Kapitel 110

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Jenna und ich verließen darauf den Raum und ließen die vier alleine. "Das bringt doch eh nichts", schnaufte Jenna und schaute auf ihr Handy. Hinter uns öffnete sich die Tür und Marco kam mit July auf den Balkon. "Ich glaub das müssen wir uns nicht mit anhören", meinte er kurz und stellte sich ans Geländer. Niemand sagte etwas. Marcos Handy klingelte. "And you are studying in Munich now?", fragte ich July, um ein Gespräch anzufangen. "Yes Munich and Hamburg", erklärte sie und kam etwas näher zu mir, sodass Marco weiter telefonieren konnte. "Something with management, right?", meinte ich. "Public relations", nickte sie, "but I will start on Monday". "And.. what about the relationship with Felix?", fragte ich und kratzte mir am Hinterkopf. July lächelte und fuhr sich durch die Haare: "He's such a perfect man". "Oh if you.."-"Was willst du denn eigentlich noch, wieso bist du überhaupt mit dem Mädchen da zusammen?!", wurde ich durch Annis Geschrei unterbrochen. "Was mein Problem ist?! Ich versuche dich zu vergessen, weil du die Liebe meines Lebens bist!", brüllte Felix zurück. "Dann tu ihr nicht weh, wenn du sie nicht liebst!", schrie Anni. "Du hast doch keine Ahnung und lass mich einfach in Ruhe, ich mach mit ihr, was ich will!", entgegnete er. "What are the screaming?", fragte July aufgeregt. "Nothing special", antwortete Jenna schnell und öffnete die Tür, weil Jonas durch das Geschrei aufgewacht war. "Außerdem kann es dir scheiß egal sein, wir müssen über unser Kind reden", lenkte Felix ab. Dann war die Tür wieder zu. "Are they talking about their baby?", wollte July wissen und setzte sich. "They are tying, yes", antwortete ich und fuhr über meinen Gips und beobachtete Marco, der mit dem Rücken zu uns telefonierte. Nach fünf Minuten öffnete sich die Balkontür und Jenna kam wieder. "Freunde, Freunde", schüttelte sie den Kopf und schloss die Tür hinter sich. "Ja Yvonne aber wenn sie nach Italien fahren will, dann lass sie doch", zischte Marco in sein Handy. "Ja ich weiß, dass sie 14 ist, aber das ist eine Jugendreise", schüttelte er den Kopf und atmete genervt. Wieder hörte er eine Weile zu...-"Schwesterherz, sie fährt nach Capri, das ist kein Mallorca oder Lloret"...."Nein erlaub es ihr einfach, da sind Reiseleiter mit dabei und das ist eine tolle Erfahrung für sie, wenn ihre Freundinnen dabei sind", antwortete er. Wenig später legte er auf und schüttelte den Kopf: "Meine Schwester will ihre Tochter nicht alleine in den Urlaub schicken", seufzte er kurz und drehte sich dann wieder von uns weg. Dann ging das freudige Anschweigen weiter. Nach zehn Minuten kam Felix auf den Balkon, würdigte Marco keines Blickes, nahm July an der Hand und ging. Marco ging währenddessen zu Anni nach innen und ich sah Jenna nur verwirrt an, die sichtlich keine Lust mehr auf die unangekündigten Gäste hatte. "Habt ihr alles geklärt?", wollte Jenna wissen, als sie in die Küche kam. "Hat der einfach eine amerikanische Freundin, ich packs nicht", lachte Anni und legte ihre Handflächen an ihre Backen. "Und?", hakte ich ein, "du hast Marco, wo liegt der Unterschied". "Das ist doch eindeutig eine Verzweiflungstat", schüttelte sie den Kopf. "Es ist doch scheiß egal was es war!", brüllte Jenna auf einmal, "ihr bekommt zusammen ein Kind und da hilft es euch nicht, wenn ihr aufeinander rumhackt, verdammt!" Selbst ich erschrak. "Das kotzt mich.." -"Jenna wir wollten nicht schreien", unterbrach ich sie. "Das kotzt mich sowas von an", fuhr sie ignorierend fort, "ich hab gedacht du hast dich geändert, aber du beurteilst Menschen so oberflächlich!" "Was redest du da, das macht jede Exfreundin!", entgegnete Anni und fuhr sich durch die Haare. "Bist du so naiv?", fragte Jenna, "überlegt euch mehr eine Lösung, wie Felix sein Kind oft genug sehen kann". "Marco bekommt das schon hin, Felix muss nicht jeden Tag kommen", winkte sie gleich ab. In dem Moment fiel selbst mir die Kinnlade herunter. Fassungslos schaute Jenna