Porzellanpuppe

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Meine Mutter kam nur eine knappe Viertelstunde später. Besorgt kam sie auf mich zugelaufen. Wahrscheinlich hat sie von dem Vorfall gehört, oder einfach nur den Krankenwagen draußen gesehen.

Fest schloss sie mich in ihre Arme. Briseis stand noch daneben und schmunzelte einwenig. Ich ließ es zu, da ich meine Mutter nicht unabsichtlich verletzten wollte. Sie löste ihre Arme von mir und sah mir mit festen Blick in die Augen.

„Geht es dir gut? Ich hab das von dem Schularzt gehört." Ich nickte nur, da ich es einfach nicht schaffte zu lächeln. Vor meinen Augen lagen immer noch die fetzten einer schrecklichen Zukunft. Würde er alle ausschalten, wenn es ihm gerade passte...nur um seinen Willen zu bekommen?

Mit meiner Mutter und Briseis verließ ich die Schule. Meine Mutter hatte dabei ihren Arm fest um meine Schulter gelegt und Briseis hielt eine meiner Hände. Ich ging nur schweigend neben her. Es war mir sicherlich deutlich anzusehen, wie schlecht es mir eigentlich ging, allerdings wusste keiner von den Beiden wieso. Meine Mutter dachte sicher es wäre wegen meinem Zusammenbruch und dem meines Lehrers, Briseis hingegen hatte ja gesehen wie aufgelöst ich schon zuvor gewesen war. Damals konnte sie sich sicher noch keinen Reim darauf machen und ich bin mir nicht mal sicher, ob sie es inzwischen kann. 

Im Auto war es eine Spur wärmer als draußen, obwohl es draußen auch nun nicht mehr so richtig heiß war. Es hatte einen kleinen Temperaturabsturz gegeben, weswegen es heute nur noch an die zwanzig grad erreichte. Eigentlich war es ganz angenehm gewesen, doch etwas in mir fühlte sich nun so kalt an, dass es war als würde jeder Grad kleine Flammen auf meiner Haut brennen lassen. 
Meine Mama setzte mich zuhause ab und fuhr Briseis noch nach Hause. Angeblich war mein Vater bereits zuhause, weswegen meine Mutter meinte ich sei in guten Händen. Er redet doch nicht einmal mit mir.

Mit meinem Schlüssel schloss ich die Tür auf und trat in das Haus. Es war still nur aus der Küche hörte man das Radio. Anita machte es oftmals an, wenn sie gerade kochte. Sie tanzte dann immer etwas durch die Küche, als Kind habe ich das immer sehr amüsant gefunden und gerne auch mal dabei zugesehen. Eigentlich find ich es immer noch sehr amüsant, doch mir war an dem Tag nicht recht nach lachen zumute. Trotz allem ging ich aber in die Küche und wollte zumindest einmal Hallo sagen. Zunächst bemerkte mich Anita gar nicht.

„Hallo Anita." Als sie meine Stimme hörte drehte sie sich schnell herum und kam auf mich zu. Ihre Arme schlangen sich, ehe ich mic versah um mich und drückten mich fest an ihren warmen Körper, diese brannte etwas unangenehm auf meiner Haut. 


„Hallo mein kleiner Schatz. Wie fühlst du dich?" Wahrscheinlich weiß sie noch gar nichts von Raphael.

„Ganz gut...ich bin nur etwas müde." Sofort ließ sie mich los und sah mich etwas besorgt, aber liebevoll an.
„Das wundert mich überhaupt nicht. Geh am besten hoch und legt dich etwas hoch. Ich hol dich wenn es essen gibt." Ich nickte und sie entließ mich aus dem Gespräch. Langsam trotte ich die Treppe hinauf, dabei sah ich, dass das Schlafzimmer meiner Eltern einen Spaltbreit geöffnet war. Wahrscheinlich schläft mein Vater gerade.

Für einen Moment fragte ich mich, ob ich ihn überhaupt noch als Vater bezeichnen konnte. Wir hatten seit Wochen kein Wort mehr miteinander gewechselt.

Am nächsten Morgen versuchte ich wieder etwas mehr ein fröhliches Gesicht aufzusetzen, da es mir jetzt schon auf die Nerven ging, wie mich jeder auf einmal wieder mit Samthandschuhen anfasste. Meine Mutter hatte mich mehr oder weniger gezwungen zuhause zu bleiben. Gelangweilt schaute ich die meiste Zeit des Tages durch das Fenster. So einiges ging mir in den Stunden durch den Kopf. Ich verglich meine Vergangenheit mit der Gegenwart und vor allem das Kind, welches sich in Lucifer trotz seines Status verliebt hatte, mit dem Mädchen das ich jetzt war. Ich litt nun mehr unter der Tatsache, obwohl es mir doch eigentlich als Kind so leicht gefallen war ihn zu akzeptieren. Ihn einfach zu lieben. Vielleicht lag es nur daran, dass ich ihn unter anderen Umständen als Kind kennengelernt hatte. Von Anfang war mir damals eigentlich klar gewesen, dass Lucifer kein Mensch war und jetzt hatte ich ihn erstens mal als Gabriel kennengelernt und zweitens war ich davon ausgegangen, dass er ein Mensch war. Können sich Gefühle wirklich so verändern? Als Kind habe ich ihn doch beinahe vergöttert und nun, war er den wirklich so anders gewesen? Nein...ich hatte mich geändert, die Umstände hatten sich geändert. Er ist immer noch der Selbe, auch wenn ich jetzt besser sehen kann, was für ein Monster er wirklich ist. Nicht zu vergessen, dass ich auch noch ein Kind von ihm in meinem Körper heran züchte.

Frustriert fuhr ich mir mit eine Hand über mein Gesicht und durch mein wirres langes Haar. Warum? Ich verstehe dich einfach nicht...Wieso tust du mir das an, wenn ich doch nur eine Puppe bin...ich bin aus Porzellan. Man muss auf mich aufpassen, sonst zerbreche ich. 

Du machst es dir dann doch etwas einfach.


Ich erkannte die Stimme sofort. Es war ja auch mehr oder weniger meine eigene. Ich drehte mich etwas herum und sah im Spiegel, wie mein Spiegelselbst langsam über das Bett kroch. Auf den ersten Blick schien es mir sehr ähnlich, doch wenn man genauer hinsah konnte man erkennen, dass ihr Haar etwas voller war als meins und ihr Augen so unnatürlich leuchteten. 
Schon lange her, dass wir uns das letzte mal gesprochen haben.

Sie saß nun auf der Bettkante und lächelte. Verschwinde! Ich habe keine Lust mit dir zu reden.

Nicht ganz so freundlich. Du solltest lieber mit mir sprechen, wenn du willst, dass ich dir sage was ich weiß.

Ungewollt wurde ich etwas neugierig und näherte mich den Spiegel. Was meinst du?

Ich sah sie lächeln und sich leicht mit einem Finger auf die Nase tippen.

Ich wusste doch, dass du nicht dumm bist, vielleicht nur etwas vergesslich.


Sie lachte und stand auf.
Wenn du dich vielleicht noch erinnerst. Ich habe dir gesagt, dass du dich der Dunkelheit hingeben sollst, erst dann wäre ich bereit dir mehr zu sagen.

Langsam stand ich von dem Bett auf und ging noch etwas näher. Warum sollte ich dir vertrauen? Vor nur ein paar Wochen hast du noch versucht mir einzureden, dass Kind umzubringen.

Für einen Moment runzelte sie kurz die Stirn.

Ich glaube du missverstehst da etwas,...dennoch solltest du mit mir sprechen. Du hast noch genug nicht beantwortete Fragen, welche ich dir vielleicht beantworten kann. Tritt nur vor den Spiegel.

Keine Ahnung wieso ich auf die Idee kam, dass dies eine gute Idee seien würde. Eventuell lag es einwenig an der Langeweile und dem Gedankenauflauf in meinem Kopf mit dem ich immer noch zu kämpfen hatte. Langsam lief ich also näher auf den großen Standspiegel zu, so dass wir uns beide gegenüber standen. Was weißt du?

Viel, aber es wäre mühsam es dir zu erklären. Am besten ich zeig es dir einfach.

Ich wusste nicht so recht was sie meinte, doch ehe ich mich versah drückte sie ihren Körper aus dem Rahmen des Spiegels. Schnell wich ich zurück, doch da griffen ihre Finger schon nach mir. Wie?!

Komm mit mir.

Sie krallte sich fest in das weite T-Shirt, dass ich trug und versank wieder in dem Spiegel. Die Oberfläche begann, wie Wasser, leichte Ringe über ihre Oberfläche ziehen zu lassen. Als hing ich an einer Kette, mit einem schweren Gewicht zog mich mein vermeintliches Ebenbild immer tiefer in den Spiegel. 

Ich werde dir mein Reich zeigen.

Sie war nun, bis auf ihren Arm, schon komplett wieder im Spiegel verschwunden. Ich begann mich von dem Spiegel wegzuziehen, doch ihr Griff war stark und so wurde ich trotzt Gegenwehr immer näher an den Spiegel zu ziehen. Als eine meine Hände als erstes die weiche Oberfläche des Spiegel berührte, begann er wie Leim an mir zu haften. Immer mehr verschlang die Substanz meinen Hände und bald auch den Rest meines Körpers. 

„Lass mich los! Ich will nicht..." Etwas zog fest an mir und drückte mich in den Spiegel. Es fühlte sich an als würde ich ertrinken. Ich begann zu zappeln, doch die Flüssigkeit legte sich um meinen Köper und zog mich weiter tiefer in den Spiegel, bis mein Körper ganz von ihm verschluckt wurde. 


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