Kapitel 92

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Beim Training wussten schon alle Bescheid, wahrscheinlich aus dem Radio. "Alter was machst du denn hier, bleib Zuhause bei deiner Frau", meinte Thomas, als er mich aus dem Auto steigen sah. "Nein", entgegnete ich nur kurz und packte meine Tasche. "Er hat Angst, dass sie ihm den Platz wieder wegnehmen", erklärte Marco. Sie tuschelten hinter mir weiter, doch ich lief einfach voran und wollte mich umziehen. Ich wollte nicht wieder untertauchen und wieder nur auf der Bank sitzen und mir tat die Abwechslung sicher gut. Oben wurde ich nur schief angeschaut und Marco schräg hinter mir erst recht. "Wenn es nicht mehr geht sagst du Bescheid und es zwingt dich Niemand zu irgendetwas", räumte Pep gleich ein, als ich auf den Platz kam. "Ist gut", meinte ich genervt und sprintete los. Vielleicht war es auch gut, dass ich so irgendwie den Gerüchten entkommen konnte. Das ganze Training über sagte Niemand etwas zu mir. Marco stand abseits, da er von keinen Reportern oder Fans erkannt werden wollte und schaute mir zu. Erst im Nachhinein wurde mir klar, was für eine große Geste das für mich war. Am Ende packte ich schnell meine Sachen zusammen und lief in die Tiefgarage, wo er schon auf mich wartete. "Wie gehts?", wollte er wissen und stieg auf den Beifahrersitz. "Scheiße", entgegnete ich kurz und startete den Wagen. "Hat jemand was gesagt?", fragte er schnell. "Nein", schüttelte ich den Kopf. "Was machst du eigentlich am Samstag, ihr spielt doch gegen Nürnberg (jaja der fcn wird bis dahin hoffentlich wieder aufgestiegen sein) oder?", fragte ich und fuhr aus der Tiefgarage. "Ja aber Thomas (Tuchel) will mich sowieso nicht in der Startaufstellung sehen, sondern den Nachwuchs spielen lassen und dann hab ich ihm einfach ganz abgesagt", erklärte er. "Danke", meinte ich kurz und lächelte zu ihm rüber. "Du brauchst dich für nichts zu bedanken, ich will auch einfach nur wissen, wo mein Patenkind ist", meinte er und drückte auf seinem Handy herum. Als wir Zuhause ankamen saß Alex auf der Treppe und telefonierte. Obwohl sie versuchte es, doch schaffte es nicht, weil sie so weinen musste. "Mama, nein du musst nicht kommen ich bin in guten Händen", schniefte sie und ruckte kurz zur Seite, als wir vorbeiliefen. Oben in der Wohnung war es ganz leise. "Hallo?", rief ich und zog meine Schuhe aus. "Wir sind hier", hörten wir Felix rufen, vermutlich aus Jonas' Kinderzimmer. "Jonas der Papa ist wieder da", meinte Felix und darauf hörte ich ein leises Quietschen. "Hallooo", rief ich und schaute mit meinem Kopf um die Ecke. Als Jonas mich sah gingen seine Mundwinkel nach oben und er streckte seine kleinen Ärmchen zu mir hoch. "Brrrrrrr", lief ich auf ihn zu und hob ihn hoch, "rrrrrummm". Sein Quietschen tat in meinen Ohren fast weh. "Wo sind die Anderen?", wollte Marco wissen und schnell fiel mir auf, dass nurnoch Anni neben Felix saß. "Fabi ist mit Jenna ins Krankenhaus, die ist zusammengebrochen", antwortete mein Bruder und sofort schellte mein Kopf nach oben. "Wie zusammengebrochen?", rief ich. "Sie war mit ihm auf der Couch gesessen und Fabi wollte sie trösten und irgendwie hat sie ganz heftig gezittert und ist dann zusammengeklappt", erklärte er. "Soll ich hinterherkommen?", fragte ich unsicher und hievte Jonas an meinen Brustkorb. "Nein, jemand muss auf die Wache und Neuigkeiten abholen", mischte sich Alex von hinten ein und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. "Machen wir das?", fragte Felix gleich und sie nickte. "Felix ich kann das auch machen", meinte ich, doch er schüttelte gleich den Kopf: "Bleib du mal bei deinem Sohn und verbring ein Bisschen Zeit mit ihm, der hat Papa-Entzug". Das war ein Argument. Also drehte ich um und lief auf den Balkon, wo die Sonne herunterstach. "Du hast keine Ahnung was hier gerade alles falsch läuft", flüsterte ich und strich ihm über die Wangen. Egal wer Philipp das angetan hatte, ich wusste, dass ich ihm die Fresse polieren würde. Ich sah, wie Felix (wie immer viel zu schnell) mit seinem Auto aus der Einfahrt fuhr und dann war es ganz still, viel zu still, deswegen ging ich wieder nach Innen. "Wieso erzählt mir da Niemand von?", hörte ich Marco aus Jonas' Kinderzimmer fragen und ich blieb stehen um zu lauschen. "Ich weiß es nicht, das war alles ein Bisschen scheiße damals", entgegnete Anni. "Wielange seid ihr schon nicht mehr zusammen?", wollte Marco wissen. "Seit drei Monaten", meinte sie. "Und wann wolltest du mir das sagen?", fragte er und hörte sich dabei ziemlich angefressen an. "Wenn wir uns das nächste Mal gesehen hätten und außerdem wusste ich ja gar nicht wie es mit deiner komischen Freundin aus Düsseldorf steht", erklärte sie, "Chiara oder?" "Jap und da läuft schon ewig lange nichts mehr", meinte er kurz. "Heißt das wir haben jetzt freie Bahn?", fragte sie kurz und dieser Satz blieb mir noch ewig in Erinnerung. Das konnte nicht sein. Anni hatte sich nur von Felix getrennt, weil sie etwas von Marco wollte. "Was ist mit dem Baby?", fragte er auf einmal und da rutschte mir fast das Herz in die Hose. "Hab es abtreiben lassen", entgegnete sie. "Das hättest du nicht machen müssen", flüsterte mein bester Freund. "Ich könnte das aber nicht, ein Kind mit einem Mann haben, den ich nicht mehr liebe und für dich wäre es auch blöd gewesen", erklärte sie und ich hörte, wie sich jemand auf die Couch in Jonas Zimmer setzte. "Darf ich dich jetzt endlich küssen?", hauchte Marco und danach hörte ich nichts mehr. Ohne groß nachzudenken legte ich Jonas auf die Couch im Wohnzimmer und lief zur Toilette, wo ich erstmal mein Frühstück loswerden musste. Ich war furchtbar sauer und dazu auch noch enttäuscht. Am liebsten hätte ich Beide rausgeschmissen, doch das konnte ich unter diesen Umständen nicht machen. "Fuck", stöhnte ich, hievte mich wieder auf und wischte mir mit einem Waschlappen am Mund herum. "Mario ist alles okay bei dir?", rief Marco und hämmerte gegen die Tür. "Nein musste gerade nur kotzen", antwortete ich ehrlich und schaute mich im Spiegel an. So fertig hatte ich schon lange nicht mehr ausgesehen. "Musst du zum Arzt?", fragte er. "Nein danke", zischte ich, drückte die Tür auf und rauschte an ihn vorbei. Ich nahm Jonas auf den Arm und lief aus der Tür, wo immernoch die Reporter lauerten, die ich in diesem Moment aber völlig vergessen hatte. "Mario was ist denn jetzt los, gibt es Neuigkeiten?", schrie ein Reporter und drückte mir ein Mikrofon gegen die Backe. Jetzt lief für mich das Glas über. "Wenn sie jetzt nicht alle mein Grundstück verlassen verklage ich sie. Wenn auch nur ein Satz über meine Familie in die Zeitung kommt genauso. Seien sie einfach nur froh, dass ihnen sowas nicht passiert", rief ich und achtete darauf, dass Jonas Gesicht dicht an meiner Brust lag, sodass ihn Niemand fotografieren konnte. Danach machte ich kehrt und klingelte bei meinen Nachbarn, bei denen ich mich auf die Couch legen konnte. Dani kochte mir einen Tee, den ich zwar nicht anrührte, doch zu ihr konnte man immer kommen und sie wusste auch immer Bescheid. "Dein Bruder ist wieder da", weckte sie mich nach zwei Stunden Schlaf wieder auf. Schnell stolperte ich auf, schnappte mir Jonas und lief die Treppe hinauf. "Es gehen ständig Hinweise ein und wenn sie bis Übermorgen Niemanden gefunden haben werden die Suchtruppen losgeschickt", erklärte Felix. Und sie fanden auch Niemanden. Jenna kam mitten in der Nacht wieder und nach drei Tagen ging ein Sondereinsatzkommando auf die Suche. Jeden Tag, den wir länger nach Philipp suchten wurde ich schwächer, das merkte man auch im Training. Alex und Jenna saßen meist zuzweit auf dem Balkon und weinten. Anni und Marco waren fast immer in der Stadt unterwegs, doch mich interessierte es gar nicht was sie taten. "Er ist bestimmt irgendwo in einem Keller, friert und bekommt nichts zu essen", schrie Jenna eines Abends, als wir alle auf der Couch saßen. Fünf Tage waren sie jetzt verschwunden. "Hoffentlich haben sie die zwei nicht getrennt", schniefte Alex. Ich hatte es in den letzten Tagen ohne Tränen ausgehalten, doch der Schmerz und die heimlichen Schreiattaken waren der Horror. Es fühlte sich wieder so an wie bei Lias Tod. Unsere Familie schien immer mehr zu zerbrechen. "Ich hab Angst, dass er tot ist", weinte Jenna auf einmal mit zitternder Stimme und bei diesen Worten brachen bei mir alle Dämme. Ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Endlich hatte jemand meine Befürchtung ausgesprochen. Schnell versuchte ich die Tränen mit meinen Handflächen wegzuwischen und mich wegzudrehen, doch es war schon längst offensichtlich. Das einzige was noch im Raum zu hören war waren meine lauten Schluchzer und Jennas Gewimmer. "Ich schaff das nicht nochmal", flüsterte sie und schüttelte den Kopf. "Jenna..", versuchte ihr Anni dazwischen zu reden. "Ich kann nicht mehr", flüsterte sie und rollte sich neben mir zusammen. Vorsichtig nahm ich ihre Hand um ihr zu zeigen, dass es mir genauso ging. "Sie leben noch, ganz sicher", meinte Marco, der neben Anni und Fabian saß. Was machte ihn da so sicher? Vielleicht die Euphorie, dass er endlich seine Traumfrau erobert hatte. Jetzt wurde mir wieder übel.

Gestern hat es bei mir den ganzen Tag geregnet, also ein neues Kapitel. Leute am 1.9.2015 wurde diese Story hier ein Jahr alt (*happy Birthday*) und ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir zu diesem Tag alle ein Kommentar schenkt. Vielleicht wie ihr die Story im Moment findet, wie ihr sie im Ganzen findet, Kritik oder Themen für die Zukunft, alles erwünscht! Ich würde mich riesig freuen und es wäre bestimmt eine echte Motivation für mich, also haut Auf die Buchstaben & habt eine tolle Zeit!❤️

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt