht über ihn. Es macht dir Angst. 

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