Kapitel 29

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"Oh Gott hoffentlich ist nichts schlimmes", stöhnte meine Freundin, doch ich beruhigte sie gleich und versicherte ihr, dass ihre kleine Schwester bestimmt irgendwo unten im Keller sein würde. Als wir den Gang zu Jennas Zimmer rinterliefen sahen wir, dass in Annis Zimmer Licht brannte. "Man, Papa beschwert sich immer, dass wir das Licht nicht ausmachen und dann die Strohmrechnung so hoch ist", zischte sie und riss die Tür auf. Was ich dann sah ließ meinen Atem stocken. Fast hätte ich mich warscheinlich übergeben müssen. Anni lag in ihrem Bett, doch nicht alleine. Marco lag mit nacktem Oberkörper neben ihr und schlief. Geschockt schlossen wir die Tür wieder und Jenna stürmte in ihr Zimmer und setzte sich geschockt auf das Bett. "Du hast gerade schon das gleiche gesehen wie ich oder?", fragte sie prüfend. Ich konnte die Situation noch gar nicht begreifen, doch vielleicht war das auch gar nicht so schlecht. "Was war denn?", fragte Felix verwirrt, doch ich antwortete ihm nicht. "Denkst du sie haben es wirklich getan?", fragte mich meine Freundin. In mir stieg die Wut auf. "Natürlich haben sie es getrieben!", brüllte ich, "denkst du jemand liegt sonst nackt nebeneinander im Bett oder was?!" Und sofort taten mir meine Worte schon wieder Leid. "Anni und Marco?!", fragte Felix mit offenem Mund und setzte sich neben Jennas aufs Bett. Ich nickte nur und kratzte mich am Kopf. "Das hätte ich von meiner Schwester wirklich nicht erwartet", flüsterte Anni enttäuscht und legte ihren Kopf auf Felix Schultern, der ebenfalls ungläubig auf den Boden schaute. Auf einmal öffnete sich die Tür und mein bester Freund kam herausgewankt. Ich lief so schnell ich konnte auf ihn zu und presste ihn gegen die Wand. "Du dreckiger Scheißarsch!", brüllte er und hielt ihn an den Armen fest. Marco machte ein erschrockenes Gesicht: "Digger fahr mal wieder runter", lallte er, doch ich fuhr kein Bisschen runter. "Weißt du was du gerade gemacht hast?!", schrie ich wieder und sah ihm tief in die Augen. Ich lief vor Wut an und atmete dann kurz durch. "Das ist die Schwester von meiner Freundin du Idiot! Sie ist sieben Jahre jünger als du und du schläfst einfach mit ihr!!", begann ich dann wieder. "Wir wollten es beide Mario, beruhig dich", säufzte Marco und wollte sich mühsam aus meinem Griff befreien, doch kam gerade erst so richtig in Fahrt: "Du fickst echt jede Frau die du heiß findest oder?! Hast du schon mal an deinen Ruf in der Öffentlichkeit gedacht?", fragte ich, schon wieder brüllend. Ich merkte wie er langsam unter mir zusammensankt, weil ihn seine Beine nicht mehr halten konnten. Ich ließ ihn einfach los und mit einem dumpfen Schlag fiel er auf den Boden. "Na warte wenn du morgen wieder nüchtern bist bekommst du so die Fresse poliert", schrie ich und lief dann die Treppe runter. Jenna ging mir hinterher und nahm meine Hand. "Ich glaub das jetzt nicht", heulte sie und klammerte sich an meinen Arm. Wir liefen nach draußen auf die Straße und setzten uns dort auf den Gehsteig. "Das hätte ich nie von ihr erwartet", keuchte Jenna und legte ihr Gesicht in ihre Handflächen. So sauer wie gerade war ich wohl noch nie auf einen Menschen zuvor gewesen. "Bitte mach deinen Freund nicht so runter", meinte sie dann, "vielleicht hat Anni auch angefangen und sie macht dadurch eure Freundschaft kaputt". Ich schüttelte den Kopf: "Egal wer angefangen hat, ich kann es ihm nicht verzeihen". Dann standen wir auf, weil es trotzdem kalt wurde und liefen einfach los. Wir liefen ewig. Mir kam es vor als würden wir einmal quer durch Bamberg laufen, doch wir mussten irgendwie die Gedanken aus unserem Kopf verbannen. Am Anfang redeten wir noch lange darüber, doch irgendwann um sechs Uhr früh gingen uns die Schimpfwörter für Marco aus und deswegen liefen wir nur geschockt nebeneinander her, wie hypnotisiert. Jenna war zutiefst von ihrer kleinen Schwester enttäuscht und hätte soetwas nie von ihr erwartet. Müde waren wir in diesen Momenten gar nicht. Als es schon wieder hell wurde kamen wir wieder bei den Gentzels an. Die Musik war aus und so wie es aussah hatte die Party ein Ende genommen. Meine Freundin und ich kamen zu dem Entschluss Felix aufzuwecken und dann sofort nach München zurück zu fahren, weil wir kein Bisschen Lust auf eine Übernachtung hier hatten. Als wir in Jennas Zimmer ankamen lag Felix in ihrem Bett und schaute an die Decke. "Wo wart ihr die ganze Zeit? Ich hab mir Sorgen gemacht!", fragte er aufgebracht und setzte sich auf. Seine Augen waren rot und ich hatte das Gefühl, dass er geweint hatte. "Ja wir konnten nicht schlafen", entgegnete ich, "pack deine Sachen wir fahren Heim". "Ich hab auch kein Bisschen geschlafen", meinte Felix leise und setzte sich auf die Bettkante. Er wischte sich mit seinem Handrücken über die Augen um eine Träne wegzuwischen. "Wegen meiner Schwester und Marco?", fragte Jenna vorsichtig. Mein Bruder nickte leicht und schaute dann auf den Boden. Sofort setzte ich mich und legte meinen Arm um ihn: "Anni hat einfach viel zu viel getrunken, aber sie fühlt ja nichts für Marco", versuchte ich ihn irgendwie zu beruhigen. "Sind wir doch mal ehrlich, gegen einen Marco Reus hab ich doch keine Chance", säufzte er. Jenna stellte sich jetzt vor uns hin und ging in die Hocke: "Ehrlichgesagt hatte ich schon den Eindruck, dass meine Schwester was von dir will, nur bei dir war ich mir nicht ganz so sicher". "Ist ja auch egal, wer hier was von wem will. Passiert ist passiert", meinte Felix und stand dann auf um ins Badezimmer zu gehen. Wir hörten von unten Teller klappern und beschlossen uns einen Kaffee zu holen. "Was macht ihr denn schon um acht Uhr wach?", fragte Michael, der den Frühstückstisch vorbereitete. "Wir konnten nicht mehr schlafen", meinte Jenna kurz und holte zwei Tassen aus dem Schrank. "Ach ja dein Kumpel liegt übrigens drinnen auf der Couch, wenn du ihn suchst", lachte Michael und zeigte ins Wohnzimmer. "Und ob ich den suche", meinte ich verbissen. "Ich war doch heute früh nochmal um vier Uhr unten und hab euch gar nicht mehr gesehen", wunderte sich Jennas Papa, warscheinlich sahen wir sehr müde aus. "Ja ich hab es unten wegen der Musik einfach nicht mehr ausgehalten", klärte meine Freundin. "Ja genau und Marco und Anni waren auch echt fertig", versuchte ich das misteriöse Verschwinden der Beiden zu erklären. "Das stimmt Marco hab ich auch nicht mehr gesehen, aber Anni war noch bis vor einer halben Stunde unten und hat die Anderen verabschiedet", meinte Michael verwirrt. Jenna und ich warfen uns auch einen komischen Blick zu, doch ehrlichgesagt wollte ich gar nicht wissen wie lange Anni wach war oder nicht. Dann lief ich ins Wohnzimmer und schloss die Tür hinter mir, sodass mich auch ja keiner hören konnte. Marco saß gerade auf der Sofakante und rieb sich die Augen. "Morgen", krächzte er und stand auf. "Dein Ernst?", entgegnete ich kurz und sah ihn prüfend an. "Was? Wieso?", fragte er verwirrt und blieb wie gefrohren stehen. "Kannst du dich an nichts mehr erinnern?", fragte ich. Mein Kumpel schüttelte den Kopf: "Nein, sorry ich weiß echt gar nichts mehr", meinte er und strubbelte sich durch die Haare. Ich schüttelte verständnislos den Kopf und schaute aus dem Fenster, weil ich es einfach nicht fassen konnte. "Bruder was hab ich gemacht?", fragte Marco auf einmal angespannt, "hab ich Jenna angemacht? Hab ich dich geschlagen? Hab ich die Party versaut?" Wütend fuhr ich herum: "Du hast mit Anni geschlafen!" Marco schlug augenblicklich die Hände vor den Mund und war still. "Mario woher weißt du das?", fragte er und sah mich mit aufgerissenen Augen an, "Wer hat es noch gesehen? Wieso hab ich das nicht mitbekommen?". Mit verbissenen Zähnen erzählte ich ihm den Vorfall. Mein Kumpel nickte immer nur und war anscheinend auch noch beruhigt, dass ihn niemand anders als Jenna und ich ihn gesehen hatten. "Anni ist sieben Jahre jünger als du und du kannst dich doch nicht einfach so zusammensaufen, dass du nicht mal mehr merkst, wenn du mit jemandem im Bett landest!", brüllte ich ihn an. "Scheiße Mario. Ich hab ne Vorbildfunktion und bau sone Scheiße", ächzte Marco. "Vorbild?", schrie ich, "du bist der letzte, den ich mir als Vorbild nehmen würde". Marco zeigte mir mit den Händen an, dass ich schon wieder viel zu laut schrie, doch in dem Moment hätte ich ihn warscheinlich in kleine Stücke zerrissen. "Bitte fahr wieder runter. Wenn wir es für uns behalten erfährt keiner was und vielleicht weiß Anni ja gar nichts mehr. Mario mir tuts echt leid", jammerte er. "Weißt du was du angerichtet hast?", warf ich ihm vor und schaute ihm in die Augen, "Felix geht es wegen dir dreckselend!" "Wieso Felix?", fragte Marco verwirrt. "Er hat mir heute früh erzählt, dass er in Anni verliebt ist und du Idiot machst ihm alles kaputt!", schrie ich, "Für ihn warst du fast ein besserer Bruder als ich in letzter Zeit!" Marco war anscheinend selber von seiner Tat geschockt und schüttelte den Kopf: "Oh Gott ich muss zu Anni und das klären", meinte er und lief zur Tür. "Was gibts da noch zu klären? Du hast die Schwester von meiner Freundin entjungfert, da gibts nichts mehr gut zu machen!", zischte ich noch, damit mich auch ja niemand hörte außer er. "Was? Mario das wollte ich nicht, glaub mir", bettelte er. "Egal wie sehr es dir Leid tut, unsere Freundschaft ist beendet!", meinte ich kalt und stürmte dann die Treppe hoch in Jennas Zimmer. Dort schnappte ich mir auf der Schnelle meine unausgepackte Sporttasche und ging mit meinem Bruder wieder nach unten. "Wir gehen jetzt", verkündete ich in der Küche, worauf uns Michael nur einen empörten Blick zuwarf: "Wieso jetzt schon?", fragte er. "Mario hat heute noch einen Termin", log meine Freundin und schlüpfte in ihre Winterschuhe. "Sag Theo ganz liebe Grüße von uns allen", fügte sie noch hinzu und umarmte dann ihren Vater. Ich umarmte ihn ebenfalls und Felix checkte mit ihm ein. "Anni nicht?", fragte er noch prüfend, "und wie kommt Marco Heim?" "Papa der Typ ist erwachsen und sein Auto steht draußen und Anni soll sich bitte ausschlafen und mich dann anrufen", antwortete sie und dann gingen wir ins Freie und öffneten die Auditüren. "Meldet euch, wenn ihr nächste Woche beim Umzug Hilfe braucht!", rief uns mein Schwiegervater noch zu. Jenna bedankte sich und dann stieg ich auf der Beifahrerseite ein, weil ich warscheinlich noch ein Bisschen Alkohol im Blut hatte. Mein Bruder legte den Kopf an die Fensterscheibe und setzte seine Kopfhörer auf. Traurig schaute er den vorbeirauschenden Häusern nach und atmete laut. "Auch wenn gerade alles ziemlich scheiße ist müssen wir was machen", zischte ich zu Jenna und deutete mit einer Kopfbewegung nach hinten. Meine Freundin drehte sich zu Felix um um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. "Was ist?", fragte er und machte seine Musik leiser. "Mann Bruder das ist doch Mist", begann ich und schaute ihn dabei an. "Was?", fragte er kalt. "Ich will nicht, dass du wegen irgendeinem Idiot so drauf bist", meinte ich. "Der Idiot war bis vor wenigen Stunden noch dein bester Freund", erinnerte er mich. "Das macht die Sache nicht gerade besser", entgegnete ich jetzt genauso kalt. "Ist doch auch egal", schaltete sich Jenna ein: "Mach dir keinen Kopf wegen meiner Schwester. Sie ist eben naiv und gestern Abend hat sie auch gar nichts mehr gerafft". "Das ist so eklig", kommentierte mein Bruder. "Telefonier heute Abend einfach mal mit ihr und klärt das", wollte ich das Thema abhaken. "Was ist jetzt mit Marco und dir?", hakte Felix nach und beugte sich etwas nach vorne. "Da geht erstmal nichtsmehr", meinte ich kurz und schaute dann wieder nach vorne auf die Straße. "Schwamm drüber okay, ihr telefoniert heute Abend einfach beide mal mit Anni und dann hat sich die Sache". Anscheinend merkten die beiden auch, dass ich das Thema aus der Welt schaffen wollte und deswegen hielten sie auch eine Zeit lang die Klappe. Nach ein paar Minuten jedoch meldete sich Felix wieder zu Wort: "Mir ist so kotzübel", jammerte er.

Jenna PoV:

"Ich bin so müde", stimmte Mario in das Jammerkonzert mit ein. "Seid ihr mal froh, dass ihr kein Auto fahren müsst", beschwerte ich mich. "Heult mal nicht so rum ihr Mädchen, ich darf mich heute noch Stunden in den Zug setzen", schimpfte Felix. "Wieso bleibst du nicht einfach bis morgen?", fragte ich, weil ich ihn ungern übermüdet Zug fahren lassen wollte. "Schule?", fragte er vorwurfsvoll und Mario drehte sich gleich blitzschnell um und zeigte ihm den Vogel: "Jetzt spiel hier mal nicht den Vorbildschüler", lachte er, doch Felix winkte gleich ab: "Ich fahr heute Abend mit dem Zug und dann kann ich mich bei euch noch ein Bisschen ausruhen", beschloss er und dann waren wir auch bald Zuhause. Dort legten wir uns alle hin und schliefen unseren Schlafmangel aus, bis es auf einmal an unserer Schlafzimmertür klopfte und Felix auf der Schwelle stand. Mario schlief tief und fest, deswegen ließ ich ihn schlafen und verabschiedete mich alleine von seinem Bruder. "Ich richte ihm liebe Grüße auf, wenn er wach ist", versicherte ich Felix, umarmte ihn und führte ihn zur Haustür, "du kannst ja noch ein Bisschen im Zug pennen". Er schüttelte gleich den Kopf: "Ich muss jetzt erstmal deine Schwester anrufen und mich mit ihr mal unterhalten". "Viel Glück", wünschte ich ihm und dann trennten wir uns. Erstmal beschloss ich Felix das Telefonat als Erster zu führen und dann erst meine Schwester anzurufen.

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Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt