Gratulation

545 30 0
                                    

Das Wochenende verging und am Montag quälte ich mich wieder wie jeden Morgen aus dem Bett. Briseis und ich fuhren gemeinsam zur Schule. Wie eigentlich immer war ich an jenem Morgen wahnsinnig müde und kämpfte einwenig gegen meine schweren Lider. Die Schule war noch relativ leer und dennoch beschlich mich ein komisches Gefühl, je näher wir unserem Klassenzimmer kamen. Nervös und fest begann mein Herz gegen meine Brust zu klopfen. Briseis schien etwas zu merken und legte vorsichtig eine Hand auf meine Schulter. Ich versuchte zu lächeln.

Langsam drückte ich die Klinke hinunter und wir traten in das vermeintlich leere Klassenzimmer. Einwenig zwanghaft drückte ich meinen Körper in die Ecke, in der ich immer saß. Etwas bereitete mir in diesem Moment großen Unbehagen, so genau kann ich jetzt nicht mehr sagen was es war, doch es legte sich wie ein Vorhang dicht um meine Schultern. Keine Panik.

Es musste erst etwa eine halbe Stunde vergehen, bis ich einen Grund für meine Nervosität fand. Kurz bevor es läuten sollte strömte so ziemlich der ganze Rest aus meiner Klasse in den Raum und die Luft begann sich mit Kohlendioxid zu füllen. Schließlich betraten dann Nina und Sarah den Raum. Nina schien ungewöhnlich gut gelaunt und lächelte mich gespielt freundlich an. Das kann nichts gutes bedeuten.

Schließlich betrat unser Lehrer die Klasse, es folgten zwei Stunden Chemie. Die Minuten zogen sich wie Kaugummi in die länge und so sehr ich es auch versuchte, ich konnte mich beim besten Willen nicht konzentrieren. Ständig spürte ich wie sich Blicke in meinen Rücken bohrten und scheinbar versuchten mich so zu erdolchen. Mein Herz schlug weiterhin nervös gegen meine Brust und schien dabei auch schmerzhaft auf meine Lungen zu drücken. Ganz ruhig, jetzt keine Panik!

Das Klingeln, dass die Qual Chemie beendete, ließ mich zusammen zu zucken. Nun stand eine zehn Minuten Pause an und wir mussten die Klasse räumen. Mit innerlich bebenden Herzen und vor Hitze schmerzenden Rücken verließ ich den Raum. Während ich den Gang entlang lief begannen sich erneut Blicke an mich zu heften und sich wie tausend kleine Nadeln in meine Haut und tiefer zu bohren. Langsam wirst du wirklich total paranoid.

Als ich vor dem Klo dann schließlich auf Briseis wartete, die sich in eine Reihe quatschender Mädchen eingeschlichtet hatte, kam plötzlich Nina auf mich zu, immer noch mit diesem breiten überschwänglichen Grinsen im Gesicht. Scheiße!

Hallo...Miriam." Als ob du dich nicht an meinen Namen erinnerst.

„Keine Angst ich werde dich nicht sehr lange aufhalten." Ihr lächeln wurde noch breiter und ich bemerkte wie hinter hier Sarah etwas nervös wurde. Hoffentlich verfolgen dich deine Schuldgefühle Nachts!

„Ich wollte dir ja nur alles Gute wüschen." Für einem Moment setzte mein Herz aus. Nein! Bitte...bitte nicht!

„Wer ist den eigentlich der glückliche Vater?" Die Worte schmiss sie mir entgegen und ich wich geschockt einen Schritt zurück. Ein kalter Schauer lief wie Wasser über meinen ganzen Körper und mein Herz drückte sich panisch gegen meine Brust. Es will fliehen...

Menschen die sich zuvor noch eigenen Gesprächen zugewannt hatten warfen ihre Blicke nun zu mir. Panik begann langsam weiter in mir hoch zu kriechen und die Muskeln in meinen Beinen begannen selbst vor angst zu zittern. 
Nina schien meine Reaktion zu bemerken und sich beinahe schon daran zu ergötzten. Kurz fiel mein Blick auf Sarah. Sie wirkte wütend. 

„Mein Privatleben geht dich nichts an." Meine Stimme zitterte, dennoch versuchte ich selbstsicher zu klingen. An Ninas Reaktion bemerkte ich dann wie stark es mir misslang. 

„Freust du dich etwa nicht über das Kind?" Sie sah mich beinahe vorwurfsvoll an.

„Oh! Dann muss ich mich wohl entschuldigen...hätte ich es etwa dann nicht den anderen auch erzählen sollen?" Freudig strahlend hielt sie mir ihr Handy vor die Nase, darauf der Screenshot eines Posts von ihrem Profil. 


„Bis jetzt war ihr Bauch ganz brav konkav, doch nun ist er konvex, denn die kleine Miriam hatte Sex."


Unter dem sehr geschmacklosen Reim befand sich noch ein Bild. Man sah wie ich am Boden lag, das weite Turnleibchen etwas nach oben gerutscht, darunter zu sehen die gespannte Haut meines Bauches. Nein....

Mein ganzer Körper begann zu zittern und die Panik schnürte mir die Lunge zu. Plötzlich zog etwas an meinem Arm und schob die Panik etwas tiefer in meinen Körper. 


„Der Unterricht fängt gleich wieder an." Mit diesen Worten zog mich Briseis aus der Gefahrenzone und zurück zu unserer Klasse. Meine Glieder zitterten immer noch, hingegen schien Briseis angespannter. 
Die weiteren Stunden vergingen und ich konnte beinahe mit jedem Blick noch mehr spüren, wie sich die Schüler begannen über mich lustig zu machen und noch weiter über mich zu Urteilen.
Mein Handy legte ich so weit wie möglich von mir weg, doch ich konnte in stillen Momenten hören wie Briseis Handy in ihrer Tasche vibrierte. Vor meinem geistigen Augen erschien das Bild einer Facebook Kommentarleiste. Wort an Wort reihten sich neue Kommentare an das Vorherige. Sie waren beleidigend und einfältig formuliert, doch taten gleichzeitig schrecklich weh. 

„Miriam!" Die Stimme meiner Mathelehrerin riss mich aus der Träumerei. Mein Kopf schreckte hoch und sah in die wütend glühenden Augen meiner Mathelehrerin. 

„Es würde mich sehr freuen, wenn du uns auch deine Aufmerksamkeit schenken würdest." Der restliche Klassenraum brach in schallendes Gelächter aus. Ich sank tiefer in meinen Sessel und versuchte die restlichen Stunden aufzupassen.

So schnell wie möglich machte ich mich dann wieder auf den Weg nach Hause. Meine Eltern waren zum Glück noch nicht zuhause und Anita brach noch einmal schnell auf um etwas fürs Abendessen zu besorgen, mir hatte sie etwas zum essen bereitgestellt. 
Ich ließ es allerdings einfach liegen und lief hinauf in mein Zimmer.
Einmal komplett hindurch und direkt in mein Badezimmer. Mit tränenden Augen und leise schluchzend schelte ich mich aus meinen Sachen und stellte mich rasch unter die heiße Dusche. Das schmerzend heiße Wasser brannte auf meiner Haut und trieb mir noch mehr Tränen in die Augen. Ich hasse es...Ich HASSE es!

Den durch das heiße Wasser brennende Körper drückte ich an die kühlen Fliesen in der Dusche. Der doch starke Temperaturkontrast brachte mich noch stärker zum zittern. Wie schon so oft im letzten Jahr drückten sich feste, dicke Tränen meine Wangen hinunter. Verzweifelt versuchte ich mich an den Fliesen fest zu krallen und mich an ihnen hoch zu ziehen, als mein Körper langsam auf den Boden sank. Ich will nicht mehr...

Mein ganzer Körper begann schrecklich zu kribbeln. Vor meinen Augen begannen kleine dunkle Punkte zu tanzen. Unkontrolliert und hektisch zog ich die Luft ein. Wieso könnt ihr mich denn nicht alle in ruhe lassen.

So gut es ging versuchte ich meine Panik vor dem folgenden Schultag zu verbergen. Mit zitternden Gliedern hob ich mich die nächsten Tage aus dem Bett. Ich wählte meine Kleidung nun noch weiter, denn auch wenn es nun wahrscheinlich jeder Mensch in meiner Umgebung wusste, so wollte ich es nun noch mehr vor der Welt verstecken. 
Blick um Blick bohrte sich tiefer in meine Haut und die Gänge schienen sich immer enger um mich zu legen und mich beinahe schon einzuschließen.
In dieser Woche wagte ich es nur einmal auf Facebook zu gehen. Die Reihe an Kommentaren war lang, teilweise waren es nur amüsierte Gesichter oder geschmacklose Bildbeiträge, doch teilweise waren die Kommentare auch wirklich verletzend. 

Keine elende Jungfrau mehr xD

Das arme Kind ;) 

Frag mich wer die wohl gevögelt hat? 

Wie kam es denn zu dem Foto :D Irgendwann spiele ich bei euch im Turnsaal mal Mäuschen!

Ich bereute es sofort und hatte dann auch schwer mit den Tränen zu kämpfen. Briseis ließ mich nun nicht mehr aus den Augen in der Schule und kam auch fast jeden Tag nun zu mir. Wir redeten viel miteinander, was mir irgendwie auch ganz gut tat, doch ich merkte schnell was für eine Qual es für Briseis war. Sie ließ das alles viel zu sehr an sich heran und auch wenn sie mir versprochen hatte die Kommentare nicht zu lesen, konnte ich an ihrem Blick sehen, dass sie es doch getan hatte. Sie leidet doch schon so sehr an unter der Situation mit ihrem Bruder...ich will nicht das sie wegen mir leidet.


Pregnant Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt