14. Februar. 2011

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Liebe Tagebuch,

Mama hat die Tagebücher wirklich gelesen. Sie hat sie mir schweigend zurückgegeben. Jetzt besuche ich sie regelmäßig, jedes zweite Wochenende. Ich habe sie gefragt, was sie darüber denkt, jetzt, wo sie alles gelesen hat. Sie hat gesagt, dass es ihr leid tut. Sie weiß, dass es auch für mich nicht einfach war und dass sie immer an mich gedacht hat.

Mama erklärte, dass sie damals die Tabletten genommen hat, weil sie Angst um mich hatte und wusste, dass es mir damit nicht gut ging. Sie fühlte sich jedoch machtlos und wusste, dass sie die Kontrolle über die Situation verloren hatte. Sie hat sich schuldig gefühlt, weil Felix immer wieder gewalttätig wurde – dabei war sie es, die ihn überhaupt in unser Leben gelassen hatte. Sie sagte, dass sie es feige fand, die Realität auszuschalten, anstatt sich dem Problem zu stellen und zu sehen, wie ich kämpfte.

Sie sprach von meinem neunten Geburtstag, dem Tag, an dem Felix mich brutal misshandelt hat. Dieser Tag war der Wendepunkt, an dem alles ans Licht kam, vor allem durch Liv. Mama meinte, dass sie es als unfair empfand, von mir zu verlangen, nichts zu sagen, und dass sie selbst nicht wusste, was sie tun sollte, weil sie einfach nichts tun konnte.

Dann sagte sie noch etwas, Tagebuch. Sie bat mich, es nicht falsch zu verstehen und erklärte, dass ich eine der wichtigsten Personen in ihrem Leben sei. Sie meinte, es wäre besser, wenn ich weiterhin bei Luana bleibe, weil sie sich erst selbst wiederfinden muss. Sie sagte, es gehe ihr zwar besser, aber es würde noch eine Weile dauern, bis sie wieder die Alte ist.

„Marlene, du hast es verdient, glücklich zu sein, und ich weiß, dass du bei den anderen glücklich bist. Es wäre unfair von mir zu verlangen, dass du zu mir kommst, während ich noch mit mir selbst kämpfe und nicht für dich sorgen kann, wie du es brauchst. Bitte nimm mir das nicht übel. Ich versuche nur, dich vor dem zu schützen, vor dem du laut deinen Tagebüchern immer Angst hattest", sagte sie.

Tagebuch, ich finde es gut, dass sie das sagt. Vielleicht ist das der erste Schritt in die richtige Richtung. Ich habe Mama lieb und werde sie immer lieben.

Mama hat ihren Regenschirm verloren - Wie Depressionen eine Familie verändernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt