Kapitel 53

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Ich erkannte die Stimme. Nein, das konnte nicht sein. Langsam drehte ich mich um und sah direkt in das Gesicht meiner Freundin. Ich riss die Augen auf und nahm sie einfach in den Arm. Irgendwie verstand ich die Situation nicht. Ich drückte sie ganz fest und küsste sie auf den Kopf. "Was machst du denn hier?", fragte ich und hielte sie weiter im Arm. "Ich hab gedacht ich überrasch dich mal", säuselte sie und schniefte. Ich ließ sie los und wischte ihr eine Träne von der Backe. "Du spinnst doch", flüsterte ich und küsste sie. Jenna weinte, küsste und umarmte mich wieder. Ich hatte ihre Nähe so vermisst. "Wo sind die Kinder?", fragte ich und schaute mich um. "Ich hab das getan was du wolltest und hab sie Zuhause gelassen", meinte sie, "deine Mutter ist an allem Schuld". "Oh Mann", stöhnte ich und grinste, "ich hab noch nie jemanden so vermisst wie dich". Nochmal küssten wir uns und hielten uns an den Händen fest. "Jenna?", fragte Jogi, der jetzt meinen Job übernahm und den Wasserkasten hinübertragen wollte. Schnell nahm ich ihm den Kasten ab. "Was machst du denn hier? Ich dachte du kommst ni.." -"Lange Überzeugungsarbeit von Marios Mama", redete meine Freundin ihm ins Wort, "ich muss euch doch beim Finale live zuschauen". "Na so weit sind wir ja noch nicht", grinste Jogi, "aber Mario braucht einen Glücksbringer, du hast schon Recht". Auch die Anderen wurden langsam aufmerksam auf Jenna. "Mario du musst jetzt nicht mehr weinen", rief Manu, als ich den Wasserkasten neben ihn stellte. "Pass mal auf das du nicht gleich weinst", lachte ich und drückte ihm ein Wasser in die Hand. "Wer weint?", fragte meine Freundin und stellte sich neben uns. "Dein Freund", meinte Manu schnell. "Ach dann tröste ich ihn eben", grinste Jenna und drückte mir einen Kuss auf die Backe. "Jenna! Das passt gerade nicht", zischte ich, weil so Manus Aussage nur bestätigt wurde. Er warf mir nur einen Bossblick zu und trank dann übertrieben genüsslich aus seiner Flasche. Ich setzte mich neben ihn. "Jetzt erzähl mal", drängte ich und patschte auf meine Oberschenkel, sodass sie sich darauf setzen konnte. "Deine Mutter hat mir an deinem Geburtstag eröffnet, dass sie schon längst Flugtickets für mich gebucht hat und das ich auf jeden Fall zu dir fliegen muss", grinste sie und setzte sich auf meine Beine. "Und du denkst die Kinder sind bei ihr sicher?", lachte ich. "Das schlimmste was passieren kann ist, dass sie an Überfütterung sterben, aber sonst bin ich da doch sehr zuversichtlich", grinste meine Freundin, "außerdem wollte Marco öfters vorbeischauen, wenn er in Dortmund ist". "Na dann sind sie ja in guten Händen", entgegnete ich und küsste sie auf die Wange. "Und bist du gut vorbereitet für heute Abend?", fragte sie und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Hab vorhin erfahren, dass ich warscheinlich nicht spielen werde", meinte ich betrübt. "Nicht?! Mann ich bin doch dein Glücksbringer", rief Jenna und schaute mich an, "naja im Finale hast du ja auch noch eine Chance". "Der Bus ist da!", teilte uns Oli mit und wir konnten zum Hotel fahren. Jenna durfte ausnahmsweiße mitfahren, weil sie keine Ahnung von Infrastruktur in dieser Stadt hatte. Sie bekam ein Zimmer auf der Etage, auf denen die restlichen Spielerfrauen auch untergebracht waren und ich zog wieder mit André zusammen. Nach einer kleinen Verschnaufpause trafen wir uns zu einer letzten Besprechung und dann ging es auch schon los zum Stadion. Wir wussten, dass eine schwere Aufgabe vor uns lag. Die Brasilianer würden alles daran setzen uns nach Hause zu schicken. Ihr größter Traum war es, im eigenen Land Weltmeister zu werden. Von Jenna konnte ich mich gar nicht richtig verabschieden, doch ich war mir sicher, dass sie unter den ganzen Spielerfrauen schon einen Anhang finden würde und irgendwie zum Stadion kommen würde. Der Empfang war atemberaubend. Die Brasilianer jubelten als wir kamen, genauso wie die deutschen Fans. Nach den Hymnen gingen wir gleich schnell und hart in die Zweikämpfe und die Brasilianer wehrten sich kaum. "Na wenn die so spielen wollen, dann spielen wir eben so", meinte Jogi nach zehn Minuten und setzte sich auf die Bank. Wenige Augenblicke fiel, wie als hätte er es geahnt, das erste Tor, Thomas hatte es gemacht. Damit hatten die Brasilianer nicht gerechnet. Viel zu übermotiviert waren sie in dieses Spiel gegangen. In den nächsten Minuten dachte ich sie würden sich wieder fangen, doch was in der 23. bis zur 29. Minute passierte war unglaublich. Miro schoss sein 16. Weltmeisterschaftstor und wurde so zum Rekordschützen, Toni traf zweimal und am Schluss haute Sami noch einen Ball ins Netz. 5:0 zur Halbzeit. Das war ein Ausrufezeichen. "Wir haben das Finale so gut wie in der Tasche. Bitte führt sie nicht vor, sondern spielt ein Bisschen ruhiger", appellierte Jogi in der Kabine. André hatte diese Ansprache wohl überhört und traf in der zweiten Halbzeit gleich zweimal. Kurz vor Schluss erzielte Oscar noch einen Ehrentreffer und auf einmal war es vorbei. Wir hatten Brasilien gerade mit 7:1 vom Platz geschickt. Das halbe Stadion weinte, nur im deutschen Blog ging die Party ab. Doch bevor wir uns um unsere Fans scherten kümmerten wir uns um die brasilianischen Spieler. Dante lag in Bastis Armen und weinte. Irgendwie fühlte ich mich schuldig. Doch als wir zu unseren Fans gingen wurde es mir klar. Wir waren im Finale. 13.07.2014 Maracana und wir waren dabei. Beim Duschen schien es auch noch Niemand zu realisieren, was gerade draußen passiert war. "FINALE!", brüllten Per und Benni durch die Umkleide und die Meisten tanzten zur Musik aus den Lautsprechern, doch trotzdem war es komisch. Als wir im Hotel ankamen fiel mir Jenna in die Arme. "Was war denn das gerade", fragte sie. "Ich weiß es auch nicht so genau", schüttelte ich den Kopf, "warscheinlich warst du heute einfach unser Glücksbringer". "Ach schmarr nicht", lachte sie, "ihr seid im Finale!" Den Abend ließ jeder auf seine eigene Art ausklingen. Manche trafen sich in der Lounge und schauten sich nochmal das Spiel an oder gingen gleich schlafen. Ich ging mit Jenna eine Runde durch den Garten spazieren und lief dann auf mein Zimmer. Der Tag war einfach zu voll mit Überraschungen. André war anscheinend noch mit seiner Freundin Montana unterwegs. Am nächsten Morgen ging der Flieger schon sehr früh zurück. Jenna hatte sich einen Flug mit den anderen Mädels gebucht. Im deutschen Fernsehen und Radio konnten die Reporter sich vor Lobeshymnen auf die Nationalmannschaft kaum halten. Fast begann es mich ein Bisschen zu nerven. Jetzt stand nurnoch eine große Frage im Raum: Gegen wen würden wir das Finale bestreiten? Lionel Messi oder Arjen Robben? Im Camp angekommen zeigte ich meiner Freundin ihr Appartment, in dem auch die anderen Frauen schliefen und ging zum Frühtraining. Die letzte halbe Woche in Santo André war wohl die härteste von allen. Wir trainierten jeden Tag bis in die Nacht, um uns exzellent auf das Spiel vorzubereiten. Vielleicht das größte und wichtigste Spiel unseres Lebens. Unser Gegner war Argentinien. Ein Glück. "Stell dir einfach Lionell Messi vor, wie er morgen Abend den Pokal hochstemmt", ermutigte mich meine Freundin, als wir am letzten Tag im Camp unsere Koffer packten. "Du bist schon Motivation genug", grinste ich. "Ach ja.. ich wollte nochmal mit dir reden", meinte sie auf einmal ernst und zog mich auf mein Bett. "Was ist denn los?", fragte ich. Sie strich sich eine Haarsträhe aus dem Gesicht: "Es geht um Georg, den Taxifahrer". "Warst du auf der Beerdigung?", wollte ich wissen. "Natürlich. Es war so traurig", schniefte sie. "Beerdigungen sind das leider imm.." -"Es waren vielleicht zehn Leute da. Ein paar alte Schulkollegen, zwei Cousins und sein Schwager", unterbrach sie mich. "Er hatte nicht viele Menschen um sich", flüsterte ich, "deswegen wollte ich mich doch auch mal mit ihm treffen". "Nicht mal sein Sohn ist aufgetaucht", flüsterte Jenna leise und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht, "Mario das ist so schrecklich". "Ich verspreche dir, dass uns sowas nie passieren wird", flüsterte ich, "und jetzt lach mal kleiner Schmetterling, wir sind in Brasilien". Dabei stupste ich ihr leicht in die Seite und sie musste quietschen. "Und morgen werdet ihr Weltmeister", grinste sie und küsste mich auf die Backe. Um von der miesen Stimmung abzulenken grinste ich und packte weiter meine Sachen in die Tasche. Heute Abend ging der Flug nach Rio de Janeiro. "Stell dir mal vor du kannst deinen Kindern später erzählen, dass du Weltmeister geworden bist", schwärmte Jenna und drehte sich verträumt im Zimmer umher, "sie wären bestimmt die stolzesten Kinder auf der ganzen Welt". Irgendwie schafften es ihre Worte unheimlich viel Motivation in mir zu wecken. "Ich werde es versuchen und hoffentlich bist du dann auch die stolzest.." -"Ja ich bin dann die stolzeste Freundin auf der ganzen Welt", grinste sie und umarmte mich von hinten, "aber die bin ich auch jetzt schon". "Wenn wir Zuhause sind bekommst du soviel von mir, wie du nur bekommen kannst und ich renn dir nicht weg", schmunzelte ich. "Ach ich liebe Sommerurlaub", kicherte sie. "Ich auch!", schallte eine Stimme hinter uns, "na bereit Loverboy?" "Na klar du Lappen", rief ich und drehte mich zu Thomas um, um mit ihm einzuschlagen. "Na deinem Spitznamen machst du ja mal wieder alle Ehre", grinste er. "Du leider auch", entgegnete ich. Mit Thomas konnte ich solche Sprüche machen, weil er sie erstens mit mir auch machte und zweitens, weil er sie wenigstens verstand und nicht falsch auffasste. "Jogi gibt später die Aufstellung bekannt", verkündete er, "kommst du mit runter?" Ich nickte schnell: "Schatz schaffst du das hier alleine?" "Klar, geh schon", grinste Jenna und gab mir einen Kuss. Unten saßen schon alle wie auf heißen Kohlen, weil sie wissen wollten, ob sie morgen im wichtigsten Spiel des Jahres zum Zug kommen würden. Ich war mir schon ziemlich sicher, dass ich diesmal von Anfang an spielen durfte, weil ich in den letzten Spielen nach Jogis Worten noch "geschont" werden musste. "Männer ich wünsche euch einen guten Morgen und möchte gleich zum Anfang meiner kleinen Ansprache die Startelf für das Finale morgen Abend bekanntgeben", verkündete Jogi, als wir alle als Mannschaft in der großen Lounge saßen. "Im Tor natürlich Manuel, hinten in der Viererkette haben wir Philipp, Mats, Jerome und Benni nominiert. Im Mittelfeld Basti und Sami und im Sturm Thomas, Toni und Mesut. Ganz vorne wird morgen abend natürlich..", jetzt musste einfach mein Name kommen, "Miro auflaufen. Niemand hat in sovielen Weltmeisterschaften soviel Einsatz gezeigt wie er". Etwas erstaunt riss ich die Augen auf. Keine Startelf? Würde ich überhaupt zum Zug kommen? "Trainer das war so nicht ausgemacht", beschwerte ich mich, als er mit seinem Gespräch zuende war. "Mario es geht hier nicht alles nach deiner Pfeiffe", meinte er ruhig, "es entscheiden immernoch die Trainer, wer spielt und wer nicht". Schnaufend drehte ich mich um und lief kopfschüttelnd davon. Vielleicht hatte er auch einfach Recht und ich taugte nicht für die Anfangsformation. Der große Flachbildfernsehn teilte uns die Abfahrtszeit heute Nachmittag mit: 15:30 Uhr. Noch zwei Stunden waren wir im Campo Bahia. "Und wie schauts aus?", fragte Jenna, als ich wieder ins Zimmer kam. "Wie solls denn aussehen", zischte ich und warf mich aufs Bett. "Was ist denn los?", fragte sie vorsichtig und setzte sich neben mich. "Sie lassen mich nicht spielen. Das ist los!", beschwerte ich mich, "wie soll ich denn zeigen was ich kann, wenn ich nicht mal Gelegenheit dazu bekomme". Ohne etwas zu sagen fuhr mir Jenna durch die Haare: "Er wird schon wissen was er tut". "Ja da pass ich ihm warscheinlich nicht rein", seufzte ich und setzte mich wieder auf. "Mario jetzt heul hier mal nicht so rum, wie eine Fünftklässlerin am ersten Schultag", beschwerte sich meine Freundin, "benehm dich doch mal wie ein echter Profi. Du weißt genau was du kannst und sicher kommst du später aufs Feld. Du wirst spielen". "Du hast ja Recht", murmelte ich, mal wieder. "Deine Maulerei macht euch auch nicht zum Weltmeister. Ein Team ist erst ein Team, wenn die Spieler auch von den Ersatzspielern unterstützt werden!", motivierte sie mich. "Okay du hast ja Recht", wiederholte ich mich schon wieder. "Und da ich heute schon ungefähr dreimal Recht hatte ist es an der Zeit das sauere Gesicht abzulegen und zu lachen", grinste sie und küsste mich auf den Mund, "du wirst spielen!" Der Flug nach Rio stand bevor und nachdem wir uns lange von den Einwohnern von Santo André verabschiedet hatten konnte es losgehen. Einer der wichtigsten Flüge unseres Lebens stand bevor. Alle waren aufgeregt, doch der Titel war greifbar. Wir mussten die Chance nutzen. Wir mussten als Team zusammenarbeiten und ich wusste ich würde spielen. Jenna hatte es mir so vorrausgesagt.

Als allererstes möchte ich mich entschuldigen, dass erst jetzt wieder etwas von mir kommt. Ich hoffe es gefällt euch trotzdem:) Kommentare wie immer gewünscht! Habt nen schönen Tag:-*

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt