Kapitel 72

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"Da ich die Braut bin werden wir jetzt die Torte anschneiden!", verkündete ich urplötzlich, stand auf und zog Mario hinter mir her. Die Reden konnten sich unsere Gäste auch bis nach dem Kaffeetrinken aufheben und ich hatte einfach furchtbaren Hunger. Alle Augen lagen wieder auf uns und ein Kellner brachte uns ein großes Messer. Die Hochzeitstorte hatte Anni mit Marco organisiert und ich hatte sie persönlich noch nie gesehen. "Okay Leute, Augen zu!", forderte Marco und verschwand hinter einer weißen Wand. Schnell hielt ich mir meine Hände vor die Augen und wartete auf den großen Moment. Im Hintergrund begannen die Gäste schon zu lachen und zu klatschen. "Wieso lachen die so?", zischte ich Mario zu, doch der zischte mir nur ein: "Keinen Plan" zurück und legte seinen Arm um mich. "Augen auf!", rief Anni und ich riss die Augen wieder auf. Vor uns stand eine riesige dreistöckige Torte. Auf dem obersten Stockwerk tronten zwei Figuren. Die eine war eindeutig Mario, weil sie einen Fußballspieler mit Trikot und Hochzeitsanzug darstellte und die Frau nebendran trug ein Hochzeitskleid und jubelte ihm zu. "Ach Gott seid ihr süß", rief ich und sprang wie ein kleines Kind freundig vom einen Fuß auf den Anderen. "So anschneiden!", forderte Fabian und Mario begann sich von hinten über mich zu beugen, um auch irgendwie das Messer anfassen zu können. "3-2-1, go", flüsterte ich und wir schnitten gemeinsam die Torte an. "Wow", staunte Marco ironisch und ich begann meinen Gästen Stücke auf ihre Teller zu packen. Nach einer halben Stunde Arbeit konnte ich mich endlich zurück auf meinen Platz setzen und meine erste Mahlzeit des Tages genießen. Ich schaute meine Gäste an und sie schienen sich alle wohlzufühlen. Um sieben Uhr dämmerte es draußen schon ein Wenig und die Sonne ging bald unter. Ich saß gerade mit meiner Tante und meinem Onkel an einem Tisch und unterhielt mich, als jemand mit einem Löffel an sein Sektglas klopfte um Aufmerksamkeit zu bekommen. Neugierig drehte ich mich herum und sah, dass Felix und Fabian aufgestanden waren. Schnell huschte ich wieder auf meinen alten Platz neben Mario und war gespannt auf das, was uns meine Schwager zu sagen hatten.

Mario PoV:

Ich bekam das Grinsen fast nicht mehr aus dem Gesicht, als ich Felix' aufgeregte Miene sah. Er stand fast neben mir und ich schaute zu ihm hoch. "So liebes Brautpaar", verkündete Fabian, "jetzt sind wir endlich mal mit unserer Bombenrede an der Reihe. Ja Mario, so wie es aussieht hast du es tatsächlich geschafft vor mir zu heiraten, obwohl du einige Jahre jünger bist und ich viel länger mit meiner Freundin zusammen bin. Auch im Kinderkriegen hast du mir einiges voraus. Allein wegen deinen Erfahrungen beim Fußball, in der Familie und allen anderen Höhen und Tiefen kann ich wohl mehr von dir lernen, als du von mir. Wenn man deinen Lebenslauf anschaut bekommt man den Eindruck als wäre es der von einem 40 jährigen Mann, aber wenn man sich verdeutlicht, dass du tatsächlich erst 22 bist erscheint das ganze fast unfassbar". "Auch wenn das alles nicht auf mich zutrifft und ich das alles noch übertrumpfen kann", redete Felix dazwischen und warf einen grinsenden Blick zu Anni rüber. "Vergiss es!", zischte sie ihn an. "Okay darüber können wir später auch noch streiten. Jedenfalls ist es krass was sich in den letzten Jahren in unserer Familie durch ein einziges neues Mitglied verändert hat und egal wen ihr hier neben Mario stellen würdet, wirklich Niemand passt besser zu ihm als Jenna. Ich bin so dankbar dafür, dass ich euch Beide in meinem Leben habe und auch durch euch viele neue Dinge erleben durfte. Ich glaube ich kann für Fabian mitsprechen, dass wir unglaublich stolz sind soeinen Bruder wie Mario zu haben und seine unglaubliche Entwicklung zu sehen. Einwas will ich trotzdem noch erzählen: In unserem letzten Urlaub hab ich es fast geschafft Mario und Jenna auseinanderzubringen, natürlich nicht freiwillig. Ich hab versucht alles zu überspielen und die Schuld Mario in die Schuhe zu schieben, doch in Wirklichkeit wäre ich fast gestorben vor Schuldgefühlen. Ich hatte Angst etwas so Großes kaputt zu machen. Und ihr glaubt auch nicht wie froh ich bin, dass wir heute hier stehen können und eure Hochzeit feiern können, auf die Mario damals noch nicht soviel Lust hatte". "Egal was noch passiert, ihr Beide habt schon soviele schlechte Zeiten durchlebt und ihr habt bewiesen, dass man sich durch diese dunklen Stunden beißen muss und es im Leben immer etwas gibt für das es sich zu leben lohnt. Wir wünschen euch alles erdenklich Gute mit eurer kleinen Familie und ich bin mir zu 100% sicher, dass diese Liebe ewig hält, chiers, auf Euch!", beendete Fabian die Rede und hielt sein Glas hoch. Ich musste mich kurz erst wieder fangen. Das Fabian so emotional reden konnte wusste ich ja, doch aus Felix Mund hatte ich selten Soetwas gehört. "Einfach danke", flüsterte ich und nahm meine Brüder gleichzeitig in den Arm. "Ihr seid einfach die Besten großen Brüder", flüsterte Felix. Ich wollte meine Brüder nicht loslassen. "Heulst du?", schmunzelte mein kleiner Bruder nach wenigen Augenblicken. "Spinnst du?!", zischte ich und wischte mir schnell eine Träne aus dem Gesicht. "Natürlich hast du geheult!", schrie Fabian und klopfte mir unsanft auf meine Brust. "Halt die Fresse!", rief ich lauter und befreite mich wieder aus dem Umarmkreis. "Und so versaut man schöne Situationen", beschwerte ich mich gespielt und setzte mich wieder auf meinen Platz. "Ihr seid solche Lappen", lachte Marco und klopfte mir auf die Schulter. Alle Gäste schauten immernoch erwartungsvoll in meine Richtung, ob ich jetzt wirklich geheult hatte oder nicht. "JA ICH HABE GEHEULT!", rief ich. "Yes!", hörte ich Felix und Fabian neben mir fast gleichzeitig rufen und gegenseitig einklatschen. "Das war wirklich schön", grinste Jenna und schaute mich von der Seite an. "Und wie fühlt es sich so an?", fragte Anni, die neben Jenna auf Felix' Schoß saß. "Nicht so schlimm wie ich am Anfang gedacht hab", antwortete ich und nahm Jennas Hand. "Weiß er überhaupt schon von der Kleidpanne?", fragte sie weiter und schaute dabei zu Jenna. "Nein, ich wollte ihn noch verschonen", meinte sie und ich drehte mich verwirrt zu ihr um. "Welche Kleidpanne, es ist doch alles okay", fragte ich. "Irgendjemand hat mein Kleid geklaut heute früh", begann sie und mit einem Mal fuhr ich herum. "Was?!", rief ich und schaute sie ungläubig an. "Ja keine Ahnung wie das passieren konnte", zuckte sie mit den Schultern und gab mir mit ihren Händen ein Zeichen, das ich mich beruhigen sollte. "Und was ist das jetzt für ein Kleid?", wollte ich wissen. "Das von unserer Mutter", beantwortete Anni. "Wow.. sorry aber sie hatte wirklich einen tollen Geschmack", flüsterte ich und zupfte an Jennas Kleid herum. Sie nickte nur lächelnd und schaute nach unten. "Sie wäre heute bestimmt auch gerne dabei gewesen", flüsterte Jenna und ehe ich etwas antworten konnte stand Michael hinter uns. "Schau mal hier will jemand wieder zurück zu seinen Eltern", rief er und hob Philipp in meine Arme. "Hallo Kollege", grinste ich und mein Sohn begann etwas unstabil auf meinen Beinen zu stehen. Wenn ich ihn hochhob schaffte er es schon sich mit seinen Beinchen abzustützen, ein erster Fortschritt in Sachen Fußballspielen. "Papa bleib doch mal hier", meinte Jenna, als sich ihr Vater wieder umdrehen wollte. Er schnappte sich einen Stuhl und setzte sich zwischen uns. "Und wie gefällt es Rebecca?", erkundigte sich meine Freundin. "Gut", grinste er gekünstelt. "Und dir?", flüsterte sie und strich über seine Schulter. "Gut", antwortete er wieder kurz. "Papa was ist denn los", fragte sie, während Philipp mit seinen Händen auf meinem Gesicht rumtatschte. "Ich muss heute einfach oft an deine Mutter denken", meinte er kurz und schaute auf die leere Wand. "Ich auch", meinte meine Freundin und hielt seine Hand. "Sie schaut von oben runter und ist unglaublich stolz auf euch", meinte ich, "sie will, dass es so ist". "Vielleicht", zuckte mein Schwiegervater mit den Achseln, "pass gut auf mein Mädchen auf". "Das macht er Papa und notfalls ist Mama oben mein Schutzengel", flüsterte Jenna und gab ihrem Papa einen Kuss auf die Wange. "Michael?", hörte ich Rebecca hinter mir rufen. Jennas Papa hob den Kopf und schaute sich nach seiner Freundin um. "Komm wir gehen mal nach draußen", meinte sie, weil sie anscheinend auch gemerkt hatte, dass nicht alles in Ordnung war. Michael stand auf und verließ den Raum. Jenna schaute ihrem Vater nachdenklich hinterher. "Und willst du der Mama und dem Papa auch was sagen?", fragte Marco sein Patenkind und nahm ihn auf seinen Arm. Mein Sohn freute sich immer bei seinem Paten zu sein und nahm sofort seine Krawatte in seine Hände. "Du sollst was sagen, nicht mit meiner Krawatte rumspielen", maulte Marco und versuchte seine Krawatte wieder für sich zu gewinnen. "Er wird bestimmt gleich eine emotionale Hochzeitsrede auspacken", meinte Anni ironisch und streichelte Philipp über seine braunen Haare. Der war gerade nur leider in einem gigantischen Battle um Marcos schwarze Krawatte und mein bester Freund versuchte mit Grimassen angestrengt zu schauen. In dem Moment begann mein Sohn laut zu lachen. "Das findest du wieder lustig, wenn der Pate Scheiß mit dir macht stimmts?", grinste Jenna. "Meine Krawatte ist kein Scheiß", jammerte Marco und schaffte es schließlich sich gegen ein 10 Monate altes Kind durchzusetzen. Philipps Miene verfinsterte sich zuerst, doch als Marco mit der Krawatte herumwedelte begann er wieder zu quietschen. "Kleiner Sonnenschein", grinste ich. "Na vor zwei Jahren hat noch keiner gedacht, dass du hier mal sitzen wirst", begann Marco auf einmal und schaute Jenna und mich dabei an. "Vor zwei Jahren war ich noch in Dortmund", lächelte ich weiter und dachte über die Zeit damals nach. "Ich hab gerade mein Abi gemacht", fügte Jenna nachdenklich hinzu, "und hab mir Studienangebote angeschaut". "Unfassbar schnell alles", flüsterte sie noch hinzu und zupfte ihre Kette an ihrem Hals wieder zurecht. "Und bist du so glücklich wie es ist?", fragte Anni. "Sag jetzt nichts falsches", rief ich. Meine Freundin lachte kurz auf und hob dann aber ihren Kopf und begann leicht zu grinsen: "Ich kann mir nichts Besseres im Moment vorstellen". In diesem Moment kam mein Vater wieder alleine herein und wirkte orientierungslos. "Papa was ist los?", fragte Anni und stand schnell auf um zu ihm zu gehen. "Papa?", fragte Jenna wieder, weil Michael einen fixierten Blick aufgesetzt hatte. Anni wedelte mit der Hand vor seinen Augen herum und schaffte es erst so ihn wieder aus der Traumwelt zu holen. "Ich hab.. gerade mit Rebecca Schluss gemacht", flüsterte er und setzte sich neben uns. "Papa danke", flüsterte Anni und begann ihren Vater zu umarmen. Ich fühlte mich in diesem Moment einfach fehl am Platz, deswegen ging ich rüber zu einem der anderen Tische, an denen ein kleiner Teil meiner Bayernteamkollegen saß. "Mario trink nochmal mit uns, bevor die Hochzeitsnacht anfängt", rief Thomas und schob den Stuhl neben sich zurück. "Ich glaub das dauert noch ein Bisschen", seufzte ich und ließ mir ein Bier bringen. Der Abend war noch unfassbar lustig. Einige von Jennas Verwandten hatten noch ein paar Spiele vorbereitet und allgemein machte es mich einfach glücklich zu wissen, dass ich sie mein ganzes Leben an meiner Seite haben würde.

Es macht mich traurig zu wissen, dass das hier warscheinlich das vorletzte Kapitel sein wird...;( Aber was sein muss muss sein.. Kommentiert meine Lieben!:)

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt