God will never let you down

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Noch eine Weile saß ich zusammengerollt in der Ecke und ließ das Blut meine Haut hinunter rinnen. Es war warm und begann an den eigetrockneten stellen zu kleben. Die Tränen rannen mir immer noch übers Gesicht. Irgendwie hatte ich doch gehofft, dass es mir irgendwann egal seien würde, dass es irgendwann nicht mehr weh tun würde. Es tat aber immer noch weh. Jedes mal kam ich danach tränenüberströmt nach Hause. Meine Eltern bemerkten dies allerdings nicht, zumindest äußerten sie sich nie dazu. Sie waren viel zu beschäftigt uns ein schönes Leben zu ermöglichen. Ha!!! Diese Ironie, die doch hinter diesen Worten steckt. Man mochte zwar auf den ersten Blick meinen, dass wir ein schönes Leben hatten. Wir hatten ein relativ großes Haus, konnten uns gutes Essen leisten. Meine Mutter und ich konnten es uns sogar leisten nur in Markenboutiken einkaufen zu gehen und das nicht zu knapp. Allerdings konnten meine Eltern das nie richtig genießen. Mein Vater war im Vorsitz einer großen Firma und war deshalb oft auf Reisen um Zweigstellen zu besuchen und meine Mutter besaß eine kleinere Gruppe von Frisur- und Modeläden, deshalb hatten die beiden immer erreichbar zu seien. Man kann sich also gut vorstellen wie ein Urlaub mit der Familie aussah.

Irgendwann wurde das eingetrocknete Blut unangenehm auf meiner Haut und ich stand auf. Langsam ging ich zu dem Badezimmer, dass sich in meinem Zimmer befand. Die Tür hinter mir sperrte ich ab. Ich stellte mich vor den Spiegel und blickte dem befremdlich schauenden Mädchen in die Augen. Ihr rotblondes Haar steht in alle Richtungen. Ihre Haut  ist weiß wie Porzellan. Ihre Augen sind grün mit vereinzelt gelben Sprenkelt. Augen unter denen sich tiefe dunkelblaue Ringe abzeichnen. Augen die einst vor Lebensfreude gestrahlt hatten, doch jetzt sind sie stumpf, haben ihren Glanz verloren. Ich wendete mich vom Spiegel ab. Wie konnte dieses Mädchen nur einmal hübsch gewesen sein, wenn sie doch jetzt nur noch der Schatten eines Menschen ist. Ein paar Tränen begannen über meine Wange zu rennen. Ich zog mich schnell aus und stellte mich unter die Dusche. Heißes Wasser begann über meinen Körper zu laufen. Ich konnte jeden einzelnen Tropfen auf meiner Haut spüren. Je weiter nach unten das Wasser floss desto stärker färbte es sich rot, bis es schließlich in den Abfluss floss. Früher als Kind hatte ich mich öfter gefragt, was sich die Leute wohl dachten, die in den Kanälen arbeiteten. Ob sie Blut sahen, dass den Kanal runter floss, ob sie sich fragten was dahinter steckte.

Nach einer halben Stunde etwa stieg ich wieder aus der Dusche und wickelte mir ein weiches Handtuch um die Hüften. Ich betrat wieder mein Zimmer und blickte auf den leeren offenen Koffer, der am Boden neben meinem Bett stand. Wir würden morgen in der Früh in die nächste Stadt fahren. Sie war etwas größer als die in der wir lebten. Wir hatten dort am Rande ein Haus angemietet. Über die Ferien wurde unser Haus generalsaniert und renoviert. 

Durch ein dumpfes Klopfen wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.

„Herein."

Die Tür wurde sanft aufgeschoben. Eine Frau etwas über sechzig trat ein. Ihr langes Haar war weiß und am Hinterkopf zu einem Knoten gebunden. Sie trug einen braunen Rock, mit einer typischen alt-Weiber Bluse und darüber eine Schürze mit Blumenmuster. Um ihren Hals befand sich ein kleines goldenes Kreuz. Die Frau hieß Anita und kam ursprünglich aus Schweden. Sie war im Alter von dreißig Jahren in unser Land gezogen und arbeitete seit ich denken konnte für meine Eltern. Sie war sehr wichtig für mich und immer für mich da.

„Hallo meine Kleine." 

Wie immer hatte sie ein warmes Lächeln auf den Lippen. Ihr Blick fiel auf meinen Koffer und sie schüttelte nur schmunzelnd den Kopf.

„Meine Liebe, du hast ja noch gar nicht gepackt. Ihr fahrt morgen weg und es wird deine Eltern nicht freuen, wenn sie sehen, dass du wieder so trödelst."

Anita ging geradewegs zu meinem Schrank und öffnete ihn. Nach ein paar Sekunden griff sie zielsicher in den Schrank und begann meinen Koffer zu packen. Während dem Packen begann sie leise zu Lachen und meinte dann:

„Siebzehn Jahre und schafft es immer noch nicht ihren Koffer selbst zu packen." 

Ich mochte es wenn Anita lachte. Es wirkte immer so natürlich und warm, nicht so aufgesetzt wie bei vielen Menschen. Eigentlich arbeitete sie für meine Eltern als Haushaltshilfe, da sie ja kaum Zeit dafür hatten, doch schon als ich klein war hatte sie sich immer sehr intensiv um mich gekümmert und inzwischen gehörte sie einfach zu meiner Familie. 

Während dem Packen drehte sich Anita dann plötzlich zu mir um und schaute mich an.

„Ist etwas Schatz? Du wirkst so bedrückt und traurig, dabei solltest du dich eigentlich richtig freuen, dass du jetzt Ferien hast." 

Ich blickte ihr nun direkt in die Augen und wusste, dass sie wusste was los war. Sie kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. Tränen kamen hoch, allerdings nicht mehr so stark wie zuvor. Sanft strich sie mir über den Rücken und flüsterte beruhigende Worte in mein Ohr. 

„Es wird alles wieder gut. Vergiss nicht Gott lässt es nie zu, dass seinen Schützlingen etwas passiert." 

Auch wenn ich nicht so stark an meinem Glauben an Gott hing wie Anita, so beruhigte es mich doch immer wieder, wenn sie diese Worte sprach. Irgendwie war es erleichternd zu wissen, dass es vielleicht etwas oder jemanden gab, der auf mich aufpasste und der mich beschützen würde. Die Frage war nur wann...

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