Kapitel 77

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Mario PoV:


"Schaffst du es ohne mich?", fragte ich Jenna zum tausendsten Mal und stand von der Bettkante auf. "Mario mein Bauch tut weh wie Hölle, aber das kannst du auch nicht ändern, also geh Heim, sonst kannst du doch gar nicht rennen morgen", grinste sie und formte mit ihren Lippen einen Kussmund. Ohne zu zögern beugte ich mich über sie und gab ihr einen Abschiedskuss. Dann drehte ich mich herum, winkte beim Hinausgehen strahlend und lief zum Auto. Inzwischen war es 23:09 Uhr, eigentlich viel zu spät für Besuche, doch bei mir machten sie da anscheinend eine Ausnahme. Gähnend stieg ich in meinen Audi und fuhr in die Maxvorstadt. Aus dem Radio dröhnten die Stimmen von den Black Eyed Peas und ich fuhr gerädert durch die dunklen Straßen. Mir war klar, dass ich Zuhause jetzt unmöglich in mein Bett steigen und schlafen konnte. Mit quietschenden Reifen hielt ich in unserer Einfahrt und stieg aus und schloss die Haustür auf. Innen war es mucksmäuschenstill, deswegen tappte ich ganz leise die Treppe hoch und schloss die Tür auf. Mist! Hatte ich vergessen das Licht auszumachen? Verwundert trat ich ein und sah jemanden auf unserer Couch liegen. Schon an den silbernen Schuhen erkannte ich genau wer es war: Marco. "Marco Reus in the hooooouse!", brüllte ich und sprang auf meinen schlafenden Kumpel. "Haaalts Maul!", zischte Marco verschlafen und richtete sich auf. "Was machst du hier?!", fragte ich. "Überraschungsbesuch?", fragte er mit den Schultern zuckend und fuhr sich über die Augen, "wieso bist du so gut gelaunt, das geht ja mal gar nicht". "Ich bin Papa geworden hallo?!", rief ich und klopfte mir "like-a-boss" auf die Schulter. "Laber nicht", grinste Marco und fiel mir um den Hals, "erzähl mal, wie gehts Jenna?" Ich befreite mich wieder aus seiner Umarmung und setzte mich. "Ihr und dem Junior gehts gut", grinste ich stolz. "Hau den Namen raus", drängte er und legte seinen Ellenbogen auf meine Schulter. "Jonas", entgegnete ich kurz. "Jonas?", wiederholte Marco nochmal und schaute mich mit zusammengekniffenen Augenbrauen an. "Jonas", nickte ich wieder. "Alter ich hab niemals gedacht, dass du deinen Kindern mal so bodenständige Namen gibst", schüttelte er den Kopf. "Tja siehst du mal was", grinste ich und stand auf um mir meine Schuhe auszuziehen. Dann drehte ich mich um, weil ich erst jetzt die Situation richtig verstand. "Was geht eigentlich mit dir ab? Hast du diese Woche kein Training, geschweige ein Spiel?", fragte ich verwirrt. "Jap, aber zwei Tage frei und die will ich doch nur mit dir verbringen", grinste er. Marco hatte bis vor wenigen Wochen eine Beziehung mit einem Mädchen aus Düsseldorf, doch nach einem Jahr hatte er anscheinend keine Lust mehr. Jetzt war ich wieder seine Ersatz- Freundin. "Und jetzt? Was machen wir?", fragte Marco und lief zum Kühlschrank um irgendetwas nachzuschauen. "Hast du kein Bier da?", fragte er beleidigt und schloss die Tür wieder. "Nicht im Kühlschrank", antwortete ich. "Raus damit", rief er, doch ich blockte gleich ab: "Ich hab morgen um zehn Uhr Training, ich geh heute nicht mit dir saufen". Beleidigt kam er zurück auf die Couch und schaute mir in die Augen, um mich doch irgendwie noch umzustimmen. "Ich lauf mal rüber zu Felix, kommst du mit?", fragte er dann, als ich nicht nachgab. "Natürlich", seufzte ich und zog meinen rechten Schuh gleich wieder an. Als wir nach draußen liefen wurde mir erst bewusst, wie kalt es eigentlich war. "Wo ist dein Junior eigentlich?", fragte mein bester Freund dann, als wir die Straßenseite wechselten. "Übernachtet bei Felix", erklärte ich und sah, dass in Felix Wohnzimmerfenster noch Licht brannte. "Was ist der Grund, dass wir einfach so auftauchen?", hakte Marco nach, als wir vor der riesigen Eingangstür standen. "Kein Essen? Sehnsucht? Keinen Schlüssel?", listete ich auf. "Lappen", grinste Marco und drückte die Klingel. Nach einer halben Ewigkeit stand Felix vor uns. "Was soll das denn jetzt?", fragte er mit kleinen Augen und zerstrubbelten Haaren. "Überraschungsbesuch", rief Marco, wie schon vorher bei mir. "Ach du Scheiße", seufzte Felix und hielt uns trotzdem die Tür auf. "Ist mein Lieblingspatenkind noch wach?", erkundigte sich Marco schnell. "Ich hoffe mal nicht", mischte ich mich ein und warf meinem kleinen Bruder einen bösen Blick zu. "Marco er hat morgen Schule", schüttelte Felix den Kopf. "Scheiß Schule", war Marcos Antwort. Er war schon wieder auf dem Weg auf den Balkon, wo er Anni anscheinend gesehen hatte. Sie saß nachdenklich in ihrer Hängematte und rauchte eine Zigarette. Vor der Tür machte er jedoch Halt und drehte sich zu mir um. "Rede du erstmal mit ihr", nickte er und lief in Felix Richtung, um sich mit ihm zu unterhalten. "Hi", hauchte ich kurz, als ich hinaustrat und setzte mich in den Gartenstuhl neben ihr. "Hey", grinste sie etwas gekünstelt und schaute mich an, "und wie ist es so, als Papa von zwei Kindern?" "Gut", nickte ich kurz, "was ist los mit dir?" Sie drehte sich in meine Richtung und warf kurz einen Blick in das Innere der Wohnung. "Ich habe das Gefühl zwischen Felix und mir ist es bald aus", seufzte sie und schaute auf den Boden. "Wie aus?", riss ich die Augen auf. "Naja aus.. Schluss.. Ende", flüsterte sie. "Wieso Anni?", fragte ich. "Wir sehen uns nicht mehr und es ist einfach nicht mehr wie am Anfang", erklärte sie. "Seht ihr das Beide so?", hakte ich nach. "Keine Ahnung", zuckte sie mit den Schultern und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. Wieso sagte sie soetwas? "Du brichst ihm das Herz", säuselte ich. "Ich weiß, aber ich glaube nicht, dass dein Bruder meine Zukunft ist", meinte sie niedergeschlagen und schaute wieder nach Innen. "Und was ist mit den letzten sechs Jahren?", fragte ich vorwurfsvoll. "Mario es geht nicht mehr!", schrie sie und begann zu weinen. Ich verstand nicht wieso es nicht mehr ging. Es war im ersten Moment viel zu viel für mich. "Ich verstehe es nicht", schüttelte ich den Kopf und stand auf und ging nach Drinnen zu den Anderen. "Was ist mit ihr?", fragte Marco. "Sie zickt in letzter Zeit immer ein Bisschen, aber ihr wisst ja wie die Weiber so sind", grinste Felix. Er hatte keinen blassen Schimmer. "Weiber!", wiederholte Marco nochmal und stieß mit Felix ein Bier an. "Wieso zickt sie so rum?", fragte ich nach. "Keine Ahnung, sie sagt immer nur, dass ich ihr nicht zuhöre und keine Zeit für sie habe", murmelte er. "Stimmt das?", hakte ich nach. "Spinnst du? Ich trag ihr alles hinterher und ich kann eben nichts dafür, dass ich sooft Training hab und zu Auswärtsspielen fahren muss", fuhr er mich an. "Und wieso hab ich davor noch nie irgendwas gemerkt?", fragte ich weiter. "Denkst du wir streiten uns in der Öffentlichkeit? Außerdem ist es halb so schlimm wie du es jetzt glaubst, die kommt wieder runter", grinste er. Du hast keine Ahnung, dachte ich mir und warf nochmal einen Blick nach draußen. Das konnte nicht mehr lange gut gehen. Verwirrt lief ich auf die Toilette und setzte mich dort auf den Badewannenrand. Ich musste nachdenken. Ich hatte noch nie mitbekommen wie die Beiden sich gestritten hatten oder ähnliches. In meinem Kopf hallte immer nur Marcos Weiber und dann wurde mir auch klar, wieso er noch nie eine längere Beziehung als ein Jahr hatte. Man durfte Frauen nicht als Weiber bezeichnen, nicht als Küchen- oder Putzfee ansehen oder sonst irgendwie herablassend über sie reden. Das gehörte sich einfach nicht und wie es aussah hatte Felix genau das auch getan. In dem Moment ging die Tür auf und jemand kam herein, doch ich war viel zu vertieft in meine Gedanken. "Hallo", hörte ich die Person sagen und ich fuhr herum. Philipp saß neben mir. "Hey wieso bist du noch wach?", flüsterte ich und nahm ihn in den Arm. "Ihr wart zu laut", seufzte er und schmiegte seinen Kopf an meine Brust. "Tut uns leid", entgegnete ich und fuhr ihm durch die Haare. "Wieso bist du hier?", fragte er. "Dein Pate ist da und er wollte dich sehen", erklärte ich. Urplötzlich hob er den Kopf und sprang ohne noch ein Wort zu sagen auf und flitzte ins Wohnzimmer. "Paaateee!", hörte ich ihn brüllen und ein wenig später einen kleinen dumpfen Schlag. Anscheinend war er mit vollem Karacho auf Marcos Schoß gesprungen. Kurz musste ich grinsen und stand auf. Eines war sicher, Philipp liebte Marco mindestens genauso sehr wie ich, er war verrückt nach seinem Paten. "Bringst du mich morgen in die Schule?", rief er aufgeregt. "Um acht Uhr? Oh das muss ich mir nochmal überlegen", spielte Marco. Wir wussten alle, dass er ihn morgen in die Schule bringen wollte. Marco liebte es Zeit mit Philipp zu verbringen. "Also ich weiß ja jetzt nicht wie es aussieht, aber ich geh jetzt wieder rüber", meinte ich leise, winkte Philipp kurz zu und verließ den Raum, die Wohnung und das Haus. Ich hatte gerade keine Lust auf gespielte Zweisamkeit. Wenn ich an Anni dachte wurde ich wütend. Niemand durfte meinem Bruder das Herz brechen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie er ohne sie dastehen würde. In dem Moment war mir sogar Marco egal. Ich überquerte die Straße und schaute mir die Häuser in meiner Nachbarschaft an. In keinem brannte mehr Licht. Über diese Neuigkeit musste ich erstmal eine Nacht schlafen. In meinem Bett schmiss ich mich einfach, ohne mich fertigzumachen auf die Matratze und schlief ein. An diesem Tag hatte ich wirklich genug erlebt. Als ich am nächsten Morgen von meinem Handywecker geweckt wurde war ich totmüde. Es war sieben Uhr, eigentlich viel zu früh, weil ich mich nicht um Philipp kümmern musste, doch ich beschloss trotzdem zu Jenna ins Krankenhaus zu fahren. Mit meiner Trainingstasche auf dem Rücken lief ich zu meinem Auto und fuhr aus der Einfahrt. Ich wusste nicht mal mehr wo Marco heute Nacht übernachtet hatte. Auf dem Weg zum Klinikum kaufte ich Blumen bei einem Kiosk für meine Frau. In der Tiefgarage war noch gar nicht soviel los, deswegen war ich auch bald vor ihrem Krankenzimmer. Ich klopfte. Ein schwaches "Ja" war zu hören und ich trat ein. "Schau mal der Papa ist da", flüsterte Jenna Jonas zu, als sie mich erblickte. "Hey", grinste ich und gab ihr einen Kuss auf die Backe. Ich nahm meinen Sohn in den Arm und setzte mich auf die Bettkante. Den Blumenstrauß legte ich auf den Tisch neben dem Bett. "Du schaust fertig aus", flüsterte sie und richtete meine Gelfrisur. "Alles gut", grinste ich gespielt. Die Sache mit Anni ging mir nicht aus dem Kopf. In meinem Gehirn spielte sich ein einziges Dilemma ab. Auf der einen Seite stand Jonas und Jenna und auf der anderen Felix und Anni. "Die Krankenschwester ist zufrieden übrigens", grinste Jenna. "Gut", nickte ich und schaute meinem Sohn in die Augen. Er ähnelte Philipp sehr und so auch mir. In dem Moment klingelte mein Handy. Ungewöhlich für diese Zeit. Ich hoffte, dass das Training heute abgesagt werden würde, weil ich gar keine Lust hatte. "Ich muss da ran", murmelte ich und gab Jenna Jonas wieder. Felix Nummer wurde angezeigt. "Ja was gibts?", meldete ich mich und lief ein wenig herum. Erst hörte ich nur einen tiefen Schnaufer. "Mario bitte komm vorbei", flüsterte er. "Felix was ist los", rief ich und schaute angestrengt aus dem Fenster. "Sie hat Schluss gemacht", hörte ich ihn weinen. Ich wusste das es passieren würde, doch es zu hören war nochmal hart. "Wo bist du?", fragte ich. "Ich bin zum Training gefahren", schniefte er. "Ich komm gleich", zischte ich und legte auf. "Felix gehts nicht gut", informierte ich meine Freundin, gab ihr einen Kuss. "Kommst du heute nochmal?", fragte sie traurig. "Ich versuche es", meinte ich kurz und rannte aus dem Zimmer. So schnell es ging raste ich zur Säbener Straße. Jetzt musste ich für meinen kleinen Bruder da sein und vor allem ein erstes Wort mit Anni reden.


Pünktlich zu Götzes Geburtstag heute mal ein neues Kapitel:) Kommentiert fleißig, ich würde mich sehr freuen. Schöne Ferien an die, die welche haben und an die, die keine haben, Kopf hoch, bald sind bei euch bestimmt Sommerferien! :) (Ich muss noch bis August warten-.-)

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt