Liebes Tagebuch,
heute ist schon der dritte Tag, an dem es keine Spur von Leo gibt.
Es heißt das 80% aller Kinder und Jugendlichen die als vermisst gemeldet werden in den ersten 24 Stunden wiederauftauchen.
Leo gehört also zu den 20% die länger wegbleiben. Ich merke wie es immer angespanntes Zuhause wird. Bei allen liegen die Nerven blank.
Besonders bei Luana. Vorhin hat sie sogar Eleni angeschrien, als diese etwas von Luana wollte.
Ich weiß das sie es nicht böse meint und sie sich nur Sorgen macht, aber Eleni war ganz schön erschrocken gewesen.
Ich merke auch das Lyara immer unruhiger wird. Ich habe genug Tagebuch!
Sie weiß irgendwas, da bin ich mir sicher und ich werde nicht nachgeben bis ich in welcher Form auch immer etwas aus ihr rausbekommen habe!
Tagebuch es ist spät abends jetzt wo ich dir schreibe. Ich bin müde. Es ist einiges passiert seit heute Mittag.
Ich bin in Lyara ihr Zimmer gegangen.
Sie hat seit gestern Abend niemanden mehr zu sich gelassen und sie hat mir deutlich gezeigt, dass sie auch mich nicht in ihrem Zimmer haben wollte.
Ich habe gegen die oberste Regel in diesem Haus verstoßen. Niemand geht in dein Zimmer, wenn du es nicht willst und du gehst nicht in das Zimmer der anderen, wenn sie es nicht wollen.
Ich bin trotzdem im Zimmer geblieben.
„Lyara ich merke doch wie sehr du dir Sorgen um deinen Bruder machst. Wenn du eine Idee hast wo er sein könnte musst du das sagen!", hatte ich gesagt aber sie hat sich nur Weg gedreht.
„Weißt du es wird für Leo langsam gefährlich. Es ist kalt und er hat weder was zu trinken noch was zu essen dabei. Wenn er nichts gefunden hat dann geht es ihm jetzt immer schlechter", hatte ich gesagt.
Aber auch das hatte sie zu keiner Reaktion gebracht.
Tagebuch ich weiß das, das was ich als Nächstes gesagt habe furchtbar gemein war aber es war die einzige Möglichkeit sie dazu zu bringen mitzuarbeiten.
„Wenn Leo etwas passiert, obwohl du weiß wo er ist, ist es deine schuld! Hast du gehört dann ist es deine Schuld!", hatte ich gesagt.
Das hatte gezogen Tagebuch. Sie hat sich zu mir umgedreht.
„Verdammt Lyara, wenn du nicht reden willst, dann schreib es auf oder bring mich hin aber tu endlich was. Etwas anderes als Trübsal zu blasen bis ihm wirklich noch etwas passiert!", hatte ich gesagt.
Sie hat endlich Einsicht gezeigt Tagebuch und hat meine Hand genommen.
Sie hat mich zur Haustür gebracht und wir haben uns etwas angezogen.
Dann hat sie uns zum Schuppen gebracht und wir haben uns ein Fahrrad genommen.
Sie ist losgefahren und ich bin ihr einfach nach.
Sie hat mich zu einem kleinen Wald am Rand des Dorfes gebracht in dem wir Leben.
Dort hat sie ihr Fahrrad hingelegt und ist in den Wald reingerannt.
Ich musste mich ganz schön beeilen um sie nicht aus den Augen zu verlieren.
Egal wie schüchtern sie war, rennen konnte sie...
Es hat begonnen zu stürmen und ich habe ein sehr wackeliges Baumhaus in einen der Bäume gesehen. Es war so gut in der Baumkrone versteckt das ich es erst gesehen hatte als ich direkt darunter stand.
„Leo?", hatte ich gerufen.
„Leo bist du da?"
Ich hatte ihn tatsächlich durch einen schlitz im Baumhaus schauen sehen.
Ich war erleichtert. Es schien ihm gut zu gehen.
„Leo komm da runter bitte. Es machen sich alle Sorgen um dich", hatte ich gesagt.
„Lass mich in Ruhe!", hatte er geschrien. „Du hast mich verraten. Ich dachte wir halten zusammen"; hatte er seine Schwester angeschrien.
Ich war näher ans Baumhaus getreten.
Ich war auf einen Ast gestiegen und so konnte ich das Baumhaus schon fast erreichen. Es hing nicht besonders hoch.
„Leo komm endlich runter, bitte", hatte ich gesagt und er noch ein Stück höher gestiegen.
Er war zurückgewichen.
Ich habe ein lautes Knacken gehört.
„Leo sei vorsichtig!", hatte ich noch gesagt aber da habe ich ihn schon fallen sehen.
„Leo!", hatte ich Lyara auf einmal schreien hören und dann wie Leo auf dem Boden aufkam.
Ich habe Lyara angesehen. Sie hatte gesprochen Tagebuch.
Luana hatte gesagt das sie seit ihrem 5 Lebensjahr nicht mehr gesprochen hatte und dann war das erste Wort was sie sagte der Name ihres Bruders...
Sie ist auf die andere Seite des Baumes gerannt und ich bin ihr gefolgt.
„Leo sag was", hatte sie gesagt.
Lyara hatte begonnen zu weinen.
Leo lag unter ein paar morschen Brettern des Baumhauses begraben welche ich sofort zur Seite räumte.
„Leo hörst du mich?", hatte ich gerufen aber ich bekam keine Antwort.
„Lyara geht ein Stück von dem Baumhaus weg nicht das noch mehr runterkommt", hatte ich gerufen und Leo selbst ein Stück vom Baumhaus weggezogen.
Er hatte eine kleine Platzwunde an der Stirn vermutlich durch eines der Bretter aber er hat geatmet.
Seine Brust hat sich gehoben und gesenkt, das habe ich gleichgesehen.
Ich war so froh gewesen Tagebuch.
„Leo, es tut mir leid, bitte sag was", hatte Lyara schluchzend gesagt.
Leo hatte Glück gehabt. Der Boden, auf dem er gelandet war war von einer dicken Laubschicht bedeckt.
Ich habe Leo dann in die stabile Seitenlage gezogen, so wie ich es bei den Schulsannitätern gelernt hatte.
„Hab keine Angst Lyara es geht ihm bald wieder besser. Ich ruf jetzt erstmal Luana an", hatte ich gesagt und hatte mit ihre Telefoniert.
Ich habe ihr gesagt das wir Leo endlich gefunden haben und sie hat gesagt das sie sich sofort auf den Weg macht und ich Leo im Auge behalten und ihn immer wieder ansprechen soll.
Lyara hat es fertig gemacht ihren Bruder so zu sehen. Ich musste sie Ablenken...
„Lyara was ist das für ein Baumhaus?", hatte ich gefragt.
„Das hat Papa mit uns gebaut... Wir haben uns hier immer versteckt, wenn er und Mama gestritten haben. Manchmal wenn es ganz schlimm war haben wir auch hier geschlafen. Am nächsten Morgen hatten sie sich dann wieder beruhig. Besonders Mama ist schnell wütend geworden", hatte sie leise gesagt.
Es hatte nicht lange gedauert und Luana war mit Toni aufgetaucht.
Sie hat Leo untersucht und ihn dann ins Krankenhaus gebracht während ich und Lyara wieder nachhause gefahren sind.
Lyara ist mir seitdem nicht mehr von der Seite gewichen. Ich glaube das sie jetzt reden wird Tagebuch.
Luana ist erst spät Nachhause gekommen. Sie hat gesagt das es Leo schon wieder besser geht aber dass er eine Gehirnerschütterung hat und sich das Bein verstaucht hat und außerdem unterkühlt ist und das er deswegen noch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben muss.
Tagebuch ich melde mich morgen wieder bei dir. Ich bin müde und muss dringend schlafen. Jetzt kann ich endlich wieder in Ruhe schlafen, weil ich mir keine Sorgen mehr um Leo machen muss.
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Mama hat ihren Regenschirm verloren - Wie Depressionen eine Familie verändern
Teen Fiction-Depressionen betreffen die ganze Familie auch wenn nur ein Mitglied daran erkrankt ist- Das das Leben nicht fair ist, bekommt die siebenjährige Marlene zu spüren. Seit sie Schreiben gelernt hat vertraut sie ihrem Tagebuch ihre Sorgen an. Bisher bes...