Kapitel 87

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"Das könnt ihr nicht machen", schüttelte ich den Kopf, "es war ausgemacht, dass ich mich entscheiden kann". "Bis vor vier Tagen war es auch so, aber du hast angeblich irgendeinem Vorgesetzten gesteckt, dass du hier bleiben willst", erklärte sie und setzte sich neben mich. "Ohne Vertrag entscheide ich gar nichts!", rief ich sauer. "Mario da hängt viel Geld mit drinnen, du kannst dich da nicht gegen stellen!", zischte sie mich an. "Das juckt mich einen Scheißdreck!", brüllte ich und sprang auf und ging aus dem Zimmer. "Mario!", schrie mir Svenja hinterher und ich setzte mich vor das Zimmer und wollte Pep anrufen. "Guardiola?", meldete er sich und im Hintergrund hörte ich Gebrülle. "Götze, Pep wir haben ein großes Problem", rief ich. "Mario was gibts?", fragte er. "Die Manager hier sagen, dass ich nicht mehr zurückwechseln kann!", beschwerte ich mich. "Du bleibst nicht?", fragte mein alter Trainer geschockt. "Nein? Ich habe gedacht, das kann ich alles am Ende entscheiden", erklärte ich. "Nein, eigentlich ist alles schon sicher", meinte er. Das wollte ich nicht hören. Genervt, gekränkt und sauer legte ich ohne mich zu verabschieden auf. Sollte ich Jenna anrufen? Nein, vielleicht konnte ich die ganze Sache noch irgendwie drehen. "Mario, komm nochmal rein", befahl Svenja. Von ihr wollte ich mir gar nichts mehr sagen lassen. "Aufregen bringt jetzt hier gar nichts, du kannst dich nicht gegen den Verein stellen, da kannst du nur verlieren", räumte sie gleich ein und zeigte auf den Stuhl. "Was soll ich denn dann machen? Schlag mir einen sinnvolleren Weg vor und ich machs", zischte ich. "We will call the management in Munich", schlug der Manager vor und zückte das Telefon. "Nur zu", flüsterte ich und schaute aus dem Fenster. "Wie kommt ihr darauf, dass ich da bleiben wollen würde", fragte ich. "Das ist nicht so abwegig, du hast jedem gesagt, dass du wahrscheinlich hier bleiben willst", schaute sie mich vorwurfsvoll an. "Und daraus schließt ihr hier alle, dass ich zu 100% in England bleibe", nuschelte ich, "habt ihr vielleicht mal dran gedacht, dass ich eine Familie in Deutschland hab und ihr das nicht einfach so ohne mir Bescheid zu sagen entscheiden könnt?" Kurz schaute Svenja auf den Boden und zog mich dann aus dem Zimmer. "Jetzt hör mal zu Prinz Götze, niemand hier weiß über deine Familie Bescheid, geschweige denn ich. Wenn du einmal deinen Mund aufgemacht hättest und uns was erzählt hättest!", zischte sie mich an. "Sei leise, wieso sollte ich dir darüber was erzählen? Und dem Management hat das auch nichts anzugehen, ich will nach München zurück und basta, ich werde hier nicht spielen!", fuhr ich sie an. Ihre Visage regte mich auf. "Mario, please come in", rief mich der Manager und hielt mir den Telefonhörer hin. "Ja", meldete ich mich und fuhr mir durch die Haare. "Rummenigge, Mario was soll das denn jetzt?", meldete sich unser Vorstand. "Ich hab mit keiner Person einen Vertrag vereinbart oder irgendwas unterschrieben, ich hab nur vor ein paar Tagen gesagt, dass ich wahrscheinlich hier bleibe", erklärte ich. "Ja und jetzt nicht mehr oder was?", hetzte er. "In den letzten Tagen hat sich einiges geändert und ich habe entschieden doch in München zu bleiben, da geht es mir besser", versuchte ich ihm klar zu machen. "Verstehe", meinte er kurz und dann kam nichts mehr. "Das kann man schon noch rückgängig machen oder?", fragte ich hoffnungsvoll. "Ich werde mit den Vorständen reden und sehen was sich machen lässt. Wir haben gerade mit dem Geldtransfer begonnen, aber freu dich nicht zu früh, die Chancen stehen mittelmäßig bis schlecht", meinte er, "jetzt geb mir bitte nochmal deinen Trainer". "Danke", meinte ich kurz und reichte den Hörer weiter. Die Diskussionen konnten Tage dauern. "Ruft mich an, wenn ich nach Hause darf", zischte ich Svenja kurz zu und verließ das Büro. Das waren miese Nachrichten und im selben Moment klingelte mein Handy. "Ja", seufzte ich und lief zu meinem Auto. "Mario ich bins, ich habe hervorragende Nachrichten", hörte ich meine Freundin kreischen und im Hintergrund faselte Philipp irgendwas. "Gut, denn ich hab schlechte Nachrichten", dämpfte ich ihre Freude. "Was ist los?", fragte sie besorgt. "Es gibt Probleme mit dem Vertrag, ich muss wahrscheinlich hier bleiben", meinte ich kurz. "W..wie? Das können die doch nicht machen, du willst doch zurück nach München!", schimpfte sie. "Ich weiß Schatz, ich hab mich gerade schon genug aufgeregt und der Vorstand schaut jetzt was sich machen lässt", erklärte ich und setzte mich ans Steuer. "Bitte versprech mir, dass sich das aufklärt, sonst haben wir ein wirkliches Problem", flehte sie und schloss eine Tür hinter sich. "Wieso?", wollte ich wissen. "Philipp darf nächste Saison zu den Bayern wechseln", meinte sie kurz. Eigentlich sollte ich mich freuen, aber unter diesen Umständen ging das nicht. "Ach fuck", stöhnte ich, "das können wir ihm nicht kaputt machen". "Nein, er würde dich für immer hassen", versicherte mir Jenna gleich. Wow, es war schön so etwas zu hören. "Es liegt jetzt alles an Rummenigge und seinen Leuten", meinte ich und schaltete den Motor an. "Was meinst du, wie lange dauert das jetzt bis wir Klarheit haben?", fragte sie enttäuscht. "Ich hab keine Ahnung", zuckte ich mit den Schultern. "Was soll ich Philipp erzählen?", wollte sie wissen. "Sag ihm, dass ich stolz auf ihn bin und dass er ganz bestimmt ein super Fußballer wird", faselte ich und fuhr vom Trainingsgelände, "ich muss auflegen, Handy am Steuer, das wird teuer". "Okay, bis bald, ich liebe dich", verabschiedete sich meine Frau. "Ich dich auch", meinte ich und legte auf. Die Tatsache, dass Jenna und Philipp nicht aus München fort gehen konnten machte die Situation nicht gerade leichter musste ich feststellen. Nachdenklich fuhr ich zu einem speziellen Supermarkt, an dem sie deutsche Zeitungen verkauften. Irgendwie musste ich mich im Ausland ja über die Situation zuhause informieren. Als ich herein kam grüßte mich die Verkäuferin freundlich. Ich kannte sie gut, sie war rundlich gebaut, rote Haare und konnte ein wenig deutsch. "Einmal die Süddeutsche bitte", meinte ich freundlich und versuchte meinen Stress zu überspielen. "Sie möchten heute bestimmt auch noch die Bildzeitung kaufen oder?", fragte sie und zeigte auf die Titelseite. Am linken Bildrand war ein großes Bild von mir, mit Svenja an der Hand. "Oh nein, bitte nicht schon wieder", stöhnte ich und griff nach der Zeitung, "die nehm ich auch mit". Klatschnachrichten über mich konnte ich jetzt am wenigsten ertragen. Ich bezahlte und ging aus der Tür. "Bye bye, have a nice day", rief sie mir hinterher. "Danke", murmelte ich vor mich her und fuhr nach Hause. Die Süddeutsche Zeitung ließ ich erstmal links liegen und schlug die BILD auf. Jetzt hat er wirklich eine Neue! Experten zufolge handelt es sich um Svenja Cleary, eine junge Dame vom Manchester United. "Was für Experten?", fragte ich leise und las weiter. Ein Statement von Götzes Ehefrau Jenna Götze gibt es noch nicht, doch die Tatsache, dass er vor wenigen Tagen mit Svenja händchenhaltend über den roten Teppich bei der Charity Veranstaltung auf der Münchner Praterinsel gelaufen ist beantworten so einige Fragen. "Mann!", brüllte ich und zerriss die Zeitung. Ich schaute mich in meinem Wohnzimmer um. Wie oft war ich in den letzten Wochen hier alleine gesessen und hatte über die Sache mit Jenna nachgedacht? Wie oft hatte ich hier alles aufgegeben? Und jetzt, wo alles geklärt war durfte ich sie nicht sehen. Es klingelte an der Tür. Wer sollte klingeln? Außer Svenja hatte noch nie jemand bei mir geklingelt. Schnell fuhr ich mir durch die Haare und huschte am Spiegel vorbei. Als ich die Tür öffnete war ich zum Anfang geschockt und dann musste ich einfach losbrüllen. Felix stand vor der Tür. "Aaalter!", brüllte ich und fiel ihm um den Hals, "was willst du hier?", "Ich hab gedacht, ich komm dich mal besuchen", erklärte er und hielt mich fest. Wie es aussah hatte er mich auch vermisst. Nachdem wir uns auf meine Couch gesetzt hatten erklärte ich ihm, dass ich vor wenigen Tagen noch in München gewesen war. "Du spinnst, wieso bist du nicht vorbei gekommen?", wollte er wissen. "Das war eine Nacht und Nebelaktion", grinste ich, "wollte nur mal kurz Jenna besuchen". "Ist alles wieder okay zwischen euch?", erkundigte er sich. "Ja, haben alles geklärt", meinte ich kurz und holte drinnen eine Flasche Eistee aus dem Kühlschrank. "Und wie gehts dir so hier?", wollte er wissen. "Naja", zuckte ich mit den Schultern, "ich hab keinen Bock mehr hier zu spielen und will zurück zu meiner alten Mannschaft und zu meiner Familie, aber darf nicht". "Warte, nochmal langsam", redete Felix dazwischen, "du bleibst nicht hier?" Genervt atmete ich durch: "Nein, ich fühl mich hier nicht wohl. Das Team ist zwar super, aber die Art, wie Louis ans Training herangeht mag ich nicht, außerdem vermisse ich München". "Verstehe", flüsterte Felix und kratzte sich am Hinterkopf. "Außerdem kann ich das Philipp nicht antun", fügte ich hinzu. "Hä, wieso?", verzog Felix die Stirn. "Na weißt du noch nicht was er angestellt hat?", fragte ich. "Was hat der kleine Kerl wieder gemacht? Ist er verliebt?", scherzte Felix. "Auch, aber das ist es diesmal nicht", grinste ich. "Darüber müssen wir später reden", prustete mein kleiner Bruder, "jetzt rück schon raus". "Er hat seinen ersten Vertrag bei den Bayern bekommen", erklärte ich stolz. "Seinen ersten Vertrag", wiederholte er ironisch, "jetzt geht es finanziell bergauf, Bruder". "Na in der U9 ist das Gehalt schon bombastisch", entgegnete ich scherzhaft. "Aber Spaß beiseite, das kannst du ihm wirklich nicht kaputt machen", wurde er wieder ernst, "was machst du jetzt?" "Rummenigge versucht mir zu helfen", meinte ich kurz und schaute aus dem Fenster. Das Wetter schien besser zu werden, "und was geht bei dir?" Mein kleiner Bruder zuckte mit den Schultern und schaute in meine Richtung. Zweieinhalb Monate war es jetzt her, das sich Anni von ihm getrennt hatte. "Ich bin über sie hinweg", gestand er leise. "Das ist gut", grinste ich, "und ich glaube Jenna geht auch auf Distanz mit ihr". Darauf sagte er nichts mehr, sondern schaute nur nachdenklich in meine Richtung. "Was ist denn jetzt los?", wollte ich wissen. "Ist es das Wert? Das durch unseren Streit Jenna und Anni kein gutes Verhältnis mehr haben?", fragte er. "Felix", begann ich und atmete tief durch, "sie hat ohne dir Bescheid zu sagen dein Kind getötet". "Stell dir mal vor ich hätte keinen Bock mehr auf dich", redete er mir ein, "wir hätten fast keinen Kontakt mehr und wir würden uns nur noch zu Mamas Geburtstag und an Weihnachten sehen". "So schlimm ist es doch nicht, verdammt", zischte ich ihn an. "Warte mal ab", meinte er und spielte an seiner Basecap herum. "Können wir bitte das Thema wechseln", stöhnte ich, weil mir der Felix-Anni-Jenna-Mario Konflikt wirklich auf die Nerven ging. "Ja bitte", grinste Felix, "erzähl jetzt mal, du hast vorhin gesagt, dass Philipp ein Girl am Laufen hat". "Am Laufen", wiederholte ich grinsend und stand auf um auf den Balkon zu laufen. Felix folgte mir unauffällig und setzte sich in einen Liegestuhl. "Pass auf", begann ich und musste das Lachen anfangen, "ich hab zwar keine Ahnung was dich das angehen sollte, aber egal". "Ich bin der Onkel!", protestierte mein Bruder und hörte gespannt zu. "Irgendwann im Winter hat er mal ein Girl nach einem Spiel abgeschleppt", erzählte ich. "Hat er sie euch gleich vorgestellt?", lachte Felix. "Natürlich, was denkst du denn. Sie heißt Lucia und ist jetzt sechs geworden", prustete ich. Philipps Weibergeschichten machten mich immer wieder von Neuem fertig. "Und ist das jetzt was längeres oder eine einmalige Sache?", fragte Felix belustigt. Man merkte, dass wir an die Sache nur mit höchster Ironie herangingen. "Was denkst du denn? Das ist meine Schwiegertochter!", rief ich. Der Nachmittag war noch sehr witzig und Felix blieb auch noch ein paar Tage. Wir gingen Schwimmen, Shoppen und ganz oft zum Essen. Am letzten Tag gab ich ihm ein Päckchen für Philipp mit. Es tat mir leid, dass ich nicht mit ihm zurückfliegen durfte. Wann ich zurück nach München durfte wusste ich nicht, doch ich war mir sicher, dass ich lieber meine Karriere beenden würde, als noch länger von meiner Familie getrennt zu sein.

Meinungen?:)

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt