Kapitel 37

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Jenna PoV:

Nachdem Mario aufgelegt hatte fuhr ich mit den Händen über meinen Bauch und fühlte die Tritte. So langsam gewöhnte ich mich daran, weil meine Kinder anscheinend das Trettalent ihres Vaters geerbt hatten. Doch der Tag war einfach viel zu anstrengend für mich gewesen, deswegen schloss ich spontan meine Augen und schlief ein. Als ich aufwachte lag ich nicht mehr in meinem Bett, nichtmal mehr in Fabians Haus. Verwirrt und panisch schaute ich mich um. Weiße Vorhänge, weiße Bettwäsche und weiße Wandfarbe- klare Sache: Krankenhaus. Was machte ich hier? Geschockt schaute ich als erstes runter zu meinem Bauch und war schon ziemlich beruhigt als ich sah, dass alles noch an seinem alten Platz war. An meinen Armen, meinem Oberkörper und meinem Bauch hangen Kabel. Meine Augenlider fühlten sich immernoch müde an, doch mir erschien die Situation viel zu interessant um wieder einzuschlafen. Kann vielleicht mal jemand kommen und mich aufklären?, dachte ich mir und suchte fieberhaft nach einer Person im Raum, doch ich war die einzige. Für mich gab es nurnoch einen Ausweg: Den Alarmknopf. Wie in Trance hob ich meinen Arm und drückte den roten Knopf über mir, worauf eine laute Klingel anging. Erschrocken zog ich meinen Arm wieder zurück, worauf das Geräusch wieder aufhörte. Für meine müden und betäubten Ohren noch viel zu viel Lärm. Wenige Sekunden später sprang jedoch die Tür auf und Fabian und eine Krankenschwester kamen herein. Meine Aktion hatte sich also doch als sinnvoll herausgestellt. "Ein Glück", atmete Fabian erleichtert aus und setzte sich neben mich ans Bett. Er rieb sich verschlafen die Augen und schaute mir in die Augen. "Du schaust fertig aus", murmelte ich und fuhr über seine Wangen, die weiß waren. "Das musst du gerade sagen", grinste er. Er hatte einfach Marios Lachen, unverkennbar. "Wieso bin ich hier?", krächzte ich jetzt und deutete auf die Kabel an meinem Körper. "Vorgestern Nachmittag als du in deinem Zimmer warst hab ich auf einmal laute Schreie gehört", begann er zu erzählen, "und dann bin ich ganz schnell zu dir gerannt und du hast geweint und geschrien im Schlaf, doch ich konnte dich nicht wecken. Du hattest Schmerzen und ich hatte Angst um dich. Dann bin ich mit dir ins Krankenhaus gefahren und dort bist du wieder in Ohnmacht gefallen und ewig nicht aufgewacht". Irgendwie klang er verzweifelt. "Und Mario?", hakte ich nach. "Ich hab ihm nichts gesagt. Deiner Familie auch nicht, weil ich immer gehofft hab, dass es dir wieder gut gehen wird und ich keinen schocken wollte", erklärte er. "Gut", meinte ich erleichtert. "Der Arzt hat mich in den letzten Tagen so zugetextet, aber ich konnte mich nicht konzentrieren und ich denke er wird dir später sowieso alles nochmal genau erklären", erwähnte Fabian dann und fuhr sich durch die Haare. "Danke für alles", krächzte ich und nahm seine Hand, "bitte geh nach Hause und ruh dich aus", bat ich ihn. "Das hatte ich sowieso vor", grinste er und stand dann auf. "Herr Neumann wird gleich dasein", sagte die Krankenschwester, die irgendetwas an meinem Bett herumwerkelte. "Der Chefarzt", erklärte mir Fabian kurz und streckte mir dann eine Hand zum Highfive hin. "Du machst das und bleib stark", meinte er und klatschte mit mir ein, "ich schau morgen Abend wieder vorbei". Dann verließ er das Krankenzimmer und ich war alleine mit der Schwester. Kurz nachdem sich die Tür hinter Fabian geschlossen hatte öffnete sie sich wieder und ein großer Mann, um die 40 kam herein. "Willkommen zurück Frau Gentzel", begrüßte er mich und schüttelte mir die Hand. "Hallo", meinte ich und machte Platz, sodass er sich an meinen Beinen hinsetzen konnte. "Sie haben uns in letzter Zeit wirklich auf Trab gehalten", grinste er. Gequält und die Situation nicht verstehend grinste ich. "Ihr Körper kommt anscheinend mit Wehen nicht so ganz klar", fing der Arzt an und schon ab den ersten Worten merkte ich, dass ich es mit einem Witzbold zutun hatte. "Ich mach es kurz: Eine normale Geburt kommt für sie kaum in Frage", meinte er und schaute mich dann an. "Kaiserschnitt?", fragte ich und schaute ihn fragend an. "Morgen früh", ergänzte er noch und nickte. "Morgen?", wiederholte ich und riss die Augen auf. "Morgen früh", sagte der Arzt nochmal ein drittes Mal. "A..aber das geht nicht", stotterte ich, "der Termin ist doch erst in zwei Wochen". "Naja sie wollen anscheinend schon etwas früher raus. Freuen sie sich doch", versuchte er mich aufzumuntern. Alle Hoffnungen waren für mich erstmal dahin. Mario konnte nicht bei der Geburt seiner Kinder dabeisein. "Warscheinlich wegen ihrem Freund oder?", säufzte Dr. Neumann und ich schaute auf die Bettdecke und nickte. "Das ist jetzt blöd, aber rufen sie doch ihre Familie an und bitten sie zu kommen, dann sind sie nicht ganz allein", schlug er vor und stand dann wieder auf. "Ja", säufzte ich kurz und schaute dann wieder an ihm hoch. "Dann sehen wir uns morgen früh, ich freu mich", scherzte er, "endlich mal jemand bekanntes". Gequält lachte ich und suchte dann links und rechts nach meinem Iphone und tatsächlich lag links neben meinem Kopfkissen auf einem kleinen Tisch mein Handy. Sofort wählte ich die Bamberger Telefonnummer. "Gentzel?", meldete sich mein Bruder. "Theo? Es ist bald soweit", meinte ich, worauf mein Bruder anfing zu schreien: "Waas? Tuts weh?!" Ich musste lauthals lachen, weil das einfach eine typische Theo Gentzel Antwort gewesen war. "Nein ich bekomme morgen früh einen Kaiserschnitt", erklärte ich, "und Mario ist nicht da". "Ich komm", wendete Theo sofort ein, "die anderen müssen sowieso alle arbeiten und ich hab nichts zutun". "Okay, dann sehen wir uns.." -"Morgen früh", unterbrach er mich freudig. "Genau. Aber kein Wort zu Mario!", drohte ich. "Muss ich nicht versehen oder?", fragte er. "Nein, Tschüss Kleiner", verabschiedete ich mich und legte dann auf. Ein Bisschen schlecht fühlte ich mich schon, weil ich Mario nicht Bescheid sagen wollte, denn immerhin war er der Erzeuger dieser Kinder. Jedoch war mir klar, dass er deswegen ohne groß nachzudenken nach München fahren würde um live dabei zu sein und die WM dadurch absagen musste, weil er das Trainingslager nicht fertig absolviert hatte. Kurz darauf rief ich auch noch in Dortmund bei den Götzes an und verkündete die frohe Nachricht. Dort wurde mir mitgeteilt, dass sich Felix im Moment sowieso in München aufhielt und deswegen auch kommen würde. Und ich war mir sicher: Mit meinen beiden Jungs würde ich den Kaiserschnitt überstehen. Draußen wurde es schon langsam dunkel und eine Krankenschwester kam mit meinem Abendessen herein. Um acht Uhr legte ich mich wieder hin und versuchte zu schlafen, doch es gelang mir kaum. In Whatsapp traute ich mich nicht online zu gehen, weil ich Mario nicht anlügen wollte, wo ich denn genau war. Ich wollte nicht, dass ich ihn mit meinen Erzählungen vom Training ablenken würde, was ich morgen Mittag nach der Geburt sowieso machen würde. Die Nacht verging raßenschnell und als ich am Morgen von der Schwester geweckt wurde war mein Puls gefühlt auf 200. Doch mich plagte auch eine andere Frage: Wozu hatte ich mich die letzten Monate in Geburtsvorbereitungen geschleppt, wenn mir am Ende sowieso der Bauch aufgeschlitzt wurde? Es war der Morgen des 27.05.2014. Um 8.00 Uhr trafen Theo und Felix zusammen ein und besuchten mich. "Bereit?", fragte Theo und hielt meine Hand, die übertrieben arg zitterte. "Nein, aber ich will endlich diese hässliche Kugel da vorne weghaben", meinte ich. Meine Operation wurde auf halb zehn angesetzt und je näher der Eingriff kam, desto aufgeregter wurde ich und desto mehr Angst bekam ich auch. Die Jungs erzählten mir ein paar lustige Erlebnisse und versuchten mich irgendwie abzulenken und tatsächlich funktionierte es ein Bisschen. Um viertel zehn wurde ich von einer Schwester abeholt, die mich zum OP- Saal führte. Meine Beine waren weich wie Gummi und ich konnte mich kaum noch darauf halten. Felix und Theo folgten mir. Im besagten Raum wurde ich an verscheidene Kabel angeschlossen und die Krankenschwestern verdeckten mir die Sicht auf meinen Bauch durch eine Trennwand. "Ich will Mario hier haben", jammerte ich, weil ich in Gedanken immer bei ihm war. "Wir können ihn ja gerne anrufen, dann ist er live dabei", lachte Felix und zückte schon sein Handy. "Spaßvogel", zischte ich und versuchte mich nicht auf die Betäubungsspritze zu konzentrieren, die die eine Schwester gerade aufzog. Dann ging die Tür auf und Dr. Neumann kam mit einem breiten Grinsen herein. "So Frau Gentzel dann lassen sie uns mal drauflosschneiden", lachte er und zog sich Handschuhe an. Dieses Wort hätte er wirklich nicht bringen müssen. "Wir warten draußen", flüsterte Theo und küsste mich auf die Wange, "bis gleich". "Bald bist du eine Mama", grinste Felix und gab mir auch ein Küsschen auf die Wange, "du schaffst das". Dann war ich ganz auf mich alleine gestellt. "Frau Gentzel wer ist denn eigentlich ihre Lieblingsband?", fragte die eine Schwester und ich schaute sie verwirrt an. "Da gibt es viele wieso?", fragte ich. In diesem Moment spührte ich einen schmerzenden Stich. Die Betäubungsnadel. "Dankeschön für die Auskunft", grinste die Schwester, weil sie mich natürlich nur ablenken wollte. Aufeinmal hatte ich das Gefühl meinen ganzen Körper nicht mehr zu fühlen. Viele Menschen versammelten sich um mich und leiteten den Eingriff ein. Um mich abzulenken schaute ich an die Decke und verspührte nur einen leichten Schmerz in der Bauchgegend. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie es gerade hinter der Trennwand aussah, deswegen dachte ich einfach an mein Lieblingsthema: Mario. Was er wohl gerade machte? Nichtsahnend beim Frühstück sitzen? Cornflakes essend und den Kicker lesend? Ich erinnerte mich an seinen Anblick jeden Tag beim Frühstück und musste lächeln. Kurz genoss ich noch die letzten Momente alleine, doch dann hörte ich auf einmal Lärm, der meine Gedankenphase unterbrach. Babygeschrei. War es schon soweit? War ich wirklich Mutter?

Mario PoV:

In den letzten Tagen hatte ich wirklich extrem viel dazugelernt. Das Team arbeitete immer besser zusammen und wir hatten alle das Gefühl, dass wir uns alle zusammen unseren großen Traum vom WM- Pokal erfüllen könnten. An diesem Morgen war ein Wohlfühltag geplant, an dem wir unseren Körper, natürlich explizit unsere Beine regenerieren sollten und uns hauptsächlich taktische und theoretische Dinge von den Trainern anhören mussten. Eigentlich hätte alles super sein können, doch einwas machte mir immerwieder Sorgen: Jenna schrieb mir schon seit zwei Tagen nicht mehr in Whatsapp zurück. Als wir an diesem Morgen in unserem gemeinsamen Wohnzimmer saßen und Jogi uns eine neue Taktik erklärte beschloss ich am Abend bei Fabian anzurufen und nach dem Rechten zu fragen. Marco neben mir zog gelangweilt an seinem Schuhbändel herum und Basti strich sich über seine Armhaare: kurz gesagt: es war dreckslangweilig. „Wenn der Gegner dann kommt und euch den Ball abnehmen will..", schnappte ich von Jogis Worten auf und versank dann wieder in ein Konzentrationstief. Auf einmal vibrierte meine Hosentasche und alleine schon das weckte die Aufmerksamkeit aller Spieler, die 5 Meter um mich herumsaßen. „Scheiße", zischte ich, weil kurz danach der übliche Iphone Klingelton losging. „Handy aus!", brüllte Jogi und schaute böse in meine Richtung. Gestresst suchte ich nach meinem Handy und schaute aufs Display: Jenna. „Ich muss da ran gehen, es ist wichtig", meinte ich und stand auf. Mir waren die genervten, bösen oder lustigen Blicke egal, ich wollte einfach nur wissen, was bei meiner Freundin los war. Als ich vor der Tür stand nahm ich sofort ab: „Jenna? Was ist denn los? Wieso meldest du dich nicht?", warf ich ihr an den Kopf. „Sorry Mario ich war zu beschäftigt", redete sie sich raus. „Was war denn wieder wichtiger? Shoppen?!", rief ich beleidigt. „Nein", säufzte sie, „ich hab dich gerade zum Vater gemacht". „Was?", flüsterte ich und hielt meine Hand vor den Mund. „Oh Gott", flüsterte ich wieder, „und ich Idiot war nicht dabei". „Keine Angst Theo und Felix haben aufgepasst", meinte sie. „Ich bin Vater", wiederholte ich wieder. Bei den Worten kamen mir die Tränen in die Augen. Ich hatte jetzt tatsächlich eine eigene Familie. Ich wollte am liebsten nurnoch nach München zu meiner Freundin und meinen Kindern, doch es ging nicht. „Ich liebe dich Mario", säußelte Jenna, die, wie ich hören konnte auch weinte. „Ich bin so stolz auf uns", weinte sie und ich wischte mir eine Träne vom Backen. In dem Moment ging die Tür auf und Jogi trat mit einer bösen Miene heraus. „Mario! Rein, aber sofort!", brüllte er und zeigte ins Wohnzimmer. „Ich bin Vater!", rief ich und fiel ihm um den Hals. „Was?", rief er und seine Miene veränderte sich zu einem Lachen. „Meinen Glückwunsch Großer", meinte er und drückte mich fest an sich. „Danke", schniefte ich und meinte dann zu Jenna, dass wir heute Abend ganz lange telefonieren würden. Als ich eintrat sahen mich alle meine Kollegen geschockt an, weil ich so verheult aussah. „Ich bin Papa!", verkündete ich auch ihnen. Ein Jubel und Geklatsche hallte durch den ganzen Raum und alle sprangen auf um mich zu gratulieren. Ich war so unglaublich stolz auf meine Freundin und im Moment liebte ich sie einfach so sehr. "Herzlichen Glückwunsch Alter", rief Marco und fiel mir um den Hals als ich mich wieder hinsetzte. "Danke", schniefte ich und vergrub mein Gesicht in seinen Schultern. Jetzt war meine Konzentration entgültig im Eimer. Jogi erklärte uns allen, dass wir unsere Feier auf heute Abend verschieben sollten, weil er noch etwas zu sagen hätte. Es lag trotzdem noch viel Arbeit vor uns.

Es ist vollbracht!:D

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt