26. September. 2010

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**Liebes Tagebuch,**

Mein Geburtstag ist heute. Schon wieder... Die Zeit scheint beinahe unaufhaltsam an mir vorbeizurauschen. Zehn Jahre. Das erste Mal zweistellig.

Wusstest du, dass das zehnte Lebensjahr als eines der sichersten Jahre im Leben eines Menschen gilt? Warum, weiß ich auch nicht genau, aber es stimmt wirklich.

Heute Morgen wurde ich von einem lauten und ziemlich schief gesungenen „Happy Birthday" geweckt. Ich wusste gar nicht, dass Liv und Linus so schlecht singen können. Kennst du dieses Geräusch, wenn jemand mit Fingernägeln über eine Tafel kratzt? So ungefähr war das auch. Aber trotzdem habe ich mich gefreut.

Nala hingegen hatte eine sehr klare und schöne Stimme. Manchmal frage ich mich, wie es sein kann, dass Geschwister so unterschiedlich singen können.

Zum Frühstück gab es Pfannkuchen. Sie haben fast so gut geschmeckt wie die von Mama, Tagebuch. Ich frage mich, ob sie an mich denkt oder ob sie böse auf mich ist, weil mir nicht schnell genug eine Ausrede eingefallen ist und wir deshalb aufgeflogen sind...

Luana hat mir eine Geburtstagskarte geschenkt. Auf der Karte stand:

„Jeder Tag ist kostbar.
Die schönen Tage – schenken uns Freude.
Die schrecklichen Tage – Erfahrung.
Die schlimmen Tage – Lektionen.
Und die besten Tage – Erinnerungen."

Darunter stand in Luanas Handschrift: „Ich hoffe, das wird einer der besten Tage für dich..."

Wenn man dieser Karte Glauben schenken mag, dann habe ich in den letzten drei Jahren viele Erfahrungen und Lektionen gesammelt. Ich weiß nur nicht, wofür ich all diese Lektionen bekommen habe.

In der Karte waren Eintrittskarten. Als ich sie herausnahm und die Karte las, erfuhr ich, dass wir alle zusammen in den Herbstferien nach Hamburg fahren würden, um uns das Musical „König der Löwen" anzusehen. Ich war noch nie in Hamburg, aber ich habe gehört, dass es dort schön sein soll. Karla hat mir erzählt, dass man das Musical mindestens 30 Mal ansehen muss, um alles zu sehen, weil es so viel gleichzeitig zu bieten hat.

Ich habe mich bedankt und bin in mein Zimmer gegangen. Auch wenn ich es eigentlich gar nicht will, sind meine Gedanken bei Mama. Der Satz, dass ich nicht verstehen kann, wie sie sich fühlt, und der Gedanke, dass sie nicht darüber nachdenkt, wie es mir geht, schwirren immer wieder in meinem Kopf herum.

Irgendwann stand Karla plötzlich in meinem Zimmer. Ich habe mich so erschrocken, Tagebuch. Ich hatte sie seit unserem Streit nicht mehr gesehen. Sie sagte, es tue ihr leid, dass sie nicht mehr mit mir gesprochen hatte, und dass sie einfach nur verletzt war, weil sie dachte, ich wäre ihre beste Freundin und ich trotzdem nicht mit ihr sprach. Ich habe gesagt, dass ich selbst nicht glauben konnte, dass es schon wieder passiert ist und ich es wohl einfach nicht wahrhaben wollte.

Karla wünschte mir alles Gute und drückte mir dann ein Geschenk in die Hand. Als ich es auspackte, war es ein neues Tagebuch. Mein altes war fast voll – wie wusste sie das?

„Es ist Zeit für einen Neuanfang, findest du nicht? Ein neues Buch, leere Seiten. Es ist bereit, eine andere Geschichte aufzunehmen, eine, die nichts mit der Vergangenheit zu tun hat", sagte sie. Ihre blauen Augen funkelten, und eine ihrer lockigen Strähnen hing ihr ins Gesicht. Sie bekam ihre Haare einfach nicht gebändigt.

„Du weißt, dass du mir vertrauen kannst, oder? Ich bin für dich da. Du kannst mir das nächste Mal gleich sagen, wenn etwas ist. Es fühlt sich blöd an, zu wissen, dass etwas nicht stimmt, aber du nicht sagen willst, was", fügte sie hinzu.

Tagebuch, ich bin froh, dass ich Karla habe. Ich glaube, ich hatte noch nie eine so gute Freundin.





Hallo zusammen. Morgen sind die Ferien vorbei. Es kann sein das dann unregelmäßiger Kapitel kommen da ich meistens lang in der Schule bin.
LG Vivi :)





Mama hat ihren Regenschirm verloren - Wie Depressionen eine Familie verändernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt