Lucius

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 Ihre Augen starrten nun ins leere. Mit einem mal Sprang sie von dem Bett auf und hielt sich den Kopf, als wollte sie die Erinnerung so wieder verbannen. Das wird nicht funktionieren.

„Inständig hatte ich gehofft, dass ich mir das alles nur eingebildet hatte. Ich redete mir ein, dass der Schock über deinen plötzlichen Zusammenbruch noch so tief saß, dass ich einwenig begann zu halluzinieren, oder etwas dergleichen." Sie blieb nun für eine Weile Still und starrte schräg auf meine Füße. Mir war sofort klar, dass sie mir nicht alles erzählt hatte und ich befürchtete, dass sie nun ähnlich wie ich einen Zusammenbruch erleiden würde. Ich sprang nun ebenfalls von Briseis Bett und packte sie, nach ein paar etwas zittrigen Schritten, an den Schultern. Sanft und dennoch energisch begann ich sie an den Schultern zu schütteln.

„Briseis? Briseis!" Sie sah mich wieder an. Ich hörte auf sie zu schütteln, ließ sie allerdings nicht los.

„Was war da noch?" Energisch oder vielleicht sogar eher panisch begann sie den Kopf zu schütteln.

„Briseis!" Ich wurde lauter als gedacht und sie sah mich schockiert an. Einmal hörte ich sie noch schwer schlucken, ehe sie weiter sprach:

„Als du im Wald warst, später, mit Gabriel...da bin ich zurück zum Zelt gegangen. Ich war immer noch etwas verwirrt und wusste nicht so recht was ich von all dem halten sollte. Im Zelt fand ich Markus, der gerade irgendetwas an einem der Schminktische vorbereitete. Eilig lief ich zu ihm und wollte sehen was er so macht, als mir etwas komisches an ihm auffiel. Sein Körper wirkte angespannt und irgendwie wirkte er gereizt, als ich ihn dann ansprach reagierte er totall wütend und meinte ich solle mich gefälligst vom Acker machen. Zuerst dachte ich er wäre wegen irgendetwas angepisst oder einfach nur über arbeitet, also schnauzte ich zurück und stapfte wütend in den Wald..." Ihr Körper begann leicht zu zittern, was sich gleich auf meinen Körper übertrug.

„Ich wollte euch gar nicht bespitzeln, doch ich hab mich irgendwie einwenig verlaufen und hörte dann wie du irgendetwas von verloren Erinnerungen und so brülltest. Deine Stimme zitterte etwas und ich beschloss deiner Stimme zu folgen, nur um dir im Notfall unter die Arme greifen zu können. Es dauerte eine Weile, doch irgendwann kam ich dann bei der Lichtung an. Im selben Moment konnte ich beobachten, wie du laut aufgeschrien hast, dann bist du wieder, wie schon zuvor, in seinen Armen zusammengebrochen." Ihr Körper begann sich zu schütteln und sie versuchte sich aus meinen Griff zu winden. Ich ließ sie los. Ein paar Schritte lief sie zurück und sah mich verzweifelt an, als hätte sie etwas unverzeihliches getan.
„Es war eine Kurzschlussreaktion. Ich lief einfach los, ohne nachzudenken. Gabriel schien mich zunächst noch gar nicht zu bemerken. Seine Augen waren nur auf dich Gerichtet. Wieder nahmen sie diesen traurigen Glanz an, als er mich dann allerdings sah, da schwang sein Kopf plötzlich zu mir....Seine Augen schienen funken zu sprühen, als hätte er mich am liebsten in tausend kleine Stücke zerrissen. Plötzlich begannst du dich allerdings in seinen Armen wieder zu rühren und ich glaubte schon, dass du wieder aufgewacht wärest, doch..." Sie strich mit einer schnellen Bewegung ein paar Strähnen aus ihrem Gesicht.

„Ich rannte auf dich zu, doch bevor ich dich berührte, schlugst du plötzlich die Augen auf. Aus schreck bin ich zurück geschreckt." Beschämt sah sie zur Seite.

„Deine Augen...sie waren weiß. Ich konnte keine Iris oder sonst mehr sehen. Für einen kurzen Moment hast du mich angesehen, dann wanderte dein Blick allerdings wieder zu Gabriel. Mit einem beinahe sehnsüchtigen Blick, soweit ich das beurteilen konnte, hast du ihn angesehen, so als würdest du ihn seit Ewigkeiten zum ersten Mal wieder sehen. Vorsichtig hast du dann deine Arme um ihn gelegt." Wieder begann sie stark zu zittern und schlang ihre Arme um ihren eigenen Körper.

„Er hat dich fest an sich gedrückt und sah mich nach einem kurzen Moment an. Auf seinen Mund schlich sich ein verstohlenes Lächeln und er legte sich einen Finger auf seine Lippen...Ich weiß es klingt sicher totall bescheuert,...doch ich hab mir dann wirklich eingebildet seine Stimme in meinem Kopf zu hören, die mir leise zuflüsterte, ich sollte doch alles lieber für mich behalten, dann wurde alles um mich herum schwarz. Erst am nächsten Morgen bin ich wieder aufgewacht." Sie sah mich nun wieder an mit einem kleinen Tränenschleier über ihren Augen.

„Ich dachte es wäre alles nur ein Traum gewesen...es tut mir leid, dass ich dir nicht geholfen habe." Ehrlich. Ich wollte ihr wirklich verzeihen, doch ich verstand nicht wieso eigentlich, aus meiner Sicht hatte sie bis heute nichts getan, dass ich ihr wirklich vorhalten konnte. Im nächsten Moment begann in mir allerdings ein komisches Gefühl aufzusteigen und ich bemerkte eine Bewegung in meinem Augenwinkel.

„Zu schade, dass du dich wieder an alles erinnerst hast. Markus muss geschlampt haben. Er ist einfach zu gutmütig." Es dauerte kaum eine Sekunde und ich hatte die Stimme bereits erkannt. Ein Wirrwarr aus Gefühlen stieg in mir hoch und alles in mir schaltete auf Verteidigung. Diesmal mache ich es dir nicht so einfach. 
Schnell drehte ich mich herum, fand aber nicht das was ich gemeint hatte in der Tür vorzufinden. Es war Lucius zierliche, junge Gestallt, die ich in der Tür erblicke. Ein böse Vorahnung schien sich langsam als richtig heraus zu stellen.

„Lucius..." Es war Briseis immer noch etwas verzweifelte Stimme, die hinter mir leise den Namen ihres Bruders über ihre Lippen glitten ließ. Ich blieb still und musterte den Jungen eingehend, dieser zog darauf eine Augenbraue amüsiert nach oben.

Gefällt dir dieser Körper? Er ist noch nicht ganz ausgereift, dennoch wird er mir sicher noch gute Dienste leisten." Seine Worten schockierten mich auf eine Weise, wie es in der letzten Zeit nur er geschafft hatte. Er will diesen Jungen für Rachepläne missbrauchen....

„Warum tust du das?" Wieder war es Briseis Stimme, die von hinten vor mich drang. Lucius Blick wanderte in die Richtung seiner Schwester. Schützend stellte ich mich vor sie, so dass sein Blick nun nur mich traf.

„Lass sie in ruhe." Lucius begann zu lächeln, als ich mich ihm entgegen stellte.

Sei froh, dass du mein Kind in dir trägst, sonst wäre ich nicht so net zu diesem kleinen Geist." Bei seinen Worten lief es mir kalt über den Rücken. Geisterkind....

„Was meinst du?" Ich wurde leicht misstrauisch. So recht vertraute ich diesem Monster, auch nicht in Gestallt des kleinen Jungen.

Selbst nach all dem, dass du schon durchgemacht hast, bist du dennoch so unwissend Prinzessin. Einfach köstlich!" Ich konnte hören wie sich Briseis hinter mir begann zu verspannen. Sicher nicht einfach seinen Bruder so verändert zu sehen.

„Was meint er damit, Miriam?" Briseis Stimme war leise und zitterte immer noch etwas.

Nicht mal deiner einzigen Freundin erzählst du davon. Vertraust du denn wirklich niemanden?" Er lachte. Ich hingegen wich ein Stück zurück.

Hast du angst, Miriam? Als Kind hattest du nie angst vor mir und auch damals nicht." Erinnerungen tauchten wieder vor meinen Augen auf. Mir wurde etwas schwindelig und ich fiel leicht gegen Briseis, diese hielt mich trotz zittern sofort fest.

„Lass das!" 

Du wolltest dich doch an alles Erinnern! ICH sollte dir alles erzählen und komplett ehrlich sein! BITTE! Ich bin nun absolut und komplett ehrlich." Er schrie die Worte in mein Gesicht und beinahe schienen sie verzweifelt. Ich versuchte es mir auszureden.

„Lass das Lucius!" Briseis schien neuen Mut gefasst zu haben, hingegen meiner mit jeder Minute zu schwand.

„Nenn mich doch lieber Lucifer." Auch dieses mal konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen. 

„Das ist nicht dein Bruder." Sie sah mich ungläubig an.
„Er ist der Teufel." Lucius begann sich zu verneigen.

Zu gütig, Prinzessin." Plötzlich erstarrte Lucius Körper und seine Augen wurden fahl, dann sank er zusammen. Schnell drängte sich Briseis an mir vorbei und lief zu ihrem Bruder. Ich blieb stehen.

„Lucius?" Sie nahm den Jungen in ihre Arme und klopfte leicht an seine Wage. Einige Sekunden vergingen, ehe der Junge seine Augen wieder öffnete. Sie wirkten träge und müde. Aus der Ferne hörte ich bereits Schritte, als plötzlich Briseis Mutter in der Tür stand. Erschrocken sah sie auf Briseis und ihren Bruder nieder. Neben den Beiden fiel sie auf die Knie und griff nach ihren Kind. Sanft strich sie mit einer Hand über sein Gesicht und schien mit einem mal erleichtert.

„Es geht ihm gut." 


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