38. Wahrheit

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Guten Morgen meine Süßen! Habt einen guten Start in die Kurze Woche, viel Spaß beim
Kapitel!❤

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* Marco *

Diesen Wunsch erfülle ich ihr gern, weil er auch mich beruhigt - dieser Kuss. Wider meinen Erwartungen bleibt es bei einem langen Kuss, dann sieht sie mich sekundenlang an, ehe sie zu erzählen beginnt: "Mein großer Bruder hat sich schon lange nicht mehr so benommen, wie man das vielleicht von ihm erwarten würde, weißt du? Wir haben uns vor etlichen Jahren so zerstritten, dass seitdem immer die Fetzen fliegen, wenn wir uns begegnen - was wir beide eigentlich versuchen zu vermeiden. Man könnte sagen, wir hassen uns bis aufs Blut." Ihre Worte treffen mich sehr. Ich pflege zu meinen Schwestern und meinen Eltern ein herzliches, enges Verhältnis. Auf die Idee würde ich nie kommen, zu sagen, dass ich einen von ihnen hasse. Hass ist ein so starkes Gefühl. Wenn man es einmal ausgesprochen hat, kann man nicht mehr zurück. "Frag ruhig, Marco. Ich sehe dir an, dass du es nicht verstehst", lächelt sie mich lieb an, spielt mit einer ihrer Haarsträhnen, als würde ihr das gar nichts ausmachen darüber zu reden. "Wie ist es dazu gekommen?" Fast ist es mir unangenehm sie so zu löchern, aber scheinbar will sie es jetzt sogar doch loswerden. Da werde ich nicht blocken. "Ich glaube, es ist mittlerweile 6 Jahre her. Damals starb meine Großmutter, während ich grad im Ausland war, ich konnte nicht zur Beerdigung kommen. Und irgendwie war das der Anfang. Als ich es endlich schaffte mal nach Hause zu fliegen, hat Jonas einen unfassbaren Aufstand gemacht, mich übel beschimpft, mir vorgeworfen ich sei egoistisch, würde mich einen Dreck um meine Familie scheren. Was nicht stimmt. Das habe ich mir nicht gefallen lassen, warum auch? Aber es wurde danach immer schlimmer. Er suchte ständig Streit, fand immer wieder Gründe, merkwürdige Sachen, die er mir vorhalten konnte, wegen denen es zu Auseinandersetzungen kam. Bis zu dem Tag, als unsere Cousine ums Leben kann. Es geschah vielleicht drei Monate nach dem Ableben meiner Großmutter. Es war ein tragischer Unfall, ich schwöre es dir. Ich konnte nichts dafür und habe alles versucht, um ihr zu helfen, aber es war hoffnungslos!" Jetzt setzt sie sich auf, wischt über ihre Wangen, die von den Tränen glitzern, ihre Stimme bebt. "Sie saß in meinem Wagen, als es passierte. Ich wollte sie wieder nach Hause fahren. Der Typ ist bei Rot über die Kreuzung gerast, während ich abbiegen wollte. Er kam aus dem Nichts!" Ihre Hände zittern, mein Herz wird schwer. Es geht um ein Kind? Wenn ein Kind stirbt, wiegt das immer doppelt schwer. Kinder haben nicht einmal die Chance etwas vom Leben zu erfahren. "Marco, es war nicht meine Schuld! Das haben alle gesagt - nur Jonas glaubt mir das bis heute nicht. Er hat die Kleine geliebt, sie war für ihn eher wie eine kleine Schwester, nicht nur seine Cousine. Sie war gerade mal Acht Jahre alt gewesen", stößt Stella traurig hervor, ihre Hände graben sich in das Sofakissen und sie scheint mit sich zu kämpfen, um nicht hemmungslos zu weinen.
Fassungslos sehe ich sie an. Sie tut mir so unendlich leid. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, wie ich sie trösten soll - ich weiß nicht mal, ob ich das überhaupt kann! "Stella, ich", setze ich mit kratziger Stimme an, sie winkt ab, holt tief Luft und sagt dann: "Egal, ob ich Schuld habe oder nicht - in Jonas' Augen war ich für den Tod von Leonie verantwortlich. Und er hat mir mehr als einmal deutlich gemacht, dass er mit das niemals verzeihen wird. Was ich auch tue. Er hasst mich dafür." Sanft streichle ich ihr über den Unterarm, weil ich einfach nicht weiß, wie ich mich verhalten soll. Stella so traurig zu sein, überfordert mich sehr, genau wie die Tatsache, dass so ein  tragisches Erlebnis zwischen ihr und ihren Bruder steht. "Es tut mir leid", flüstere ich, sie schaut auf, zuckt scheinbar resigniert mit den Schultern und murmelt: "Um Leonie tut es mir leid. Um Jonas nicht. Er ist ein schlechter Mensch." Mit dem Vorwurf, sie sei am Tod dieses kleinen Mädchens schuld, hat er Stella sehr verletzt. Das merkt man.

"Ich habe Rotz und Wasser geheult, konnte es nicht fassen, war am Boden zerstört und mein Bruder - mein eigener Bruder stellt sich hin und nennt mich eine Mörderin! Er hat alles verdreht! Der hat sie einfach nicht mehr alle!", meckert sie nun, kneift die Augen zusammen und fügt hinzu: "Du hast ein bisschen Pech, was meine Familie betrifft. Wirklich. Ich bin damals von zu Hause weg, um meine Ruhe zu haben. Aber wohin muss meine Familie ausgerechnet ziehen? Nach Dortmund. War ja klar. Ich bin damals der Liebe wegen hergekommen und als ich mitbekommen habe, dass Jonas, meine Mum und mein Das hier sind, bin ich aus allen Wolken gefallen. Obwohl es mich nicht wirklich überrascht hat, dass meine Eltern sich zwischenzeitlich getrennt hatten. Dass meine Mutter es überhaupt mit diesem Choleriker so lange ausgehalten hat, ist ein Wunder. Ich hab es bisher niemandem aus meiner Familie erzählt. Ich glaube nämlich, dass sie nicht wirklich erfreut wären, dass ich von 'nem One Night Stand schwanger geworden bin. Meine Mum ist eigentlich ziemlich normal. Zu ihr hab ich mittlerweile ein recht gutes Verhältnis. Womöglich würde sie es relativ gelassen sehen, dass mit der Schwangerschaft, das mit uns. Aber mein Vater? Der macht mir eh wieder nur Vorwürfe, ich würde nix gebacken kriegen, wäre zu jung dafür, würde verantwortungslos handeln. Immer dieselbe Leier. Und Jonas? Naja. Dem will ich es gar nicht sagen. Du hast ja gesehen, wie wir aneinandergeraten sind. Das ist der Normalzustand. Also ja, du hast irgendwie Pech. Sorry."

Einen Augenblick lang muss ich das erstmal sacken lassen, konzentriere mich auf ihre strahlend grünen Augen und meine dann: "Es ist zwar ätzend, dass es so ist, dass deine Familie dir scheinbar nicht den Rücken stärkt, aber Pech habe ich definitiv keins - immerhin bekommst du die Babies und du", jetzt lehne ich mich um ihr hinüber, drehe ihr Kinn zu mir, " Du bist fantastisch, Stella. Lass dir nichts einreden, bitte. Wenn du möchtest, dann sagen wir es deiner Mutter gemeinsam? Ich zwinge dich zu gar nichts, du kannst es auch vor ihnen geheimhalten. Aber wenn du es möchtest, begleite ich dich. Ich stehe ihr Rede und Antwort, wenn's sein muss. Das würde ich auch bei deinem Dad auch oder sogar deinem Bruder, wenn du es willst. Sie sollen wissen, dass wir das hinkriegen werden und zwar zusammen. Du bist weder verantwortungslos, noch unachtsam oder leichtsinnig. Dein Vater kennt scheinbar seine eigene Tochter nicht." Dann drücke ich ihr einen liebevollen Kuss auf, den sie zögernd erwidert. Anschließend rutscht sie auf meinen Schoß, nestelt an ihrem Kleid herum um sagt beinah unhörbar: "Danke, dass du mich nicht gefragt hast, ob ich Schuld war." Kopfschüttelnd vergrabe ich mein Gesicht in ihrem Haar und brumme: "Mach dir keine Vorwürfe. Es war ein Unfall. Jonas ist immer noch wütend, du bist nur die Zielscheibe. Es ist unfair, aber lass das nicht zu nah an dich heran. Wir kriegen das alles hin, hörst du? Am Ende wird alles gut, das sagt meine Mutter immer und sie hatte Recht - ich habe dich getroffen. "

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Das Zerwürfnis hat einen tragischen Kern😓 Stella scheint das prinzipiell ganz gut überwunden zu haben, was passiert ist - nur steht sie seitdem mit ihrem Bruder auf Kriegsfuß...

Marco ist zwar ein bisschen überfordert, löst das aber dennoch gut. Er macht Vorschläge, drängt sie aber zu nichts💕 Dass sie es ihrer Mutter gemeinsam sagen? Was haltet ihr davon?

Was sagt ihr zu dem Pitel? Bringt diese Wahrheit die beiden näher zusammen?

Bin gespannt auf eure Reaktionen...

Fühlt euch umarmt,
eure Mercy aka Floraly ❤

Einmal [Marco Reus] | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt