Liebes Tagebuch,
Luana hat gestern tatsächlich ein Mädchen mitgebracht, aber sie hat gesagt, wir sollen sie erst einmal in Ruhe lassen. Sie ist gerade mal sechs Jahre alt. Luana hat uns ein bisschen über sie erzählt, damit wir besser verstehen können, warum sie sich so verhält, wie sie sich verhält.
Eleni hat zusammen mit ihren Eltern und einer älteren Schwester in einer kleinen Wohnung gelebt. Luana hat gesagt, dass ihre Eltern gewalttätig waren, aber was sie genau mit ihr gemacht haben, weiß nur Eleni selbst, und sie spricht nicht darüber. Ihre Schwester war ihr Fels in der Brandung, aber sie ist bei einem Unfall mit einer Freundin gestorben. Erst danach kam heraus, dass da etwas nicht stimmte.
Tagebuch, wenn ich Eleni so anschaue, dann merke ich, dass sie, was auch immer da passiert ist, sehr lange ertragen hat. Eleni hat lange blonde Haare und blaue Augen. Das Strahlen aus ihren Augen ist schon längst verschwunden. In ihnen liegt nur noch Angst und Misstrauen.
Ich habe mich kurz bei ihr vorgestellt, aber sie spricht nicht, Tagebuch. Sie vermeidet jeden Kontakt und will absolut keine Nähe oder Berührungen zulassen. Sie hat wirklich vor allem Angst und hat sich in ihr Zimmer verkrochen. Es ist nicht wie bei mir, Tagebuch. Ich habe mich damals in meinem Zimmer versteckt, weil ich mehr oder weniger bockig war, als ich das erste Mal herkam. Bei ihr ist es einfach nur Angst.
Tagebuch, hast du eine Ahnung, was einem Menschen passieren muss, damit er überhaupt keinen Kontakt mehr zulässt? Besonders, wenn dieser Mensch ein Kind ist? Für jeden Schritt, den man auf sie zugeht, geht sie zwei zurück.
Luana hat gesagt, wir sollen das akzeptieren und ihr Zeit geben. Ich will ihr helfen, Tagebuch. Ich merke, dass sie sich nach Kontakt, Sicherheit und Geborgenheit sehnt, aber gleichzeitig trägt sie so eine große Angst in sich.
Ich will ihr helfen... Und das werde ich auch, auch wenn ich noch nicht weiß, wie.
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Mama hat ihren Regenschirm verloren - Wie Depressionen eine Familie verändern
Teen Fiction-Depressionen betreffen die ganze Familie auch wenn nur ein Mitglied daran erkrankt ist- Das das Leben nicht fair ist, bekommt die siebenjährige Marlene zu spüren. Seit sie Schreiben gelernt hat vertraut sie ihrem Tagebuch ihre Sorgen an. Bisher bes...