Mario beruhigte sich auch die nächsten Tage nicht. Marco war immer für ihn da und tröstete ihn, doch ihn konnte nichts zur Ruhe bringen. Eine Woche später fand die Beerdigung statt. Ohne Presse und Öffentlichkeit nahmen wir Abschied von unserer Tochter. Noch Niemand außer den anwesenden Personen in unserer Wohnung wusste von der Beerdigung. "Schaut das overdressed aus?", fragte Mario, als er vor dem Trauergottesdienst vor dem Spiegel stand. Er trug ein schwarzes Sacko mit einem schwarzen Hemd und einer schwarzen Fliege. "Mit schwarz ist man nie overdressed", meinte ich und zupfte ihm die Fliege zurecht. Eingeladen zur Beerdigung waren nur unsere engsten Verwandten und wenige Freunde, auch um die Nachricht nicht nach außen zu tragen. Um zwei Uhr standen wir am Friedhof und ließen die Worte des Pfarrers über uns ergehen. "Ich will hier einfach nur weg", flüsterte Mario mir zu, als der Pfarrer den ersten Teil der Beerdigung beendet hatte. Er hatte Tränen in den Augen und schniefte die ganze Zeit. Vorsichtig nahm ich ihn an die Hand und drückte sie. Philipp hatten wir zu Marco gegeben und zu unseren Seiten standen unsere Eltern. Draußen beim Grab legte Mario seinen Arm um mich und vergrub sein Gesicht in meiner Schulter. Im Hintergrund spielte irgendjemand Klavier und mir liefen die Tränen das Gesicht runter. Ich wollte nicht sehen, wie sie mein kleines Mädchen für immer vergraben würden. Als der Sarg unten auf der Erde ankam entfloh Mario ein kleiner Schrei. Verzweifelt umarmte ich ihn und ließ ihn nicht mehr los. Der Pfarrer zog ab und nach einer halben Stunde standen nurnoch Mario und ich vor dem Grab. "Mein kleines Mädchen", wimmerte ich und zitterte am ganzen Körper. "Können wir bitte weg von hier?", fragte mein Freund und zog mich weg. Langsam trotteten wir zum Auto, wo der Rest unserer Familie stand. "Können wir nach Hause?", fragte ich leise und setzte mich neben meinen Papa auf den Beifahrersitz. "Du warst stark", flüsterte er und legte die Hand auf meinen Oberschenkel. Die Tage vergingen und langsam verabschiedeten sich unsere Familien wieder, doch immer mindestens eine Person blieb bei uns. Wenigstens hatte die Presse nichts vom Tod unserer Tochter mitbekommen, sonst hätten sie Mario noch mehr auseinander genommen. Nichtmal seine Mannschaftskollegen wussten Bescheid. Mario lag die meiste Zeit auf dem Sofa oder ging zum Joggen auf unser Laufband im Keller und ich kümmerte mich um Philipp.
Mario PoV:
Anfang August fing unser Training wieder an. Am Anfang war ich mir nicht sicher, ob ich es nervlich schaffen würde, doch ich würde es probieren. "Tschüss", flüsterte ich meiner Freundin zu und gab ihr einen Kuss. "Mario wenn es nicht geht.." -"Dann mach ich nicht weiter", beendete ich ihren Satz und verließ die Wohnung, was ich schon seit einigen Wochen nicht mehr gemacht hatte. Die frische Luft fühlte sich irgendwie komisch an, doch es musste weitergehen. Ich stieg in meinen Audi und fuhr zum Training. In meinem Kopf spielten die Gedanken verrückt. Wieso hatte ich die Mannschaft noch nicht über den Vorfall informiert? Wie sollte ich es ihnen sagen? Nervös fuhr ich aufs Trainingsgelände. Ich war überall, nur nicht beim Fußball. Zufällig lief ich auf dem Weg zu den Kabinen meinem Bruder in die Arme. Ohne etwas zu sagen nahm ich ihn in den Arm. "Du packst das", flüsterte er und klopfte mir auf die Schulter. Anscheinend hatte er parallel mit mir Training. "Ja", nickte ich und lief in die Kabine. Mir kam es so falsch vor. "Mario Götze!", brüllte Thomas und fiel mir um den Hals. "Servus", meinte ich. "Alles okay bei dir?", fragte er. Ich nickte verkrampft und ging zu meinem Platz. Die Kabine war fast voll und ich ignorierte einfach jeden, der um mich herumstand. Die Wiedersehensfreude war groß und ich wäre warscheinlich auch richtig abgegangen, aber unter diesen Umständen ging es einfach nicht. Ich zog mir mein Trikot und meine Schuhe an. "Willkommen zurück!", rief Pep, als er in die Kabine kam. Die meisten gröhlten ihm irgendwas entgegen und besonders Dante bekam wegen der Weltmeisterschaft sein Fett weg. Gedankenverloren tappte ich auf den Trainingsplatz und stellte mich an den Mittelkreis. Total abgegrenzt von den anderen stand ich da und beteiligte mich nicht an ihren Gesprächen. Endlich kam Pep auf den Platz und die Fans hinter den Absperrungen jubelten. Mario reiß dich zusammen, du schaffst das, redete ich mir immerwieder ein. "Jungs wir beginnen mit einer kleinen Aufwärmübung, dazu sucht euch bitte einen Partner", erklärte Pep. Suchend schaute ich mich um und fand Basti. Wir stellten uns gegenüber und führten die Übung aus. Im Gegensatz zu ihm hatte ich fast keine Kraft und wirkte schrecklich schwach. "Mario jetzt sag schon was ist los mit dir", drängte er und löste sich aus der Übung. Hör auf mich daran zu erinnern, dachte ich mir. "Alles okay", stöhnte ich. "Sei leise irgendwas hast du", schimpfte er. "Ich weiß nicht wie ich es sagen soll", meinte ich leise und merkte, wie die Tränen in mir aufstiegen. Basti half mir auf und führte mich raus auf die Bank, wo uns die Fans fast nicht sehen konnten. Peps Blick war verärgert und verwirrt zugleich, doch Basti war das anscheinend egal. "Setz dich", meinte er und stützte mich unter den Armen. "Meine Tochter", begann ich zu weinen, doch schaffte es nicht den Satz zuende zu bringen. "Was ist mit Lia?", fragte er, "ist sie krank?" Wortlos schüttelte ich den Kopf: "Sie ist tot", heulte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Jetzt war mein Teamkollege leise. "Ich kann das nicht", schluchzte ich und stand auf. Ohne auf die Fans oder die Mannschaft zu achten wollte ich vom Platz laufen, doch ich schaffte es nicht mehr. Auf halber Strecke brach ich im Mittelkreis zusammen und weinte. "Mario!", brüllten meine Teamkollegen und kamen auf mich zugerannt. Sie stellten sich im Kreis um mich rum und und redeten auf mich ein. "Komm", flüsterte Basti und half mir auf und brachte mich zum Gebäude. "Ich mach das", meinte irgendjemand, der von links kam und Basti ließ mich los. Es war Felix. "Komm ich bring dich nach Hause", meinte er, doch ich schüttelte den Kopf: "Ich muss den Jungs Bescheid sagen". Niedergeschlagen setzte ich mich auf meinen Platz in der Kabine. "Du bist noch nicht bereit dazu Mario", erkärte mein Bruder, "sag dem Trainer das zu eine Auszeit brauchst". "Wieso brauchst du eine Auszeit?", fragte Pep, der in der Tür stand. "Meine Tochter ist gestorben", weinte ich und wischte mir die Tränen von der Backe. "Wieso sagst du nichts", flüsterte mein Trainer und setzte sich neben mich, "wann ist das passiert?" "Zwei Tage, nachdem sie wieder aus Brasilien Zuhause waren", antwortete Felix für mich, "Plötzlicher Kindstod". Pep nickte und strich mir über die Arme. "Ich brauch eine Auszeit Trainer", schniefte ich. "Klar keiner zwingt dich dazu", meinte er, "ich sag der Mannschaft Bescheid". Wortlos stand ich auf und lief mit meinem Bruder zum Auto. "Ich fahr mit dir nach Hause", meinte er und setzte sich neben mich. Ich war nervlich einfach am Ende und konnte nicht mehr. Die letzten Wochen waren zu heftig gewesen. Zuhause war Niemand. "Ich muss zurück", meinte Felix und hielt mich fest, "Fabi und ich kommen heute Abend wieder vorbei". Wieder nickte ich nur und schloss unsere Haustür. Wie sollte ich aus dieser Trauer wieder herauskommen? Ich war so verliebt in meine Tochter, dass ich es niemals übers Herz gebracht hätte sie gehen zu lassen. Schluchzend setzte ich mich auf die Couch und stellte den Fernseher an, doch auf die Sendung achtete ich nicht. Langsam tappte ich in der Wohnung herum und blieb vor dem Kinderbett stehen. Immernoch lag an der linken Seite die rosa Bettwäsche und rechts die Blaue von Philipp. Da ich nichts zu tun hatte entfernte ich alles, was mit Lia zutun hatte aus dem Zimmer. Ihre Kleider, Bettwäsche und ihre Spielsachen und packte sie in einen Sack, den ich in die Speisekammer stellte. Jetzt war es alleine Philipps Zimmer und damit mussten wir alle klarkommen. "Mario?", hörte ich meine Freundin von der Haustür rufen. "Ich bin hier", meinte ich und lief in ihre Richtung. "Was machst du denn hier Schatz?", fragte sie und umarmte mich kurz. "Ich brauch eine Pause vom Fußball", flüsterte ich. "Du hast schon wieder geweint", stellte sie fest und strich über meine Backen. "Es tut mir le.." -"Es braucht dir nicht leid zu tun", unterbrach sie mich stellte den Maxi Cosi in ihrer rechten Hand auf den Boden. "Wir müssen neu anfangen", seufzte ich und bückte mich runter zu meinem Sohn. Ich wusste nicht, wie es Jenna schaffte so gefasst zu bleiben, doch ich hatte sie seit einer ganzen Wochen nicht mehr weinen sehen. "Komm ich war beim Gemüseladen", meinte sie und drückte mir einen Korb mit Obst in die Hand. In den nächsten Tagen machten wir nicht viel anders. Wir kümmerten uns um unseren Sohn, ich machte sehr viel Sport, weil ich mich irgendwie wieder fit für das Training machen müsste und am Abend saßen wir immer da und schauten uns Bilder von Lia an. Irgendwie half es auch und wir gewöhnten uns an die Situation. Die meiste Kraft jedoch gab mir Philipp. Er gab mir das Gefühl, dass ich durch ihn auch meine Tochter im Himmel glücklich machen würde. Wenige Tage vor dem ersten Spiel gegen Wolfsburg tauchte auf einmal ein rießiger Zeitungsartikel in der Tz auf. "Mario!", schrie meine Freundin und kam mit der Zeitung auf mich zugerannt und drückte sie mir ins Gesicht. Götze fehlt bei Abschlusstraining, stand als große Überschrift über dem Artikel. "Les dir das mal durch", seufzte sie, "ich hab gedacht die Presse weiß nicht Bescheid". Einen Tag vor dem Auftaktspiel der neuen Bundesligasaison gegen Wolfsburg muss der Fc Bayern beim Abschlusstraining auf WM- Torschützen Mario Götze verzichten. Der Grund dafür sei nur den Spielern und den Trainern bekannt. Das einzigste was wir wissen ist, dass er beim ersten Training der Münchner auf dem Spielfeld zusammengebrochen ist. Von Verantwortlichen und Spielern bekommen wir keine Informationen und so bleibt nur zu hoffen, dass sich der Bayernstar bald wieder zurückmelden wird. "Wir müssen morgen zum Spiel, sonst denken die, dass ich nie wieder zurückkomme", meinte ich. "Was wir machen müssen, ist der Öffentlichkeit sagen, was passiert ist", machte mir Jenna klar. "Okay, wir gehen morgen zum Spiel", nickte ich. Am nächsten Abend war es dann soweit. Das erste Mal nach eineinhalb Monaten freute ich mich wieder über irgendetwas. Mit dem Audi fuhren wir zum Stadion und liefen in den VIP- Bereich. Ein Glück waren wir schon etwas spät dran und die meisten Zuschauer saßen schon draußen auf ihren Plätzen. Ich hatte Philipp auf dem Arm und bahnte mir den Weg zu meinem Platz, wo auch noch einige meiner anderen Kollegen saßen, die wegen Verletzungen nicht spielen konnten. "Servus", nickte ich und setzte mich neben Javi (Martinez). Ich merkte, dass er mich ansprechen wollte, doch wieder einen Rückzieher machte. "Und was macht der Kreuzbandriss?", fragte ich. "Abwarten", zuckte er mit den Schultern, "und bei dir?" Schnell drehte ich meinen Kopf aufs Spielfeld um ihn nicht direkt anschauen zu müssen: "Das Leben geht weiter", meinte ich. Ständig waren Kameras auf uns gerichtet und die Menschen um uns herum tuschelten. "Wir hätten niemals solange nichts sagen dürfen", zischte mir Jenna von der Seite ins Ohr und in dem Moment kamen auch Felix und Fabian eine Reihe vor uns auf ihre Plätze. "Was macht ihr denn hier?", rief Felix und klatschte mit mir ein. "Leben geht weiter", zuckte ich mit den Schultern. "Servus Bro", meinte Felix und nahm mir meinen Sohn aus den Armen. Endlich wurde das Spiel angepfiffen. Die Jungs hatten sich in den letzten Woche klasse auf das Spiel vorbereitet und ich musste mir selbst eingestehen, dass ich es in meiner derzeitigen Form einfach nicht geschafft hätte. In der 37. Minute schoss Thomas durch eine Flanke von Arjen das 1:0 und wenige Augenblicke nach der Halbzeit erhöhte Arjen selbst auf das 2:0. Außer ein Anschlusstreffer von Ivica Olic geschah nicht wirklich noch etwas im Spielverlauf. Beim Abpfiff stand ich auf und lief runter zum Spielfeld. Mir war es egal, dass ich Philipp noch auf dem Arm hatte. Meine ganzen Teamkollegen kamen in einem Träubel auf mich zugelaufen und fielen mir um den Hals. "Du machst grade ne harte Zeit durch Alter, aber du kommst da wieder raus", machte mir unser Kapitän Mut und klopfte mir auf den Rücken. Die ganzen Worte taten mir unglaublich gut und ich war mir sicher, dass es jetzt an der Zeit wäre die Wahrheit ans Licht zu bringen. Gemeinsam mit Thomas lief ich in die Katakomben zu den Kamerateams und stellen uns einem Reporter von der ARD zur Verfügung. Überrascht schaute er mich an, weil ich immernoch Philipp in den Armen hielt. "Als allererstes zu ihnen Herr Götze", begann er, "eine Frage die ganz Deutschland interessiert: Wieso spielen sie da nicht und wo waren sie die ganze Zeit?" Ich nahm einmal tief Luft und ich spührte Thomas stützende Hand auf meiner Schulter. "Es ist etwas schreckliches passiert. Wenige Tage nach dem Wm- Finale mussten wir Abschied von unserer kleinen Tochter Lia nehmen", begann ich und schaute hinter dem Mann auf die rote Wand. Reiß dich zusammen Mario! "Ich musste mir eingestehen, dass ich es von der Psyche und auch vom körperlichen noch nicht schaffe wieder ins Training einzusteigen, sondern erst alles verkraften muss", antwortete ich. So jetzt war es raus. "Unter diesen Umständen natürlich ein herzliches Beileid", stotterte der Reporter und war auf einmal sehr leise. "Wir stehen alle hinter ihm und hoffen, dass er schon in wenigen Wochen wieder spielen kann", fügte Thomas noch hinzu, worauf ich ihm dankend in die Augen schaute. "Und er wird grandios spielen, weil er es kann", meinte er. "Das haben sie ja in Rio bewiesen, dankeschön", beendete der Mann von der ARD das Interview und verzog sich wieder. "Er rockt das Zuhause auch alleine, da bin ich mir sicher", grinste Thomas und nahm Philipps kleine Hand. "Zeig dem Thomas wie schön du lächeln kannst", grinste ich und zwickte meinem Sohn in den Backen. Er begann zu quieken und zappelte mit den Armen. "Der bringt euch schon wieder auf die richtige Spur, da bin ich mir sicher", stellte Thomas fest. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Spätestens nach der Sportschau am Abend wussten alle Menschen Bescheid. Mir war jedoch klar, dass ich nicht immer pausieren konnte. Das Leben musste weitergehen.
So, doch ein wenig später als geplant, aber ich glaube ihr seid mir nicht böse. Ich war der Meinung, dass ich mal wieder aus dieser "alles ist wunderschön"- Welt weggehen muss und einen Cut setzen muss. Im Moment gelingt mir irgendwie nicht jede Szene so, wie ich sie mir vorgestellt habe:0 Habt ne tolle Zeit:)
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Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)
Fanfiction"Lass mal zu der da hinten gehen" - ein Satz, der das Leben zweier Menschen komplett veränderte.