Spiel nach seinen Regeln

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Schweratmend kam ich wieder zu Bewusstsein. Wieder einmal lag ich in einem Bett und starrte an die Decke. Um mich herum war es dunkel. Langsam begann mein Körper zu erwachen und das Gefühlschaos baute sich wieder in mir auf. Ist das alles wahr? Konnten Gabriel und Lu wirklich die selben Personen sein? War Lu wirklich Lucifer? Und hatte ich wirklich gesehen, wie Gabriel, äh Lucifer dem Erzengel Gabriel das Herz aus der Brust riss? Anita würde mich umbringen, wenn sie das wüsste.

Ich setzte mich auf und legte eine Hand auf mein pochendes Herz. Unter meiner Hand schienen zwei Herzen zu schlagen, zumindest war das meine feste Überzeugung. Bin ich wirklich noch das Mädchen aus meinen Erinnerungen?

Mein Blick wanderte zur Seite, als ich etwas neben mir spürte. Briseis lag neben mir in dem Doppelbett ihrer Oma und schien tief und fest zu schlafen. Die Decke hielt sie fest und beinahe panisch an ihren Körper, als wollte sie nicht, dass sie plötzlich verschwand. Wie bin ich eigentlich hier her gekommen? Ich kann mich nur noch an mein Gespräch mit Gabriel erinnern und wie ich im Wald das Bewusstsein verliere.
Der Gedanke an Gabriel tat weh. So recht konnte ich immer noch nicht glauben, dass er wirklich Lucifer wahr, das erschien mir alles einfach viel zu abgedreht um wahr zu sein. Könnten Engel denn wirklich existieren und warum sollten sie sich ausgerechnet für mich interessieren. Es gibt nicht wirklich etwas besonderes an mir, außer dass ich der sicher am meisten von Schicksal gestrafte Mensch in meiner Gesellschaft bin.

Ein Gedanken keimte langsam in mir auf, den ich allerdings versuchte wieder zu verdrängen und mich wieder schlafen zu legen. Ich glitte zurück in den Polster und legte meine Decke um mich. So sehr ich allerdings wollte, ich konnte einfach nicht einschlafen. Immer wieder jagten mich Bilder aus meinen Erinnerungen und hielten mich wach. Ich wurde unruhig und bekam den steigenden drang mich zu bewegen um meinen Körper unter zwang zu ermüden. Dieser absurde Gedanke begann wieder größer in meinem Kopf zu werden und mit jeder verstrichenen Minute erschien er mir weniger absurd und mehr wie ein Lösung, die einen kleinen Funken Hoffnung in sich trug. Irgendwann hatte ich mich dann soweit und kroch aus dem Bett. Ich war noch in voller Montur, was es für mich natürlich noch leichter machte mich zu überwinden. So leise und vorsichtig wie ich nur konnte schlich ich mich aus dem Zimmer und schloss die Tür. Im Flur war es dunkel und alles außer mir schien bereits zu schlafen. Es war so ruhig. Mein Herz schlug ganz laut in meinen Ohren. Vorsichtig zog ich mir meine Schuhe an, die neben der Eingangstür standen. Immer wieder sah ich mich dabei nervös um, um rechtzeitig zu erkennen,ob jemand wach wurde. Fühlt sich an, als würde ich ein Verbrechen begehen wollte. Irgendwo einbrechen.

Vorsichtig stand ich wieder und griff nach einem der Schlüsselbunde in der Schüssel auf dem Tisch neben der Tür. Briseis Schlüssel begann etwas zu klimpern und ich zuckte sofort zusammen, doch nichts begann sich zu rühren. Erleichtert ließ ich die Luft wieder aus meinen Lungen entweichen. Mit einer zitternden Hand griff ich nach der Türklinke und drückte sie langsam nach unten. Sie sprang aus dem Schloss und öffnete sich. Vorsichtig trat ich aus der Tür und fühlte mich sofort, als täte ich etwas verbotenes. Sei kein Feigling!


Leise schloss ich hinter mir die Tür und lief die Treppen hinunter. Im Haus ging ein automatisches Licht an, doch draußen war es vergleichsweise dunkel. Nur der Mond spendete mir Licht. Ich lief die spärlich beleuchtete Straße entlang. Angenehm kühler Wind strich über meine Haut. Ohne wirkliches Ziel, nur mit der dunklen Vorstellung lief ich. Folgte einfach nur der Straße. 
Kein Auto war unterwegs und störte mich auf meinen Weg. Immer weiter folgte ich einem Weg der mich, egal wie ich ihn auch nehmen würde, nur ins ungewisse führen würde. Mein Herz klopfte schnell und mein Körper machte sich bereits zu Flucht bereit. Der ungebrauchte Rest zitterte erbärmlich. 
Irgendwie hatte ich es geschafft zur Busstation zu gelangen, die mich zu meinen Zeil bringen sollte. Ich wusste nicht ob ein Bus noch fuhr, dennoch beschloss ich zu warten. Was mich dann allerdings weiter brachte war kein Bus. Es war ein Auto, dass vor der Station hielt. Es war ein Dunkles und schien mit der Nacht zu verschmelzen. Langsam glitt die Tür auf und eine vertraute Gestallt stieg aus. 

„Hallo Miriam." So recht wusste ich nicht, wie ich auf seine Anwesenheit reagieren sollte. Ich blieb distanziert.

„Lucifer." Er begann etwas verkniffen zu lächeln und lehnte sich leicht gegen den Wagen. 

„Dir ist also klar, dass es kein Traum war." Es war mehr eine Feststellung für sich selbst, dennoch gab ich ihm eine Antwort.

„Jetzt bin ich mir sicher." Auf meine kalte Erwiderung sah er mich doch etwas erstaunt an. 

„Du bist sehr distanziert. Ich hatte mir erhofft, du würdest noch Gefühle für mich erwärmen können." Er sagte es zwar etwas spöttisch, doch ich war mir nicht sicher wie viel davon nur Schein waren.

„Ich weiß nicht...Es gibt noch zu viele offene Fragen." 

„Die du gern von mir beantwortest hättest. Stehst du deshalb hier?" Mit einer unauffälligen Geste wies er zu dem Bushaltestellenschild.

„Müsstes du das nicht wissen? Sonst spukst du auch andauernd in meinem Kopf herum." 

„Das ist wesentlich komplizierte, als du es wohl meinst." Er stieß sich von dem Auto ab und trat zur Seite. Die Beifahrertür glitt auf.


„Komm mit und ich werde es dir sagen." Ich wich zurück.

„Warum sollte ich dir nach allem noch vertrauen?" Frustriert sank seine mir entgegen gestreckte Hand.

„Es gäbe nicht was mich dazu veranlassen würde dir etwas zu tuen. Hätte ich diese Intention gehabt, dann hätte ich es schon viel früher gemacht." So recht glaubte ich ihm nicht. Zusehr war ich von ihm verletzt und hintergangen worden.

Irgendwann gab ich allerdings dennoch nach und stieg in das Auto. Innen war es beinahe so dunkel wie außen, was mich etwas beunruhigte und zu meiner angespannten Haltung noch ihr übriges tat. Lucifers Köper glitt nun ebenfalls ins Auto und ehe ich mich versah fuhren wir auch schon über die einsame Straße. Die Luft im Auto war angespannt. Viele unausgesprochene Fragen und Antworten, genauso wie Gefühle begannen sich in dem doch eher kleinen Raum zu stauen und trieben mir eine Gänsehaut über die Haut. 


„Du kannst es auch spüren, oder?" Ich wagte es nicht ihn anzusehen
.
„Dieser Dunst aus Unbehagen und Gefühlen ist wirklich erdrückend." Die restliche Fahrt verlief schweigend, während ich versuchte mein Herz und im generellen meinen Körper wieder etwas in den Griff zu bekommen. Alles begann allerdings immer mehr auf mich nieder zu drücken und irgendwann hatte ich dann das Gefühl ich würde daran ersticken. Beinahe zum selben Moment hielt der Wagen und Lucifer stieg aus. Die Tür neben mir öffnete sich und ich stieg ebenfalls aus dem Auto.
Schnell erkannte ich wo wir wahren und ich bekam, wenn ich ehrlich bin, etwas angst vor dem, das mich erwartete.
Ohne ein Wort zu sagen begann sich Lucifer in Bewegung zu setzen. Ich lief mit doch etwas Abstand hinterher. Unser Weg führt uns über das große Feld direkt auf das Zelt zu. Lucifer und ich betraten das Zelt und mit einem Schwall schienen noch mehr Erinnerungen auf mich einzuprasseln. Lucifer war nun stehen geblieben und sah mich an. Sein Blick war von einem dunklen Schleier durchzogen, der es mir unmöglich machte zu erkennen was er dachte. Die Veränderte Energie in dem Zelt bemerkte ich allerdings.

„Du wolltest Antworten. Nun gut! Aber nur zu meinen Bedingungen." Bei seinen Worten lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.


„Du hast nie gesagt, dass die Antworten mit Bedingungen verknüpft sind." Er hat mich schon wieder hinters Licht geführt.

„Miriam, bist du immer noch so naiv? Langsam solltest du im Leben, dass ihr Menschen gewählt habt, begriffen haben, dass alles immer an Bedingungen geknüpft ist." Er begann bei seine Worten böse zu lächeln und zog unschuldig die Schultern nach oben.
„Ich spiele nur nach den Regeln, die ihr bestimmt habt." Es war mir bereits klar, dass es an diesem Punkt kein zurück mehr gab. Ich brauchte ringen ein paar Antworten und klare Tatsachen, sonst würde ich nie ruhe finden.

„Siehst du. Nun begreifst selbst du." Lucifer bewegte sich weiter in die Manege hinein und stieg dann die Reihen hinauf. Eigentlich wollte ich ihm folgen, doch er wies mich an weiter in das Zentrum der Manege zu laufen. Ich tat wie befohlen, da ich eh nicht wirklich eine andere Wahl hatte.

„Bevor wir mit dem Spiel anfangen solltest du einmal wissen, dass dieses Zelt hier kein normales ist." Das klingt nicht gut.

„In diesem Zelt befindet sich ein Teil meines Reiches. Meiner Welt. Meine Macht ist hier beinahe absolut und ich kann alles verändern, je nach dem wie es mein Kopf und mein Herz sich wünschen." Während er die Worte sprach ließ er sich auf eine Bank in der zweiten Reihe nieder.

„Die Menschen bemerken dies meistens gar nicht, da ich die Wirklichkeit in diesem Zelt nur geringfügig verändere. Ich kann allerdings alles was du hier siehst verändern. Alles ist nur eine Projektion, die so ist, weil ich es liebe." Ich spürte ein eigenartiges Gefühl auf meiner Haut und konnte beobachten wie sich alles um mich herum begann in Luft aufzulösen. Zurück blieb nur Dunkelheit.

„ So sieht es hier wirklich aus. Dunkelheit. Die ich so oft ertragen muss, weil ein Spieler will dass ich als Figur genau an dieser Stelle stehe. Ich kann mich nicht währen, sondern ihn mich nur irgendwo auf seinem Brett platzieren lassen." Die Dunkelheit umschloss Lucifer und schien mit ihm eine Einheit zu bilden. Nun stand er wieder nur ein paar Meter vor mir und sah mich an.

„Erwartest du jetzt Mitleid von mir?" Ich war frustriert und wütend darauf, dass ich wirklich Mitgefühl für diesen Lügner empfand. 

„Du hast mich angelogen. Ein falsches Spiel mit mir gespielt. Mich in etwas rein gezogen...dass ich nicht einmal ansatzweise verstehe und nun erwartest du, dass ich für dein Leid auch nur ein anderes Gefühl, als Genugtuung empfinde." Die Dunkelheit um mich begann Wellen zu schlagen und zu vibrieren. 

„Sei still!" Lucifers Augen begannen zu glühen, als würden Flammen wie wild in ihnen brennen und nach Freiheit verlangen.

„Denke nicht zu hoch von dir selbst. Ich mag dir bis jetzt gnädig gestimmt gewesen sein, doch ich kann auch ganz anders sein und im Moment brenne ich beinahe darauf es dir zu zeigen. Die Seite dir ihr Menschen seit jeher in eurem Glauben fürchtet." Zu Lucifers Füßen begannen sich Flammen zu entzünden, die im raschen Tempo wuchsen und zu mir ausbreiteten. In einem engen Kreis umschlossen sie mich. 

„Provoziere mich lieber nicht Prinzessin." Ich musste Schlucken. Ich muss meine Worte klüger wählen. 


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