Kapitel 107

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Am nächsten Nachmittag öffnete sich die Tür und mein Vater kam mit Jonas auf dem Arm durch die Tür. Ich saß wie immer auf der Couch und schaute nur lustlos nach oben. "Hallo Männer", begrüßte ich sie und fuhr Jonas kurz über die Backen. Als Jenna hereinkam schaute ich sie direkt erwartungsvoll an. Davor musste sie jedoch einen Eimer im Badezimmer ausleeren. "Die Autofahrt war kein Spaß", schüttelte mein Vater den Kopf und ging nach unten, um die Koffer zu holen. Als meine Frau wieder zurückkam schaute sie sich kurz um, ob niemand in der Nähe war und zog mich auf, um mit mir ins Schlafzimmer zu gehen. "Nicht so schnell!", motzte ich. "Jetzt erzähl, was hat der Arzt zu dir gesagt?", fragte sie aufdringlich. "Ich bin noch kein Stück weiter, weil ich mich zu viel bewege", schnaufte ich und setzte mich aufs Bett. "Wie kann man sich in dem Gips zu viel bewegen?", fragte Jenna mit zugekniffenen Augen. "Ich hab keine Ahnung", schüttelte ich den Kopf, "jedenfalls dauert es bis zu meiner Rückkehr noch eine halbe Ewigkeit". "Dann sind deine Nachrichten echt beschissener als meine", meinte sie nachdenklich. "Was ist denn bei dir los, wissen sie jetzt endlich was du nicht verträgst?", fragte ich und schaute ihre abgemagerten Wangenknochen an. "Jap", nickte sie und kratzte sich am Hinterkopf, "ich weiß nur gerade nicht wie ich es dir sagen soll". "Mama Jonas hat sich weh getan!", kam Philipp schreiend ins Zimmer gerannt und im Hintergrund konnte man unseren jüngeren Sohn schon brüllen hören. "Was ist denn passiert?", rief Jenna und rannte ins Wohnzimmer. "Er ist vom Sofa gefallen", hörte ich Philipp verzweifelt schreien. "Wir fahren ins Krankenhaus, bevor ihm was schlimmeres passiert ist", meinte Jenna und schnappte sich den Autoschlüssel. "Kannst du in dem Zustand fahren?", rief ich. "Mario ich bin nicht todeskrank!", rief sie und lief aus der Haustüre. "Wieso kann in der Familie eigentlich mal nichts passieren?", fragte ich und blieb im Bett liegen. Langsam hatte ich das Gefühl zuzunehmen, weil ich mich wirklich nicht bewegen konnte. Philipp legte sich neben mich und fuhr über meinen Gips, der sich von der Mitte des Oberschenkels bis zum Fuß erstreckte. "Hast du eigentlich starke Schmerzen?", fragte er. "Gerade nicht", grinste ich und fuhr über seine Haare. "Soll ich dir was zu essen machen?", wollte er wissen und stand auf. "Bist du jetzt die Hausfrau?", lachte ich und richtete mich auf. "Na wenn du und Mama krank sind muss ja jemand die Sache übernehmen", zuckte er mit den Schultern. Sein "Kochen" stellte sich anschließend als Joghurt mit der Ecke heraus, den Fabian unter der Woche eingekauft hatte. "Sehr lecker", nickte ich anerkennend. Danach packte er seine Sachen aus dem Koffer und irgendwann kam Jenna auch wieder. Jonas hatte einen Verband um den Kopf und schlief. "Nichts schlimmes", meinte sie, "er hat nur die Beule des Lebens". Nachdem sie Jonas Schlafen gelegt hatte kam sie wieder zurück zu mir ins Schlafzimmer und schaute verwirrt auf den Joghurtbecher. "Philipp hat gekocht", grinste ich, worauf sie nur lächelnd nickte. "Also, was ist denn jetzt?", drängte ich und hielt sie am Arm fest. "Ja, also pass auf", schnaufte sie und wischte sich über das blasse Gesicht, "ey wenn mir nicht so bockschlecht wäre, könnte das hier echt romantisch sein". Ich schaute sie verwirrt an und bemerkte, dass sie megamäßig schwitzte. "Bist du sehr krank?", fragte ich ängstlich und fuhr ihr über die Stirn. "Ich bin gar nicht krank Schatz", keuchte sie, "ich bin schwanger". "Schwanger", wiederholte ich und schaute das Häufchen Elend an. "Ja", nickte sie und schaute mir angestrengt in die Augen. "Oh mein Gott", grinste ich und als von ihr keine Reaktion kam nahm ich sie in den Arm und hielt sie ein wenig. "Ich würde mich ja echt gerne mit dir freuen, aber..", schnaufte sie und stand wieder auf. Grinsend blieb ich auf dem Bett sitzen. Irgendwann war ich mir sicher, dass sie nicht mehr kommen würde, deswegen schleppte ich mich ins Wohnzimmer. "Was grinst du denn so?", wollte mein Vater wissen. "Nichts", entgegnete ich und versuchte irgendwie mein Lächeln zu verbergen. "Hat dir Jenna schon gesagt, was mit ihr los ist?", wollte er aufdringlich wissen. Ich nickte nur und vergrub mein Gesicht in meiner Hand. "Los sag schon, uns hat sie es nicht verraten", drängte er. "Ja es sieht wohl so aus, als würdest du nochmal Opa werden", schnaufte ich und schaute langsam zu ihm rüber. "Wusst ichs doch", grinste er und versuchte mich ohne mir weh zu tun in den Arm zu nehmen, "meinen Glückwunsch, Sohn". "Das muss ich jetzt mal kurz für mich so fassen", meinte ich und stand auf und stellte mich auf den Balkon. Ich stand dort vielleicht drei Minuten, als mein Handy klingelte. Es war Fabian. "Bruder, was macht die Gesundheit?", meldete er sich. "Mäßig", antwortete ich euphorisch. "Wieso sagst du das so locker?", wollte er wissen. "Ach nichts", entgegnete ich, weil ich die Nachricht noch nicht verbreiten wollte. "Wie geht es Jenna und den Kindern?", fragte er. "Ja passt eigentlich alles, die waren bis vorhin noch in Dortmund", erklärte ich und setzte mich langsam auf einen der Stühle. "Ja hab schon gehört, Mama hat schon bei mir angerufen und verkündet, dass sie Doppeloma wird", lachte er. "Nicht nur Doppeloma", meinte ich. "Was meinst du?", fragte er nach, "bekommt Anni Zwillinge oder was?" "Nein, aber Jenna ist auch schwanger", meinte ich und wartete auf die Reaktion. "Nein oder", lachte Fabi. "Doch, wirklich", entgegnete ich, "aber der gehts gar nicht gut damit, hängt schon seit drei Tagen über der Schüssel". "Ja davon hab ich schon gehört", meinte er und hielt kurz Inne, "Alter das ist ja echt zu witzig". Wir redeten vielleicht noch zehn Minuten und danach verabschiedete ich mich von meinem Vater, der noch schnell einen Kaffee getrunken hatte und sich gleich wieder auf den Heimweg machte. Jenna kam bis zum Ende des Tages wieder einigermaßen auf die Beine und kochte uns etwas zu Essen. Ich konnte es nicht lassen sie von oben bis unten zu mustern und zu lächeln. "Mama gehts dir jetzt wieder gut?", wollte Philipp wissen, als er sich mit seinen Nudeln an den Tisch setzte und meinen Blick auffing. "Wir müssen dir was sagen", schnaufte sie durch und drehte sich von der Küchenzeile zu uns herum. Dabei sah sie mir in die Augen und grinste ein Wenig. "Was denn?", fragte er, als er genüsslich seine Nudeln aufdrehte. "Du wirst nochmal Bruder", erklärte sie ruhig und wartete auf seine Reaktion. "Nicht euer Ernst!", rief er und ließ den Löffel fallen. "Doch", nickte ich und verstand seine Verhaltensweise nicht so ganz. "Freust du dich jetzt oder was ist denn los?", wollte ich wissen. "Das ist so cool", flüsterte er und riss die Augen weiter auf. Das erste Mal an diesem Tag lächelte mich Jenna an und gab mir einen Kuss. "Das hab ich vermisst", flüsterte ich. "Genieß es, morgen muss ich glaub ich wieder kotzen", entgegnete sie unromantisch und trank weiter aus ihrem Wasserglas, da sie verständlicherweise noch nichts herunterbekam. "Wie gehts Felix?", wollte sie dann wissen. "Ich hab noch nicht bei ihm angerufen, aber ich geh dann vielleicht mal rüber", seufzte ich. "Du fährst rüber", hakte sie ein, "genau wegen solchen Trips bist du noch kein Bisschen weiter mit deiner Verletzung", machte sie mir klar. "Okay Mama", maulte ich. Bei dieser Redewendung musste Philipp lachen. In dem Moment begann Jonas zu schreien. "Na dich gibts ja auch noch", rief Jenna und sprang auf. "Hoffentlich wirds noch ein Junge", überlegte Philipp vor sich her. "Willst du das wirklich deiner Mutter zumuten?", grinste ich, "so mit 4 Männern?" Philipp schaute mich schräg an: "Gibts was besseres? Die wird immer beschützt". Wenn man es so sah hatte er natürlich Recht. "Was gibts hier schon wieder?", mischte sich Jenna mit ein und setzte sich mit Jonas auf dem Arm wieder an den Tisch. "Es soll ein Junge werden", rief Philipp. "Na du planst ja schon", lachte sie. Der Blick, wie sie Philipp anschaute war gerade unbezahlbar. "Er könnte so heißen, wie ein berühmter Fußballer", schlug er vor. "An was hast du da gedacht?", fragte Jenna ironisch interessiert. "Lionel, Cristiano.." -"Mario", unterbrach ich unseren Sohn. "Nein?", schaute er mich mit einem "Du-bist-nicht-witzig"-Blick an. "Wieso unbedingt nach einem Fußballer?", fragte ich dann. "Na weil ich ja auch schon nach einem benannt wurde, dann wäre es doch cool wenn es das Baby auch werden würde", erklärte er ruhig. "Was?", flüsterte ich vorsichtig und schaute fragend zu Jenna herüber. "Nach wem haben wir dich benannt?", hakte ich nach. "Philipp Lahm?!", entgegnete er hämisch, "hat mir der Onkel Felix erzählt". "Na da werd ich nochmal ein Wörtchen mit dem reden müssen", lachte ich. Irgendwie wollte ich diesen Kindheitstraum auch nicht zerstören, da Philipp darauf sehr stolz zu sein schien. "Aber Lionel, ist das dein Ernst?", fragte Jenna nochmal zur Kontrolle nach, "Cristiano?" "Naja das kann man doch machen", zuckte er mit den Schultern. "Such dir doch die Klassiker raus", schüttelte ich den Kopf, "Franz, Jupp, Joachim" -"Papa!", rief Philipp. "Wieso, dann könnten wir ihn Jogi nennen", seufzte ich und musste mir das Lachen verkneifen. "Du wirst schon etwas Stimmrecht haben", beruhigte ihn Jenna und deutete auf seinen Teller. "Jogi Götze", wiederholte ich leise. "Mario sei bitte leise", prustete Jenna. Nach dem Essen fuhr sie mich im Rollstuhl rüber zu Felix, der ein Glück zu Hause war. Als ich klingelte öffnete er wenig später, okay er öffnete die Tür einen kleinen Spalt. "Ach du bist es", flüsterte er und machte Platz für meinen Rollstuhl. "Wen hast du denn erwartet?", fragte ich. "Fabian bewacht mich wie ein Wachhund, der hat heute schon dreimal angerufen", stöhnte er und half mir aus dem Rollstuhl auszusteigen. Mit viel Kraft hüpfte ich zum Sofa und setzte mich dort hin. "Was gibts bei euch neues?", wollte er dann wissen und setzte sich neben mich. "Wir bekommen auch Nachwuchs", nickte ich mit dem Kopf und wartete auf seine Reaktion. "Was?", fragte er kurz und schaute mich verwirrt an, "ihr auch noch?" "Jap", nickte ich verwirrt und kratzte mir am Hinterkopf. "Glückwunsch", nickte er und klopfte mir auf die Schulter. Langsam bemerkte ich, weshalb er sich nicht freuen konnte. "Ich werde das Kind dann wohl nie sehen", seufzte er und stand auf um sich etwas zu trinken zu holen. Ich schaute mich um und fühlte mich irgendwie anders als sonst. Felix Wohnung war steril. Annis Sachen waren weg. Alles war leer. "Wie gehts Judy?", rief ich ihm nach. "July", berichtete er mich, als er wieder kam, "der gehts gut, kommt in drei Wochen nach Deutschland und beginnt in München zu studieren". "Wow, freust du dich?", hakte ich nach, weil ich keine Ahnung hatte wie es auf dem Felix-July-Schiff so lief. "Ich bin sowas von verwirrt und hab ein Bisschen Angst ihr von der ganzen Scheiße zu erzählen", antwortete er. "Was soll sie denn groß sagen, du bist ihr ja nicht fremd gegangen", versuchte ich möglichst einfühlsam zu wirken. In dem Moment rief Marco an. "Hi, was gibts?", fragte ich leise. "Ich mach heute Abend was mit Anni", posaunte er heraus. "Nicht dein Ernst", entgegnete ich. "Ich kann einfach nicht ohne sie, du weißt wie lange ich ihr schon hinterherlauf", jammerte er. "Ey was bist du denn für ein Mann", schüttelte ich den Kopf und fing auf einmal Felix' Blick auf, der genau wusste mit wem ich gerade telefonierte. "Das hat doch damit nichts zu tun, ich kann sie mit einem Kind nicht alleine lassen, du kennst sie", versuchte er zu argumentieren. "Das Kind gehört aber nicht dir!", rief ich und war kurz danach schon wieder leise, weil mir meine Rippen schrecklich weh taten. "Ich weiß, aber dein Bruder kann ja schlecht helfen", entgegnete er. "Leg auf", flüsterte Felix neben mir, "der macht eh was er will". "Du musst jetzt hier nicht den Ersatzpapa spielen", meinte ich und versuchte Felix auszublenden. "Was redest d.." -"Leg auf!", riss mir mein Bruder das Handy vom Ohr und drückte selbstständig auf den roten Hörer. "Was machst du denn schon wieder für einen Aufstand verdammt!", brüllte ich ihn an. "Ich bin wütend!", entgegnete er und lief in sein Schlafzimmer. Ich wusste nicht, ob er auf mich oder auf Marco sauer war. Als er nach 10 Minuten immernoch nicht da war beschloss ich nach Hause zu gehen, okay zu fahren. Als ich so mit meinem Rollstuhl auf dem Gehweg fuhr bemerkte ich, dass ich dringend wieder das Trainieren anfangen sollte, da meine Ausdauer sehr gelitten hatte. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, wie Felix aus dem Fenster starrte. Schon von Weitem sah ich, wie Philipp im Hof Basketball spielte. Als er mich sah lief er mir entgegen und schob mich mit aller Kraft vor die Haustür. "Und wie schauts aus, gehen wir morgen zum Spiel?", fragte ich, weil ich raus musste. Ich musste meine Kollegen sehen und mich der Presse stellen. Ich musste runter von der Couch und aus dem Familientrott. Ich wollte einfach nurnoch Fußball spielen.

Ferienzeit ist Kapitelzeit, schöne Osterferien euch Allen!♥ Kommentieren, kommentieren, kommentieren!

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt