2. Juni. 2011

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Liebes Tagebuch,

Ich habe die ganze Nacht nicht schlafen können. Allein der Gedanke daran, dass Eleni noch irgendwo da draußen ist, hat mir den Schlaf geraubt. Ich habe mir den ganzen Abend und die Nacht über den Kopf zerbrochen, wo sie sein könnte, aber mein Kopf war wie leer gefegt.

Vielleicht wollte Eleni auch nicht gefunden werden. Wenn sie das nicht wollte, würde man sie auch nicht finden. Aber ich verstehe nicht, warum sie weggelaufen ist. Ich habe mit Mama gesprochen und ihr gesagt, dass ich mir Sorgen mache. Sie hat mir gesagt, dass Eleni bald wieder auftauchen wird und dass ich zur Schule gehen soll. Nach der Schule könne ich weitersuchen.

Also machte ich mich mit dem Fahrrad auf den Weg zur Schule, aber ich fuhr nicht wirklich zur Schule. Wie ein Geistesblitz durchfuhr mich der Gedanke, wo Eleni sein könnte. Warum bin ich nicht früher darauf gekommen? Wenn Eleni aus irgendeinem Grund wegläuft, wo würde sie hingehen? Richtig, zu dem einzigen Menschen, dem sie vertraut – und das war Holly.

Ich weiß, Holly ist tot, aber ich war mir so sicher, dass Eleni am Friedhof an Hollys Grab sein würde. Also fuhr ich in die komplett falsche Richtung. Wenn Mama wüsste, dass ich nicht zur Schule gefahren bin...

Ich raste zum Friedhof. Der Friedhof hier ist nicht besonders groß, und es dauerte nicht lange, bis ich das Grab von Hollys Schwester gefunden hatte. Und tatsächlich, da war Eleni. Sie lag zusammengerollt vor dem Grab.

Ich schüttelte sie sanft, damit sie aufwachte. Sie war so kalt, Tagebuch. „Eleni?"

Sie öffnete die Augen, und ich gab ihr meine Jacke. „Alle machen sich Sorgen um dich. Warum bist du weggelaufen?", fragte ich.

Sie begann zu weinen. „Es tut mir leid, Marlene", schluchzte sie.

„Was tut dir leid?", fragte ich.

„Dass ich nicht mit dir gesprochen habe. Dass du jetzt sauer auf mich bist. Dass du gegangen bist. Das ist meine Schuld. Das wollte ich nicht, ich...", sagte sie aufgeregt. Aber ich unterbrach sie sanft.

„Eleni, da hast du etwas falsch verstanden. Ich bin nicht sauer auf dich und ich bin auch nicht wegen dir gegangen. Meiner Mama geht es wieder besser, ich konnte wieder zu ihr. Das hat nichts mit dir zu tun", erklärte ich.

Sie sah mich mit ihren blauen Augen an, und ich wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht. Obwohl sie so kalt war, war ihr Kopf viel zu heiß. „Geht es dir nicht gut?", fragte ich, aber sie antwortete nicht. „Komm, ich bring dich nach Hause. Du musst dringend ins Warme, und die anderen machen sich auch Sorgen um dich", sagte ich.

Sie sagte nichts mehr. Ich setzte sie auf den Gepäckträger meines Fahrrads und fuhr mit ihr zu Luana. Vom Friedhof aus musste man nur den Berg hinunterrollen. Ich klingelte, und es schien, als hätte Liv schon vor der Tür gestanden, denn sie öffnete sofort.

„Eleni!", sagte Liv erleichtert und ging wortlos an ihr vorbei nach drinnen. Liv sah mich an. „Marlene, komm rein."

„Mama! Eleni ist wieder da!", rief Liv. Es dauerte keine drei Sekunden, da stand Luana auch schon vor mir.

„Marlene, ist sie zu dir gekommen? Wo war sie?", fragte Luana.

„Sie war auf dem Friedhof. Sie hat vor dem Grab ihrer Schwester gelegen. Ich glaube, sie war die ganze Nacht dort. Es geht ihr nicht besonders gut. Sie ist ganz kalt und ich glaube, sie hat Fieber", sagte ich.

„Ich mache ihr einen Tee und schaue nach ihr", sagte Liv, bevor sie in die Küche verschwand.

„Hat Eleni irgendetwas gesagt? Irgendetwas darüber, warum sie weggelaufen ist?", fragte Luana.

„Sie hat nicht mitbekommen, dass ich zu Mama zurückgekehrt bin, weil sie sich in letzter Zeit so zurückgezogen hat. Sie dachte, ich wäre böse auf sie und deswegen gegangen", sagte ich.

Ich mache mir große Sorgen um Eleni. Sie braucht mich, Tagebuch.

„Du bist ihr sehr wichtig", sagte Luana. Das weiß ich, Tagebuch.

Ich denke die ganze Zeit über das nach, was heute passiert ist. Es spielt sich alles immer wieder in meinem Kopf ab. Ich konnte in der Schule weiterhin für Eleni da sein und sie ab und zu besuchen, aber sie musste lernen, eine Bindung zu den anderen aufzubauen und nicht nur zu mir. Ich hoffe, dass sie das irgendwann kann, damit sie auch richtig ankommen kann.





Mama hat ihren Regenschirm verloren - Wie Depressionen eine Familie verändernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt