Willkommen in meinem Netz

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Er ist weg!

Schnell griff ich nach meinem Handtuch und schlug es mir provisorisch um meinen Körper. Ich rannte aus dem Badezimmer, doch als ich die Tür aufriss war niemand zu sehen. Mein Zimmer war noch genauso, wie ich es zuvor verlassen hatte. Es gab keine Anzeichen, dass jemand anderes hier gewesen war. Ich ging schnell durch mein Zimmer und wollte gerade die Tür öffnen. Verschlossen.
Verdutzt stoppte ich mein Vorhaben und sah auf die Türklinke, als es mir wieder einfiel. Ich hab die Tür ja vorhin zugesperrt, damit niemand unbemerkt hinein kann. So kann ich sicher gehen, dass mich niemand mich in diesem Zustand sieht.

Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz und mein Körper begann langsam nach hinten zu taumeln. Ein paar Schritte von der Tür entfernt sank mein Körper dann langsam auf die Knie, den Kopf hielt ich steif aufrecht in Richtung Tür. Aber das heißt....das heißt...ich hatte mir das alles nur eingebildet.
Mein Körper begann langsam sich taub anzufühlen und in mir begann sich ein kaltes Gefühl auszubreiten. Ich hab mir das alles nur eingebildet. Das alles ist nie wirklich passiert.


Leise kleine verzweifelte Tränen begannen meine Wangen entlang zu laufen und mein Körper begann sich zusammen zu krampfen. Mein Oberkörper sank nach vorne und legte sich auf meine Oberschenkel. Wie eine zusammengeklappte Auster saß ich nun am Boden und begann leise und verzweifelt zu schluchzen.

Eigentlich wollte ich gleich verschwinden und mich um die Angelegenheit kümmern, doch ich konnte nicht wieder stehen und musste einfach dieses verzweifelten Blick in ihren Augen sehen, wenn sie erkannte, dass ich nicht durch die Tür gekommen sein konnte. 

Sie begann wirklich schnell zu lernen. 

Ich hielt mich gut versteckt im Schatten ihres Zimmers und beobachtete still, wie ihr Körper der Verzweiflung langsam nachgab. Sie schien mich nicht zu bemerken, zu sehr war sie mit ihrem eigenen Wahnsinn beschäftigt. Zu gerne würde ich sie jetzt schon davon erlösen, doch sie musste sich erst freiwillig mir zuwenden und das würde noch seine Zeit in Anspruch nehmen, auch wenn alles an ihr schon zu rufen begann. 

Ich muss mich zusammen reissen!

Zuerst werde ich mich erstmal um dieses Problem kümmern. Ich werde ihr aber bald wieder einen Besuch abstatten.

Eine ganze Weile hatte es gedauert, doch irgendwann war ich dann von Boden aufgestanden und hatte mich ins Bett getragen. Müde hatte ich mich dann zur Seite gerollt und einfach nur aus dem Fenster gestarrt. Wieso ich? Wieso muss ich genau jetzt durchdrehen....

Irgendwann im laufe des Abends klopfte dann meine Mutter an meiner Zimmertür. Sie musste dann eine ganze Weile warten, da ich mich erstmal wieder sammeln musste. Zum Glück beanspruchte mich meiner Mutter nicht lange, da sie mir ansah, dass ich sehr müde war. Ehe ich mich dann also wieder versah, lag ich wieder in meinem Bett, mit dem Blick starr aufs Fenster. Keine Ahnung wie lange, doch irgendwann wurde die Welt langsam um mich dunkel und ich schlief ein....

Das Erste was ich hörte, waren die Stimmen zahlreicher Menschen. Ich schien auf einem unebenen Boden zu laufen und viele Menschen umzingelten mich. Das Bild vor mir begann langsam zu entstehen und ich konnte erkennen, dass ich mitten in einer Gruppe von Menschen stand. Ich sah mich um, doch keines der Gesichter kam mir auch nur annähernd bekannt vor. Da ich nicht wusste, was ich sonst tuen sollte, beschloss ich mich von der Gruppe mitziehen zu lassen und mal zu sehen, wohin sie mich brachten.


Als würde ich ein Bild malen, begann sich um mich herum langsam die Welt zu bilden. Unter meinen Füßen entstand Gras und ein dunkelblauer Schleier begann sich über unsere Köpfe zu ziehen. Anscheinend war ich allerdings die einzige die das wirklich wahrnahm, die anderen Menschen um mich herum schienen das gar nicht zu bemerken. Sie waren zu sehr mit sich selbst beschäftig und schienen selbst mich nicht wirklich zu bemerken. Ich ließ mich weiter mitziehen und begann etwas bei den Gesprächen der Menschen um mich herum mit zu hören, um irgendwie heraus zu finden, wohin es eigentlich ging. 

„Bin ja nicht so sicher, ob der wirklich so viel versprechend ist. Ich war schon einmal in so einem Zirkus und außer Ekel, ist da sonst nicht wirklich etwas spektakuläres zu finden." Der Typ klingt aber ziemlich zynisch. Ist sicher nicht lustig mit dem in ein Restaurant zu gehen.

„Echt, meinst du? Ich hab gehört es soll wirklich Geil sein. Vor allem Make-Up und Kostüme sollen vom allerfeinsten sein." Die Freundin hatte eine relativ hohe, aber dennoch noch gut zu vertragende Stimme und schien mit aller Kraft ihren Freund aufheitern zu wollen. Viel Glück.

Ich ließ von dem Beiden ab und begann mich weiter umzuhören.

„Das wird sicher so richtig geil! Ein Bekannter von mir war in dem Zirkus schon einmal in einer anderen Stadt und der hat gemeint, dass der wirklich hält was er verspricht." Ahh ein Fan!

„Ich bin schon voll gespannt, aber wehe nicht." Der eine Junge versuchte einen ernsten und bedrohlichen Blick aufzusetzen, scheiterte aber kläglich und begann lauthals zu lachen.

„Also ich weiß nicht....Der lieg so abgelegen von der Stadt. Seit ihr sicher, dass das auch ein seriöser Zirkus ist und wir nicht irgendwelchen kriminellen Machenschaften zu Opfer fallen. Der Junge mit dem Lachanfall legte beruhigend einen Arm um die Schulter des Mädchens und lächelte sie beruhigend an. Sicher ein Pärchen, oder zumindest verknallt ineinander.

„Entspann dich. Das ist alles sicher vollkommen legal." Das Mädchen schienen die Worte nicht beruhigen, also schien der zweite Typ sich bemüßigt zu fühlen auch seinen Senf dazu zu geben.

„Vor allem wer es doch voll fad, wenn nicht ein bisschen etwas kriminelles dabei wäre." Für dieses Kommentar erntete er von seinen Begleitern nur missmutige Blicke.

Eigentlich wollte ich mich noch weiter umhören, als ich plötzlich etwas vertrautes wiedererblickte. Vor den Köpfen der Menge erhob sich nun ein riesiges Zelt. Schwarz mit neongrünen Einschlüssen. 
Mein Herz begann schneller zu schlagen und ich musste beginnen etwas zu lächeln. Das ist Gabriels Zirkus. Es ist das selbe Zelt.
Es schien so unglaublich und so unwirklich für mich, dass ich noch einmal hier sein sollte, dass ich noch einmal die Chance bekommen sollte ihn wieder zu sehen. Schnell riss ich mich allerdings wieder zusammen und folgte der Menge. Ich hatte kein Geld mit um mir Tickets zu kaufen, also versuchte ich mich unter eine große Menschengruppe zu mischen, um in das Zelt zu kommen. Mein Herz schlug wie wild, als sich die Gruppe langsam in die Eingangsschlange einreihte. Es dauerte nicht lange und wir waren an der Reihe. Der vorderste reichte einer Dame in der Lederkluft einen A4 Zettel, diese warf nur einen kurzen Blick darauf und sah dann in die Gruppe aus Menschen, in der auch ich stand. Innerlich bettete ich dafür, dass sie mich nicht sah. Wir dürften eh nur kurz dagestanden haben, doch mir kam es so unendlich lange vor, doch mir gelang der Schwindel. Zusammen mit der Gruppe wurde ich in das Zelt gelassen und die Damen wünschten uns, wie schon bei meinem ersten Besuch viel Spaß.

Im Zelt begann ich mich dann von der Gruppe abzuspalten. Ich setzte mich in eine etwas hinter gelegene Reihe, da ich nicht riskieren wollte, dass mich jemand sah und erkannte und dass ich von einem der Künstler vielleicht herausgefischt wurde. Ich saß relativ in der Mitte meiner Reihe und hatte somit einen guten Blick auf das Geschehen unten in der Manege. Das Zelt begann schnell sich zu füllen und zu meiner Überraschung nahm das Pärchen, das ich beim hergehen „belauscht" hatte neben mir Platz zusammen mit einem kleinen Gefährlich dreinschauenden Jungen, der vielleicht 14 oder so war und seinem vermutlichen Vater.

Langsam wurde es dunkel im Zelt und das Getuschel der Menschen wurde auf ein Minimum reduziert. Gespannt sah ich in die Manege, da ich nun ja schon wusste was geschah. Der Lichtkegel begann sich wieder auf das Zentrum der Manege zu konzentrieren und der Mann mit dem Abgenutzten Zylinder trat wieder auf. Seine Stimme fuhr mir durch Mark und Bein. 

„Herzlich Willkommen meine Damen und Herren."Auf ein neues.

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