zu Marco herüber, der sich nur nervös am Hinterkopf kratzte. "Spinnst du", schüttelte Jenna den Kopf, "Felix ist der scheiß Vater! Er will das Kind aufwachsen sehen, Fortschritte sehen, einfach das Kind bei sich haben!" Meine Frau hatte inzwischen von "laut" zu "brüllend" gewechselt und niemand traute sich etwas zu sagen. "Und wenn dein Plan war, dass du Marco als Vater einsetzt, dann kannst du sowieso alles vergessen", sie atmete kurz durch, "Marco ist nicht daran Schuld, dass du schwanger bist". "Das ist mein Leben", schüttelte Anni den Kopf und nahm Marco an die Hand, "wir haben das alles geregelt". "Gott dann geht bitte einfach", flüsterte meine Frau und drehte ihnen den Rücken zu. Marco warf mir nur einen kalten Blick zu und lief an mir vorbei. "Ich kann echt nicht glauben, dass du das mitmachst", gab Jenna noch ihr Kommentar zu Marco ab. "Kümmer dich um deine eigenen Kinder, mit denen hast du ja schon genug zutun", fauchte Anni zurück. In dem Moment konnten wir uns ein Glück zusammenreißen und warteten bis die Tür zuschlug. Wenig später hörte ich Jenna schluchzen: "Ich bin so unglaublich sauer", schüttelte sie den Kopf. Nach diesem Gespräch hatten weder Marco und ich, noch Jenna und Anni Kontakt. Nach vier Wochen bekam ich meinen Gips abgemacht und ich konnte kurz vor Weihnachten wieder mit dem Krafttraining beginnen. Das Weihnachtsfest verbrachten wir größtenteils bei meiner Familie, da Jennas Eltern Sabines Familie in Berlin besuchten und wir deswegen nur am zweiten Feiertag bei Theo in Nürnberg vorbeischauten. Im neuen Jahr stieg Mario wieder ins Training ein und ich konnte mich endlich entspannen. Er fand erstaunlich schnell Anschluss, auch wenn er beinahe ein ganzes Jahr nicht gespielt hatte. Im Februar fuhr ich mit Philipp in die Stadt, um für ihn Klamotten zu kaufen und davor beim Arzt vorbeizuschauen, weil ich mich kurz durchchecken lassen wollte. Mit Philipp an der Hand marschierte ich zu unserem Hausarzt um einen Ultraschall zu machen. "Setzt du dich bitte auf den kleinen Stuhl", meinte der Arzt zu Philipp, nachdem er ihn ordentlich durchgecheckt hatte und wendete sich zu mir: "Frau Götze, sind sie hier um den entscheidenden Ultraschall zu machen?" "Ja langsam würde ich schon gerne wissen, ob ich neue Klamotten kaufen muss oder die Alten von den Jungs verwenden kann", grinste ich und legte mich zum Ultraschall. "Na dann schauen wir doch mal nach", grinste er und machte meinen Bauch frei. "So sechster Monat", schnaufte er und verteilte die kalte Creme, "Philipp was wünschst du dir?" "BRUDER!", rief er gleich und stellte sich neben den Doktor. Schon nach wenigen Augenblicken konnte man auf dem Bildschirm das Lebewesen sehen. Angestrengt fuhr der Doktor auf meinem Bauch herum und kniff die Augen zusammen. "Wollen sie es wissen?", fragte er nach wenigen Momenten und schaute uns kontrollierend an. "Raus mit der Sprache", drängte ich. "Ja ich schätze sie müssen neue Klamotten kaufen, das sieht mir ganz nach einem Mädchen aus", grinste er. Innerlich freute ich mich riesig und auch Philipp musste ein kleines Bisschen lächeln. Nachdem mir der Arzt das Ultraschallbild ausgedruckt hatte lief ich zur Eisdiele gegenüber um Philipp ein Eis zu kaufen. "Such dir was aus", meinte ich und drückte ihm einen 5-Euro-Schein in die Hand. Nachdenklich beobachtete ich die eingepackten Menschen, die durch die Stadt schlenderten. Philipp stand als letzter an der Schlange, deswegen lehnte ich mich an eine Hauswand, um schnell durchzuschnaufen. Langsam fühlte ich mich müde. Im Vorbeigehen schauten mir viele Menschen auf den Bauch und lächelten mich an. Aufgeschreckt wurde ich erst wieder, als mir mein Sohn das Rückgeld in meine Manteltasche steckte. "Erdbeer und Schoko?", tippte ich, als er stolz mit seiner Waffel wedelte. Genüsslich grinste er und begann das Eis zu essen. "Das bleibt aber eine Ausnahme im Winter", meinte ich schnell und nahm ihn an der Hand. Mir war es völlig unangenehm durch die Straßen zu laufen, da noch niemand von meiner Schwangerschaft wusste. Nicht einmal die Presse hatte etwas nach Marios aufrüttelndem Interview geschrieben. Anscheinend hatte am Marienplatz ein neuer Laden aufgemacht, denn es stand jedenfalls eine große Zahl an Menschen davor. "Was ist denn da los?", fragte mein Sohn. Fotografen. "Los schnell weg hier", zischte ich und zog ihn auf die andere Seite. Von der Ferne konnten wir uns ein besseres Bild von der Sache machen. Die Fotografen liefen zwei Menschen hinterher. Sie verfolgten sie regelrecht. Sie wechselten die Straßenseite und kamen auf uns zu. Die Personen trugen Sonnenbrillen. Mir kamen sie unglaublich bekannt vor. "Herr Reus!", brüllte der eine Fotograf, was mich augenblicklich zusammenzucken ließ. Schnell machte ich kehrt und betrat den Bäcker direkt hinter mir. Eine Schlagzeile konnte ich jetzt wirklich nicht ertragen. "Scheiße", keuchte ich und schreckte wenig später wieder auf, als Marco und Anni auch den Bäcker betraten, aus Schutz vor den Fotografen. "Ich hasse dich dafür", zischte meine Schwester und dampfte an mir vorbei zur Theke. Von der Seite sah sie dicker aus als ich. Okay, sie war wahrscheinlich ein bis zwei Monate weiter als ich. Philipp und ich standen wie angewurzelt da und wussten nicht was wir sagen sollten. Ich hatte meine Schwester seit fast einem halben Jahr nicht mehr gesehen und seitdem hatte sie sich kaum bei meinen Eltern und nie bei mir gemeldet. Marco stellte sich neben sie und als er seine Sonnenbrille absetzte war Philipp nicht mehr zu halten. "Patee!", brüllte er und düste los. Geschockt schauten die beiden auf und mein Sohn fiel Marco sofort in die Arme. Annis Blick wanderte währenddessen zu mir und sofort auf meinen Bauch. Jetzt standen wir beide da und schwiegen uns an. "Jenna", meinte Marco und lief zu mir. "Du bist schwanger?", fragte er dann überrascht und deutete auf meinen Bauch. "Nein nur unnötig fett geworden", antwortete ich ironisch und warf meiner Schwester immer wieder Blicke zu. "Glückwunsch", nickte er kurz, "wisst ihr schon was es wird?" "Mädchen, und ihr?", antwortete ich und kratzte mir am Hinterkopf. "Junge, Louis", antwortete er gleich, "in einem Monat ist es soweit". "Cool", nickte ich gekünstelt lächelnd, "seid ihr in Dortmund?" "Anni pendelt zwischen Grünwald und Dortmund, sodass wir uns oft genug sehen", antwortete er, "die nächsten Monate bleib ich aber wahrscheinlich hier". "Das ist schön", nickte ich und schaute zu Philipp, der sich schon wieder genüsslich seinem Eis gewidmet hatte. "Ich wusste gar nicht, dass du auch schwanger bist", meinte Marco wieder und schaute mich von oben bis unten an. "Ja wir haben uns ja nicht oft gesehen in letzter Zeit", antwortete ich trocken und stellte mich in der Schlange hinter Anni an. Nachdem meine Schwester ihren Kaffee bekommen hatte schaute sie mich noch kurz an, nickte mir zu und lief dann aus der Tür. "Machts gut und viel Kraft für die Geburt", verabschiedete sich Marco und lief Anni hinterher. Wie angewurzelt stand ich da und schaute den Beiden hinterher. Draußen nahm Marco die Hand meiner Schwester und drückte sie kurz von der Seite. "Hallo!", rief mich die Verkäuferin wahrscheinlich schon zum vierten Mal. "Entschuldigung", flüsterte ich und drehte mich zu ihr um, "einen Donut und ein Salamibrötchen". Philipp sah mich auch misstrauisch und nahm mich bei der Hand, um mich anschließend hinauszubegleiten. "Ich hab gerade meine Schwester gesehen", erzählte ich traumatisiert, als ich unsere Einkäufe am Abend auf den Küchentisch stellte und Mario dabei war einen Joghurt zu essen. "Wie?", rief er, riss die Augen auf und verharrte mit dem Löffel im Mund. "Sie war mit Marco in der Stadt", erklärte ich weiter. "Was machen die hier, Marco muss doch spielen", schüttelte er mit dem Kopf. "Anni wohnt in Grünwald und Marco kommt sie so oft wie möglich besuchen", nickte ich, "oder sie fährt hoch". "Wegen.." -"Ja wahrscheinlich wegen Felix", unterbrach ich ihn.


Grüße aus der Klausurenzeit!

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt