Zum Maracana war es normalerweiße nicht sehr weit, doch der dichte Verkehr machte es uns fast unmöglich. Die heiße Sonne schien in die Busfenster und dementsprechend heiß waren die Scheiben. Die engen Straßen waren gestopft voll mit Fans und Leuten in weißen oder blauen Trikots. Alle winkten uns zu und jubelten, doch dass sie dadurch unseren ganzen Zeitplan durcheinanderwarfen war ihnen anscheinend nicht bewusst. Durch einen kleinen Umweg kamen wir trotzdem fast pünktlich an und versammelten uns, nachdem wir unsere Trikot angezogen hatten in der Mitte der Kabine. "Wir sind nicht umsonst so weit gekommen, nehmt euer Herz und kämpft", waren Jogis Worte, die mir noch besonders in den Gedanken geblieben waren. Roman stellte sich auch nochmal in die Mitte und brüllte irgendwelche motivierenden Worte und dann gingen wir nach draußen. Heute kam ich mir besonders beobachtet vor. Die ganze Welt schaute zu. Ich machte mich wieder mit den ganzen Ersatzspielern warm, in der Hoffnung, dass es vielleicht für später wichtig sein würde. Christoph hatte in der Kabine erst erfahren, dass er heute spielen würde und war deshalb nicht bei uns mit dabei. Die Aufregung war ihm ins Gesicht geschrieben. Fokusiert und wie in einem Tunnel passte er den Ball zu Basti und schaute kein einziges Mal auf, doch ich war mir sicher, dass er es gut machen würde. Das Stadion war rießengroß und gestopft voll. So konzentriert und angespannt war die Stimmung noch nie bei uns in der Mannschaft. Wortlos passte ich mit Lukas den Ball hin und her und machte einige Dehnübungen. Mein Herz pochte fürchterlich und ich wollte endlich das es losging. Zum Ende der Aufwärmphase stellte sich die ganze Mannschaft nochmal auf dem Spielfeld zu einem Kreis zusammen. Jogi forderte uns auf an jemanden zu denken, für den wir heute spielen wollten. Die wir stolz machen wollten. Bei den Hymnen hatte ich so eine große Gänsehaut, dass ich kürzlich fast zu frieren begann. Wir hatten soviele Wochen als Team zusammen gearbeitet und jetzt standen wir wirklich im wichtigsten Fußballturnier der Welt im Finale. Endlich pfiff der Schiedsrichter zum Anstoß. Das Stadion kochte förmlich. Die Argentinier hielten stark dagegen und gleich wurde es einige Male wirklich gefährlich. „Kein Elfmeterschießen" hatte Jogi zu uns gesagt. In der 19. Minute wurde Christoph von einem Argentinier unsanft im Strafraum weggecheckt. Zuerst dachte ich es sei alles in Ordnung, doch wenige Minuten später mussten Hans und sein Team ihn vom Platz führen, weil er planlos umher irrte. Für ihn kam André auf den Platz, der es auch nicht zu einem Startplatz gebracht hatte. Nach der Halbzeit stand es 0:0. Nach 80 Minuten immernoch 0:0. Langsam wurde es eng. Die Jungs mussten sich durchbeißen. Auf einmal drehte sich Jogi zu mir um und gab mir ein Zeichen, dass ich mich Aufwärmen sollte. Verwundert und überrascht lief ich zur Seitenlinie und lief mich warm. Durfte ich tatsächlich das Finale einer Weltmeisterschaft spielen? Jenna hatte Recht. Kurz musste ich in meiner ganzen Hektik, Angst und Aufregung sogar schmunzeln. In der 88. Minute kam ich für Miro ins Spiel. „Zeig mir und der Welt, dass du besser bist als Messi", flüsterte mir Jogi kurz vor meiner Einwechslung ins Ohr. Diese Worte würde ich wohl niemals vergessen. „Du machst das Ding!", brüllte mir auch noch Miro zu, als er mich Abklatschte. Ich lief zu meinen Mitspielern, die teilweise schon viel zu ausgepowert und müde waren, dass sie so normal kein Spiel mehr bestreiten könnten. Es gab nur eine Mission: Ein Tor. Ich fand schnell in das Spiel hinein, doch die Argentinier lagen gleich auf. Messi brillierte wieder von seiner besten Seite und versuchte sich mit Tricks an uns vorbeizuspielen, doch es gelang ihm nur mäßig. 90 Minuten waren vorbei. Es ging in die Verlängerung. Wir durften keine Fehler mehr machen, denn unser Gegner würde alles daran setzen ihn auszunutzen. Die meisten meiner Mitspieler plagten Krämpfe oder sonstige Verletzungen, doch allen war der Titel wichtiger als irgendwelche Schmerzen. Auch nach 105 Minuten schafften wir es nicht vors Tor der Gegner. Der Druck war enorm hoch. Die ganze Welt schaute auf uns. Wie in einem Tunnel trabte ich zurück aufs Spielfeld. Ich wusste, dass ich noch einmal Alles geben musste. Ich erinnerte mich an meine Familie, Jenna, Georg und ließ alles Revue passieren. Ich musste für sie spielen. Nicht für mich oder meinen eigenen Stolz. Der Schiedsrichter pfiff die letzte Viertelstunde an. Jetzt musste das entscheidende Tor fallen. Basti schmiss sich in jeden Zweikampf, wurde gefoult und lag ständig am Boden, doch er stand wieder auf. Ich sah in schmerzverzerrte Gesichter, doch jeder wollte diesen Titel haben. In der 113. Minute sprintete André mit dem Ball die Seitenlinie entlang. Diese Situation hatten wir gefühlt hunderte Male im Training geübt. Ich stand im Strafraum frei und er schlug mir die Flanke nach innen. Ich stand einfach perfekt und nahm den Ball mit der Brust an und stieß ihn mit dem rechten Fuß am Torwart vorbei. Wie in Trance beobachtete ich die Kugel, die ins Netz ging. Das konnte nicht sein. Kein Abseits? Ich hörte keinen Pfiff. Ich hatte das Tor geschossen. Vielleicht das Entscheidende. Benommen sprang ich auf und sprintete zu meinen Kollegen. Sie fielen mir in die Arme und schrien mich an. „Danke! Danke! Danke!", brüllte Basti, schon fast flehend und nahm mein Gesicht in die Hand. Ich verstand die Situation nicht so richtig, doch wir lagen mit 1:0 vorne, das war die Hauptsache. Noch hatten wir über sieben Minuten vor uns. Die Argentinier machten unheimlich viel Druck. Messi versuchte es mit großartigen Situationen, doch es klappte nicht. 120 Minuten waren um. Vier Minuten Nachspielzeit. Wieso vier Minuten? Es waren die wohl härtesten Minuten meines Lebens bis dorthin. Wir quälten uns von der einen auf die andere Spielseite und wieder zurück und unserem Gegner ging es fast genauso. In der 123. Minute bekam Messi noch einen Freistoß. Ich stellte mich in die Mauer und schloss die Augen. Man kannte seine Freistößte. Die Freistöße des besten Fußballers konnten immer reingehen. „Bitte lass ihn nicht reingehen", betete ich und öffnete die Augen. Er nahm Anlauf und schoss. Vergeblich sprangen wir nach oben, doch schon als der Ball den Fuß verließ merkten wir alle, dass er viel zu weit oben sein würde. Jetzt konnte der Schiedsrichter abpfeiffen, doch er tat es nicht. Zuerst musste ein Argentinier Basti nochmal so brutal foulen, dass er auf dem Boden liegen blieb. Die Auswechselspieler von unserer Mannschaft standen schon erwartungsvoll am Spielfeldrand und zeigten ungeduldig auf die Uhr. Pfffiiiip Pffiiiiip Pffiiiiip erklang die Pfeiffe. Ich konnte es nicht fassen. Wir waren Weltmeister und ich hatte das Siegtor geschossen. Überwältigt sank ich zusammen und alle kamen auf mich zugerannt. Sie umarmten mich und schmissen sich auf mich. Mir wurden soviele Sachen ins Ohr geschrien, doch ich bekam sie gar nicht mit. Basti kam heulend auf mich zu und umarmte mich lange. „Danke Mario, du bringst mich zum Weinen", schluchzte er und vergrub sein Gesicht in meiner Schulter. Miro kam dazu und wischte sich auch die Tränen aus den Augen: „Ich hab dir doch gesagt, dass du es machst!". So konnte man also eine ganze Mannschaft in weniger als zehn Minuten zum Weinen bringen.
Jenna PoV:
Ich konnte es einfach nicht fassen. Montana lag mir in den Armen und ließ mich nicht mehr los. Ich war so stolz auf meinen Freund. Ständig kamen Leute und fielen mir um den Hals und bedankten sich bei mir, obwohl ich nicht wusste weshalb. Auf einmal tippte mich jemand von hinten an und Montana schaute gerade zufällig nach Hinten. Überrascht schlug sie die Hände vor dem Mund zusammen und begann zu kreischen. Verwirrt drehte ich mich um und mir schossen die Tränen in die Augen.
14.07.2014♥ Heute mal ein gaanz kurzes Kapitel, doch das nächste kommt auch bald. Sorry aber der Cut musste einfach sein. Ich weiß, dass ich grottenschlecht in Spielanalysen bin, deswegen sind sie bei mir auch immer extrem kurz, doch beim WM Finale musste ich da leider eine Ausnahme machen. Was habt ihr für eine Idee, wie geht es weiter? :)♥
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Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)
Fanfiction"Lass mal zu der da hinten gehen" - ein Satz, der das Leben zweier Menschen komplett veränderte.