Kapitel 99

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Mario PoV:

Das Bild von Jenna und den Kindern ging mir noch den ganzen Tag durch den Kopf. Als Felix von einem Straßenkünstler angesprochen wurde, als Fabian fast in einer riesigen Shoppingmall verloren ging und auch, als wir am späten Abend in einem Restaurant saßen und uns mit amerikanischen Touristen unterhielten. "You're from Germany?", fragte ein Mann, der ungefähr 15 Jahre älter sein könnte als ich. Fabian nickte nur grinsend und nahm einen Schluck von seinem alkoholfreien Bier. "Crazy, hi, we are from Oregon", stellte er sich vor, "I'm Ricky", und gab uns die Hand. "Mario", grinste ich und gab auch seiner Frau und seinen beiden Kindern, die auch schon locker über 20 waren, die Hand. "What do you do here?", fragte er dann und schaute in der Speisekarte herum. "We're spending our family holidays here in the Florida Keys", erklärte ich. "Oh great", grinste er bis hinter beide Ohren. Obwohl sie Touristen waren machten sie auf mich gar nicht den Eindruck. "I know your face", flüsterte seine Tochter. "My name is Mario Götze, soccer player from Bayern Munich", erklärte ich kurz und das reichte ihr anscheinend auch. "Really?!", riefen alle vier fast synchron und starrten mich von der Seite an. "Scheiße wieso sagst du das auch", stöhnte Felix auf Deutsch. "We're no fanfamily, don't panic", grinste die Mutter. Wir unterhielten uns noch wirklich lange mit der Familie. Sie waren aus Oregon und machten fast jedes Jahr irgendwo in Amerika Urlaub, weil ihnen das Ausland einfach dann doch zu weit weg war. Christy die Mutter leitete eine große Supermarktkette und Ricky war Architekt, was für mich dann auch der treffende Grund war, weshalb sie alle vier Markenklamotten trugen. "Was very nice to meet you", grinste Harry, ihr Sohn und checkte mit mir ein. "If you want we can switch numbers", flüsterte Felix dem Mädchen zu und versuchte ihr unbemerkt sein Handy zu übergeben. "Of course, wait", grinste sie und tippte in sein Iphone. "So ein Stecher", schüttelte Fabian den Kopf und gab Harry ebenfalls die Hand. Als wir gegen 23 Uhr an unser Auto liefen und die Tüten mühevoll in den Kofferraum hievten drängte sich mein großer Bruder an Felix vorbei und setzte sich ans Steuer. "Ich fahr", rief er . "EY!", brüllte Felix und schaute von seinem Handy auf. "Du musst doch sowieso der süßen July zurückschreiben", entgegnete ich und setzte mich auf den Beifahrersitz. "Sag mal habt ihr mir nachspioniert?", rief er von hinten und schnallte sich an. "Ihr hättet schon ein Bisschen weggehen müssen, dass wir das nicht mitbekommen hätten", grinste Fabian und startete das Auto. "Komm hör auf zu labern und drück aufs Gas", antwortete Felix. Ich war so müde, dass ich es kaum noch schaffte meine Augen offen zu halten. Nur die Musik aus der Anlage hielt mich wach. Ein Glück fuhren nicht sehr viele Autos auf der Autobahn, denn so waren wir sicher eine Behinderung für alle Beteiligten, denn Fabian achtete mehr auf den Rhythmus der Musik als auf die Straße.

Jenna PoV:

Bevor ich mich nachts ins Bett legte schaute ich noch einmal kurz nach draußen und beobachtete den Mond. Die Nacht war sternenklar und es war mucksmäuschenstill. Der Blick runter zu Irinas Zimmer verriet mir, dass sie schon längst schlief. Sollte ich Mario noch einmal schreiben? Nein, sie hatten gesagt, dass es heute spät werden würde und da Fabian dabei war hatte ich kein schlechtes Gewissen. Müde schminkte ich mich ab und legte mich unter die dünne Decke. Noch kurz schrieb ich meinem kleinen Bruder eine Nachricht und kippte danach völlig weg. In der Nacht wurde ich von meinem Handy geweckt. Mein Klingelton von Eminem schallte durch den ganzen Raum. Kurz schaute ich auf die Uhr: 04:16 und Mario lag immer noch nicht neben mir. "Mario?!", rief ich und setzte mich senkrecht im Bett auf. "Baby Hallo", meinte mein Mann leise. "Wo seid ihr denn?", fragte ich und schaltete das Licht hinter mir an. "Im Krankenhaus", erklärte er kurz. "Wie bitte?", rief ich plötzlich hellwach, "geht es euch gut? Was ist passiert?" Er atmete kurz durch. "Uns hat ein Auto kurz nach Miami die Vorfahrt genommen und ist uns in die Beifahrerseite reingefahren", erklärte er. "Wer war da gesessen?", wollte ich wissen. "Ich", entgegnete er. Schon fast erleichtert atmete ich durch. "Felix war hinter mir gesessen und hat eine Gehirnerschütterung", schilderte er. "Und Fabian?", hakte ich nach. "Der steht nur ein Bisschen unter Schock", entgegnete er. "Ein Glück ist nicht mehr passiert", atmete ich erleichtert durch. "Naja fast", meinte er und räusperte sich. "Was denn", wollte ich wissen. "Das Auto hat einen Vollschaden", begann er. "Das können wir schon zahlen", versuchte ich ihn zu beruhigen. "Zweitens", fuhr er fort. "Zweitens?", wiederholte ich. "Mein Arm und mein Bein sind gebrochen", erklärte er. "Scheiße", zischte ich, "ist es dir komplett in die Seite gerauscht?" Sofort sprang ich auf und lief auf den Flur um Irina zu wecken, doch sie stand schon längst vor meiner Tür. "Ja wir bräuchten jemanden, der uns abholt", hörte ich Mario noch sagen. "Wir kommen", seufzte ich und legte auf. "Da lässt man sie einmal alleine", zischte Irina. "Wer fährt?", fragte ich. "Fahr du, deinem Freund geht es schlechter", ordnete sie an, "ich pass auf die Kinder auf". "Danke", meinte ich und zog mir eine Jeans und ein T-Shirt über. Mit Ballerinas stieg ich in das riesige Auto und fuhr mit Hilfe des Navis zur Hauptklinik nach Miami. Ich brauchte ewig und es war schon längst hell, als ich dort ankam. Ich lief durch den riesigen Eingang des Miami Hospitals und ging zur Rezeption, wo mir gleich der Weg beschrieben wurde. Ich klopfte am entsprechenden Zimmer, welches sich im zweiten Stock befand und sah zuerst Fabian, der am Fenster stand. "Jetzt scheiß dich nicht ein", hörte ich Mario schreien. "Halt einmal dein Maul, du hättest tot sein können!", entgegnete mein Schwager und weinte fast. "Hi Jungs", machte ich mich bemerkbar und sah jetzt auch Mario, der in einem Krankenbett lag und Felix, der mit einer Flasche Wasser an der Wand lehnte. "Hi", entgegnete Mario und winkte mich her, sodass er mir einen Kuss auf den Backen geben konnte. Ich wusste nicht so genau was ich sagen sollte um niemanden zu verletzen. "Dürft ihr alle wieder mit nach Hause?", fragte ich kurz. "Jep", meinte Felix kurz und hielt sich den Kopf. In dem Moment ging die Tür auf und ein attraktiver junger Arzt kam herein und gab Mario ein Klemmbrett in die Hand. "Das wird teuer", seufzte der Arzt. "Sie können Deutsch?", fragte ich, ohne mich vorzustellen. "Ich komme aus Hamburg", nickte er. "Das nenn ich mal einen beruflichen Aufstieg", entgegnete ich und packte Marios Sachen, die auf dem Tisch neben ihm lagen in meine Tasche. "Bitte keine so wilden Fahrten mehr und melden sie sich bitte in den nächsten Tagen bei uns", erklärte der Arzt und verschwand wieder. Danach hievten Felix und Fabian Mario in einen Rollstuhl und schoben ihn nach draußen. Im Auto setzte sich Fabian neben mich auf den Beifahrersitz und die anderen Beiden legten sich quer auf die Beiden Rückbänke. "Ein Glück haben wir einen 7-Sitzer bekommen", meinte ich, doch Fabian antwortete mir nicht. "Jetzt mach dir mal nicht so viele Gedanken", schnaufte ich und fuhr los. "Die beiden hätten to.." -"Hätte, hätte Fahrradkette verdammt!", unterbrach ich ihn, "natürlich war es scheiße, aber kein Grund so zu tun, als wären sie es wirklich". "Marios Saisonauftakt ist auch gelaufen", meinte er kurz. "Er wirds überleben", meinte ich, obwohl ich im Inneren auch ausrasten könnte, weil es meinem Mann gerade gar nicht in den Kram passte. "Aber.." -"Kein Aber, lehn dich zurück und schlaf eine Runde", redete ich ihm ins Wort. Danach hörte ich, bis wir am Ziel angekommen waren, nichts mehr. Schon als wir in den Hof hinein fuhren sah ich, wie Irina aus dem Fenster schaute. Mario setzte sich wieder in den Rollstuhl und ließ sich ins Haus fahren. Philipps Blick, als er seinen Vater sah war nicht zu beschreiben. Er riss seine Augen auf und rannte auf ihn zu. "Papa!", schrie er und verzog das Gesicht, "kannst du nicht mehr laufen!" Mario schüttelte sofort den Kopf: "Keine Panik Kumpel, ich hab mir nur das Bein und den Arm gebrochen", entwarnte er. "Nur", wiederholte er sarkastisch und musterte ihn von oben bis unten. Fabian sahen wir den ganzen Morgen nicht mehr. "Wie wirst du es der Mannschaft sagen?", fragte ich Mario, als wir am Vormittag ein paar Minuten für uns alleine hatten. "Gott das wird so peinlich", flüsterte er und vergrub sein Gesicht in seiner Hand. "Pep wird sich freuen", grinste ich. "Bitte lass uns trotzdem den Urlaub noch genießen, für Philipp", entgegnete er, "ich glaub ich leg mich raus in die Sonne und mach einen auf Zebra", "Was meinst du?", fragte ich und fuhr ihm über die Haare. "Na das eine Bein wird braun und das andere weiß", erklärte er. "Selbst schuld, wer nicht gut Autofahren kann", zuckte ich mit den Schultern und legte mich sanft an seine linke Seite. Er legte seinen linken Arm um meine Hüfte und schloss seine Augen. "Ihr seid aber auch dumm", meinte ich nach ein paar Augenblicken, als ich den ganzen Fall nochmal Revue passieren ließ. "Was meinst du?", fragte er empört. "Was habt ihr denn solange nachts noch gemacht?", wollte ich wissen. "Wir sind essen gegangen und haben da ein paar Leute kennengelernt", erklärte er kurz, weil Felix die Treppe herunter kam. "Yes, I am fine", redete er vor sich hin. "Mit wem muss er Englisch reden?", fragte ich verwirrt. "No, my brother broke his arm and his leg, but the rest is okay", hörte ich ihn. "Hat ein Mädchen kennengelernt, aus Oregon", erklärte Mario dazwischen. "Was?", lachte ich. "Du hast eine Gehirnerschütterung, stell mich mal nicht als Opfer da!", schrie Mario dazwischen. "Yes sorry, Mario has got a concussion", fügte Felix in sein Telefonat hinzu. "Woher weiß er das englische Wort für Gehirnerschütterung?", fragte ich. "Glaub mir, die haben das gerade im Krankenhaus oft genug gesagt, ich kann dir auch jede einzelne verletzte Sehne meines Beines aufzählen", meinte Mario. "Auf Englisch?", hakte ich nach. "Auf Englisch", nickte er bestätigend. "Yes, of course. No we will stay until three weeks", redete Felix weiter und verließ das Zimmer. "Das hat ja jetzt fast so geklungen, als wollte er sich mit dem Mädchen treffen", bemerkte ich und legte meinen Kopf wieder auf Marios Brust. "Soll er machen was er will", schnaufte er und versuchte sein rechtes Bein zu bewegen. "Lass es", entgegnete ich. "Ich halt das keine zwei Wochen aus", entgegnete er. "Wielange musst du ihn dranlassen?", fragte ich. "Mindestens fünf Wochen", seufzte er. "Ach du scheiße", flüsterte ich und rieb mir über die Augen, "Pep wird dich umbringen". "Er wird mich umbringen", schaltete sich Fabian mit ins Gespräch ein. "Fabian das stimmt nicht", rief Mario. "Wir haben alle nicht auf den Verkehr geachtet", mischte sich Felix ein. "Habt ihr das.." -"Es ist doch scheiß egal wer das Auto gelenkt hat. Wir sind jetzt einfach froh, dass nicht mehr passiert ist und lernen daraus", unterbrach Mario ihn genervt. "Er hat Recht, wir lassen uns den Urlaub jetzt nicht verderben", meinte Irina mit Lia auf dem Arm. "Kommt jemand mit ans Meer?", wechselte Philipp das Thema. "Bin raus", rief Mario und hob seine Hand, genauso wie Felix. "Onkel Fabian, ich glaube wir haben ein Date", rief er und zog ihn nach draußen. "Wo hat er denn das Wort schon wieder her?", fragte ich und richtete mich auf. "Von mir", rief Felix stolz. "Hast ihm wohl von deinem Mädchen erzählt?", fragte Mario und zwinkerte mit einem Auge. "Du hast keine Ahnung großer Bruder", grinste Felix, hob sein Handy nach oben und stolzierte auf die Terasse nach draußen. "In was für eine Familie haben wir eigentlich geheiratet", prustete Irina und lief zum Esstisch. "Ruhe Frau Götze", rief Mario und richtete sich auf, um auf die Terasse zu humpeln. "Du schaust so beschissen aus", lachte ich. "Wenn der Zeitpunkt und die Schmerzen nicht noch beschissener wären würde ich dir zustimmen", meinte er und schloss die Tür hinter sich. "Jetzt kann man die drei nicht mal mehr länger alleine lassen", schüttelte Irina den Kopf und setzte sich an den Tisch. Durch die Glastür konnte ich Mario beobachten. Er saß auf einem Liegestuhl und vergrub den Kopf in seiner freien Hand. Ich wusste, dass ihm die ganze Sache gar nicht passte und das er schreckliche Angst um seine berufliche Zukunft hatte, auch ohne Verletzung. Ich wusste nicht wie unser Urlaub weitergehen würde, für Mario war er zumindest schon gelaufen, egal was er uns erzählte.

Erzählt mir eure Meinung Peeeps!


Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt